Wie hoch sind die Kosten, die auf die Anwohner zukommen? Warum wird nichts für in ihrer Mobilität eingeschränkte (meist ältere) Menschen getan, die größte Mühe haben, die Ersatzbushaltestellen zu erreichen? Diese und ähnliche Fragen kamen beim jüngsten Jour fixe an der Baustelle Hohenrhein im Stadtteil Friedland zur Sprache. Beantworten konnte sie keiner, denn nur Vertreter der Baufirma waren an diesem Dienstagmorgen vor Ort. Einige der betroffnen Anwohner fühlen sich mit ihren Sorgen allein gelassen. Auch von Jörg Denninghoff, dem Landrat des Rhein-Lahn-Kreises, den sie um Hilfe gebeten haben. Doch Antwort aus dem Kreishaus gibt es auch nach mehr als drei Wochen nicht. Immerhin, man arbeite dran, hat unsere Zeitung erfahren.
Brief an den Landrat blieb bisher unbeantwortet
„Die Leute von der Baufirma sind wirklich sehr nett und hilfsbereit. Aber von anderen Stellen kommt nichts.“ Die Sätze, die an jenem Nachmittag von einigen Anwohnern fallen, sind harsch. Man spürt, die Sanierung der Straße Hohenrhein ist besonders für diejenigen eine große Belastung, deren Grundstück im unmittelbaren Baustellenbereich liegt. So wie das von Rentner Rainer Hildenbrand. Der hat sich vor mehr als drei Wochen schriftlich an Landrat Jörg Dennighoff (SPD) gewandt. Es geht um die Busse, die über die Ersatzstraße fahren. Diese seien viel zu groß und oft nur von wenigen Personen besetzt, kritisiert nicht nur er. Gelenkige 17er-Busse, andernorts im Einsatz, müssten unbedingt eingesetzt werden, fordert auch Willi Mallmann, der oberhalb des Hohenrheins in dem Stadtteil lebt. „Allein schon aus Sicherheits- und aus Umweltgründen.“
Die Bushaltestellen sind schwer zu erreichen
Weiterer Kritikpunkt der Anwohner an diesem Morgen beim Baustellentreff in Friedland sind die Bushaltestellen: Wer den öffentlichen Personennahverkehr nutzen möchte, muss entweder zunächst zu Fuß durch die teils unwegsame Baustelle, um am Anfang des Hohenrheins bei der Firma Avient zur provisorischen Bushaltestelle zu gelangen. Oder aber man muss sich die Martin-Luther-Straße bergauf quälen, um zur dortigen Haltestelle zu gelangen, steile Treppenstufen inklusive. Auch Lahnsteins Grüne hatten dies jüngst kritisiert und Nachbesserungen gefordert.
Wir haben bei der Kreisverwaltung nachgehört, wie es mit der vorgeschlagenen Nutzung kleinerer Busse stehe. Die Antwort der Pressestelle im Bad Emser Kreishaus: „Zurzeit wird die Angelegenheit noch geprüft. In diesem Zuge wird Herr Hildebrand ebenfalls eine Antwort auf seinen Brief erhalten.“ Die Stadtverwaltung ist hier offenbar schon weiter. „Grundsätzlich wäre es sicher möglich, den Bereich Straße Hohenrhein/Martin-Luther-Straße mit einem Bus anzufahren. Allerdings nicht mit den Standard- oder sogar Gelenkbussen“, heißt es aus dem Rathaus. Dazu habe die Verwaltung mehrfach Kontakt mit der zuständigen Kreisverwaltung in Bad Ems aufgenommen und nachgefragt, ob hier ein kleinerer Bus eingesetzt werden könnte, da dieser im Kreuzungsbereich wenden könnte, ohne rückwärts fahren zu müssen. Dies sei für größere Busse nicht möglich. Dazu habe es auch Gespräche mit Vertretern des ÖPNV und der Kreisverwaltung gegeben. Das Ergebnis laut Stadt: „Leider werden von diesen keine Möglichkeiten für einen kleineren Bus gesehen.“ Die Gründe seien höhere Kosten, geringe Verfügbarkeit solcher Kleinbusse sowie „die Notwendigkeit größerer Busse im weiteren Verlauf der Linien im Stadtgebiet Nieder- und Oberlahnstein und in Richtung Koblenz“, teilt die Verwaltung mit.

Größter Sorgenpunkt vieler Anwohner aber ist das Thema Geld: Denn für die Sanierung der Straße Hohenrhein werden sämtliche Anwohner des Stadtteils zur Kasse gebeten, Stichwort wiederkehrende Ausbaubeiträge. Doch auch wenn es bereits Ende 2023 eine Einwohnerversammlung in der Stadthalle zu diesem Thema gegeben hat, wissen die Anwohner bis heute nicht, was auf sie zu kommt. „Uns fehlt jegliche Information dazu“, schimpfen nicht nur Hildenbrand und Mallmann. Bei der Versammlung damals hatte die Stadtverwaltung angekündigt, dass die Kosten für jeden Einzelnen halbwegs im Rahmen bleiben. Was dies aber konkret bedeutet, wissen die Betroffenen bis heute nicht. Daher fordern sie nun eine erneute Bürgerversammlung, diesmal aber vor Ort in Friedland.
Stadt: In der zweiten Jahreshälfte sollen erste Bescheid erfolgen
Bei der Versammlung vor eineinhalb Jahren hatte Fachbereichsleiter Thomas Becher erklärt, dass 2,7 Millionen Euro auf die etwa 450 Grundstückbesitzer verteilt würden, Zahlungsaufforderungen seien ab 2025 zu erwarten. Wie viel am Ende jeder einzelne Grundstückseigentümer zahlen müsse, dafür sei neben der Grundstücksgröße auch die Geschosszahl entscheidend. Nun ist das Jahr schon halb rum, doch die Anwohner wissen immer noch nicht, was auf sie zukommt. Die Stadtverwaltung erklärt auf Anfrage: „Zur Feststellung der umlagefähigen Kosten erfolgen derzeit noch Auswertungen sowie Berechnungen. Daher können keine Kosten benannt werden.“ Auch welcher Anteil hiervon auf die einzelnen Anlieger (auch bei Wohnungseigentümern) entfalle, könne derzeit noch nicht vorhergesagt werden, so die Pressestelle. Die Beitragsabteilung ermittele derzeit die umfangreichen Grundstücksdaten und werte diese aus. „Dies muss mit besonderer Sorgfalt erfolgen, um im Sinne aller fehlerhafte Feststellungen auszuschließen.“ Immerhin: Man habe vor, „in der zweiten Jahreshälfte 2025“ die ersten Bescheide zu versenden, kündigt die Verwaltung an.

Baustelle Hohenrhein: Wege sind für viele beschwerlich
Die Sanierung der Straße Hohenrhein ist für alle in dem Lahnsteiner Stadtteil eine Belastung. Besonders für diejenigen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind.