Caritas Fachberatung hilft Menschen, schnell die richtigen Helfer zu finden
Warum Wohnungslosigkeit alle etwas angeht: Limburger Caritasprojekt hilft
Sie wollen eine Brücke zwischen Behörden und Organisationen und Menschen, die im Landkreis Limburg-Weilburg wohnungslos oder von Wohnungslosigkeit bedroht sind, bauen (von links): Carlotta Wagner, Simone Horn und Michael Friedrich von der Caritas Fachberatung für Wohnungsnotfälle. Foto: Sabine Rauch

Limburg-Weilburg. Da sind die Frau, die lange in einem Hotel untergebracht war und jetzt in einer stationären Einrichtung aufgehoben ist, der Mann, der wegen Eigenbedarfs seine Wohnung verlor, aber mit Unterstützung schnell eine neue fand, oder die junge Frau, die zu Hause raus musste, aber mit der ganzen Bürokratie und den Angemessenheitsgrenzen überfordert war und nun tatsächlich eine eigene Wohnung hat. Michael Friedrich und seine Kolleginnen von der Caritas Fachberatung für Wohnungsnotfälle können jede Menge Erfolgsgeschichten erzählen.

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Aber mit aussagekräftigen Statistiken können sie nicht aufwarten, auch wenn Behörden Erfolge immer gern in Zahlen messen. Mit Behörden haben Michael Friedrich, Simone Horn und Carlotta Wagner jede Menge zu tun. Sie sind diejenigen, die wohnungslosen Menschen und jenen, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind, helfen – auch bei den Behörden. Und sie sind die Ansprechpartner der Behörden und Kommunen, die mit wohnungslosen Menschen zu tun haben. Und das sind eigentlich alle. Wohnungslosigkeit sei ein großes Problem, sagt Michael Friedrich. „Und wenn man wegschaut, wird das Problem immer größer.“

Menschen in Not

Das Ziel ist klar: Wohnungslosigkeit verhindern und Obdachlosigkeit beenden, wo sie schon besteht. Auch bei den Menschen, die es sowieso schon schwer haben, weil sie Schulden haben, keine Arbeit und mit der Bürokratie überfordert sind. Und eigentlich ist es wie überall: Es geht um die Haltung und ums Geld – auch und gerade bei Menschen in Not.

In Sachen Hilfsangebote seien der Landkreis und die Stadt Limburg recht gut aufgestellt, sagt Michael Friedrich. „Aber die Angebote kommen nicht zu den Menschen.“ Dabei sei der Bedarf groß, überall, nicht nur in der Stadt. Um eine Brücke zu bauen, zwischen Angebot und Nachfrage gibt es das Projekt „Solidarität mit obdachlosen Menschen“ – dies gehört zum Programm mit dem etwas sperrigen Titel Ehap plus – Eingliederung hilft gegen Ausgrenzung der am stärksten benachteiligten Personen. Geld dafür gibt vom Europäischen Sozialfonds und vom Bundessozialministerium, unterstützt wird das Projekt von der Stadt Limburg, dem Landkreis Limburg-Weilburg und der Caritas-Gemeinschaftsstiftung im Bistum Limburg.

Behördengänge begleiten

„Wir fühlen uns für den ganzen Landkreis Limburg-Weilburg zuständig“, sagt Projektleiter Michael Friedrich. Und dafür, dass Menschen nicht durchs soziale Netz fallen, weil sich niemand für zuständig erklärt. Deshalb füllen er und seine Kolleginnen auch schon mal einen Bürgergeldantrag aus oder gehen mit zum Sozialamt. Oder zum Ordnungsamt. Denn das ist erst einmal zuständig, wenn jemand obdachlos ist.

Aber manche Kommunen machen es sich leicht und schicken die Menschen nach Limburg – mit dem Hinweis auf das Hilfsangebot dort. Andere versuchen, schnell und an Ort und Stelle zu helfen. Die Gemeinde Hünfelden zum Beispiel, wo die Sensibilität groß und es auch mal ganz unkompliziert möglich ist, dass sich wirklich alle Helfersysteme und Behörden an einen Tisch setzen, um schnell eine neue Unterkunft für einen Menschen zu finden. Im Idealfall entsteht Wohnungslosigkeit gar nicht erst. Selbst wenn die Räumungsklage droht, sei sehr oft noch etwas zu retten, sagt Michael Friedrich. Und die Kommunen erführen ja rechtzeitig, wenn jemand seine Wohnung verliert, schließlich müssten sie eine Räumung begleiten. Bevor es so weit ist, gäbe es zum Beispiel immer noch die Möglichkeit, beim Stress mit dem Vermieter zu vermitteln oder auch mal Energieschulden zu übernehmen; Sozialamt oder Jobcenter helfen, wenn die Miete nicht bezahlt wurde.

Wohnungsmarkt angespannt

Wenn die Menschen schon auf der Straße stehen, bleibt höchstens noch die Wiedereinweisung. Oder die Suche nach einer neuen Unterkunft. Und das sei gerade in der momentanen Situation auf dem Wohnungsmarkt sehr schwierig – auch auf dem Land könnten sich die Vermieter ihre Mieter aussuchen. „Und da haben es unsere Klienten oft schwer“, sagt Simone Horn. Deshalb hilft es manchmal schon, wenn die Mitarbeiterin der Caritas anruft und versichert, dass die Miete regelmäßig vom Amt kommt. „Aber manche macht das auch misstrauisch.“

Deshalb sei es auch eine ihrer Aufgaben, die Vermieter und Behörden sensibel zu machen für die Nöte der Menschen, ihre Haltung zu verändern und gegen Diskriminierung zu kämpfen. Deshalb machen Simone Horn und ihre Kolleginnen sich jetzt auch auf den Weg in die Kommunen im Landkreis – um dort mit den Zuständigen zu sprechen, sie an ihre Unterbringungspflicht zu erinnern und daran, dