Digitalprojekt der Uni Koblenz
Was ist das kulturelle Erbe im Mittelrheintal?
Den Förderbescheid des Landes überbracht von RLP-Innenminister Michael Ebling nahm Projektleiter Michael Klemm (3. von links) in Kaub gern entgegen. So kann das Projekt Kuladig-RLP weitere zwei Jahre laufen.
Florian Weber

Was ist den Menschen im Tal wichtig? Was wollen sie erhalten? Mit „Kuladig-RLP meets Buga“ startet die Uni Koblenz ein umfassendes Digitalprojekt, das das kulturelle Erbe des Mittelrheintals erlebbar machen soll.

Eine digitale Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft am Mittelrhein – das soll das Projekt „Kuladig-RLP meets Buga 2029“ schaffen, das vom Land in Zusammenarbeit mit der Universität Koblenz angestoßen wurde. Zwar ist die Plattform „Kultur. Landschaft. Digital.“ – kurz Kuladig – in der Region nicht neu, bereits 62 Modellkommunen machen ihr Wissen und kulturelles Erbe digital erlebbar. Doch der Schwerpunkt auf die Bundesgartenschau 2029 ist nicht nur wegen seines Umfangs für das Projektteam um Prof. Michael Klemm und Florian Weber etwas ganz Besonderes. „Das Ziel des Projekts ist eine möglichst flächendeckende Erfassung des Welterbes Oberes Mittelrheintal“, erklärt Klemm im Gespräch mit unserer Zeitung.

Im ersten Schritt gehe es um die Optimierung und Ergänzung des existierenden Datenbestands aus dem Oberen Mittelrheintal – auf der Kuladig-Plattform liegen immerhin bereits mehr als 300 Objektbeiträge aus der Region. Diese wolle man in den kommenden Jahren bis zum Beginn der Buga aktualisieren, multimedial optimieren und gemeinsam mit den Kommunen um weitere wichtige Objekte ergänzen, um das Buga-Gebiet möglichst flächendeckend in Kuladig zu erfassen. Dabei arbeiten die Wissenschaftler der Uni Koblenz frei von Vorgaben oder Zielmarken, schließlich müsse man weder touristisch noch im Marketing denken, auch wenn die Zusammenarbeit und der Austausch mit der Touristik, dem Zweckverband Welterbe Oberes Mittelrheintal, der Buga gGmbH und den Kommunen natürlich extrem wichtig sei. „Aber wir sind ein Forschungs-, Förder- und Modellprojekt, jeder kann sich bei uns melden und wir schauen, ob und wie wir die Ideen umsetzen“, so Projektleiter Klemm.

„Die Buga ist auch ein Identitätsprojekt für die Region, das wollen wir sichtbar machen.“
Kulturwissenschaftler Prof. Michael Klemm

Am Anfang stehe immer die Frage: Was ist euch hier in der Gemeinde, Stadt oder dem Verein wichtig? Was wollt ihr erhalten? Dann könne man überlegen, wie eine ideale und zeitgemäße digitale Präsentation dieser Objekte aussehen kann. Die Werkzeuge der Forscher reichen dabei von Video über Panoramabilder und Virtual Reality bis hin zu ganz neuen Techniken der Künstlichen Intelligenz. „In Kamp-Bornhofen haben wir zum Beispiel das Schiffereimuseum als digitales Museum erfasst, uns in Kaub mit dem Erhalt des Wissens um alte Berufe wie der Flößerei gekümmert und in Oberwesel Material zur jüdischen Geschichte und Kultur erfasst. Dort hat man uns einen wahren Schatz zur Verfügung gestellt, den wir digital zugänglich gemacht haben“, berichtet der Kulturwissenschaftler mit leuchtenden Augen.

So spannend jede einzelne Idee in den Kommunen ist, so herausfordernd stellt sich die besondere Aufgabe dar, das Mittelrheintal inhaltlich zu verknüpfen, räumen Klemm und Weber ein. Ein guter Weg könnten sogenannte Themenrouten sein, die die Objekte etwa im Rahmen von Tagestouren oder Wochenendausflügen für Familien verbinden. Diese Daten könnten dann zum Beispiel in Form einer interaktiven digitalen Karte („Story-Map“) und als Verknüpfung von Drohnenaufnahmen entlang des Tals („Story-Hopping“) aufbereitet werden. Konkrete Ideen haben die Wissenschaftler bereits entwickelt, zum Beispiel auf den Spuren von William Turner und der Rheinromantik, als musikalischen Rheinsteig mit Musikstationen, als digital geführte Wanderung durch die Pflanzenwelt seit der Römerzeit oder sogar als „True Crime“ – den Verbrechen im Mittelrheintal auf der Spur. Der Kreativität seien keine Grenzen gesetzt, zwingend erforderlich sei aber die Unterstützung der Kommunen und Menschen in der Region.

Mit 284.000 Euro pro Jahr fördert das Land das Projekt Kuladig-RLP. Dessen Bedeutung unterstrich auch Staatssekretärin Simone Schneider bei der Auftaktveranstaltung zu "Kuladig-RLP meets Buga 2029".
Marta Fröhlich

Dass dieses Interesse an dem Projekt besteht, zeigte die rege Beteiligung an der Auftaktveranstaltung in Oberwesel, zu der rund 60 Vertreter von Kommunen des Oberen Mittelrheintals, engagierte Privatpersonen und Vereinsmitglieder sowie Buga-Akteure gekommen waren, um sich über die Neuausrichtung im Landesprojekt Kuladig-RLP zu informieren. 30 von ihnen brachten sogar aktiv ihre Ideen in einem Workshop mit den Forschern ein: „Wir waren sehr positiv überrascht über den Output und die Fülle der spannenden Ideen, die dort zusammenkamen“, berichten die beiden. Nun gilt es, all diese Ideen zu sortieren und zu planen. „Dieses Jahr gilt bei uns als Konzeptionsphase, in der wir die Themen finden und uns vernetzen wollen. Ab 2026 ziehen wir dann konkret los und setzen die Ideen mit den Kommunen vor Ort um“, gibt Klemm einen Ausblick.

Klar, der touristische Wert des Projekts sei nicht zu unterschätzen. „Doch wir sehen unsere Arbeit auch als Chance fürs Tal und für die Menschen, die hier auch bleiben wollen, das, was Identität stiftet, für die Nachwelt zu erhalten und auch der Jugend zugänglich zu machen. Wir wollen an Originalschauplätzen erzählen, wie es den Menschen hier in der Region ging. Die Buga ist auch ein Identitätsprojekt für die Region, das wollen wir sichtbar machen“, so Klemm und Weber.

Genau diesen Ansatz unterstützt auch das Land, wie Staatssekretärin Simone Schneider bei der Auftaktveranstaltung betonte: „Wir machen die reiche Kulturlandschaft des Oberen Mittelrheintals sichtbar, erlebbar und nachhaltig zugänglich. So wird das kulturelle Erbe nicht nur bewahrt, sondern auch aktiv in die Gestaltung der Buga 2029 eingebunden.“

Was ist Kuladig?

Kuladig („Kultur.Landschaft.Digital“) ist ein digitales Informationssystem über Kulturlandschaften mit mehr als 25.000 Objekteinträgen, 4000 davon in Rheinland-Pfalz. Die Plattform wird seit 2002 vom Landschaftsverband Rheinland in Köln betrieben, mehrere Bundesländer sind Kooperationspartner. Ziel ist das Verfügbarmachen von Infos über Kulturobjekte aller Art – auch immateriell. Das System ist offen und für jeden online zugänglich.

Das Projekt Kuladig-RLP nutzt die Plattform Kuladig zur Erfassung von Kulturlandschaften in Rheinland-Pfalz, wird gefördert durch das Ministerium des Inneren und für Sport und die Uni Koblenz seit 2019. Das Projektteam sind Prof. Michael Klemm, Florian Weber (beide Uni Koblenz) sowie Christine Brehm (Kuladig-Kompetenzzentrum für RLP bei der SGD Süd).

Eine Säule von Kuladig-RLP ist „Kuladig-RLP meets Buga 2029“, wo die Kommunen im Welterbe Oberes Mittelrheintal unterstützt und möglichst flächendeckend erfasst werden. 

Weitere Infos unter www.kuladigrlp.net

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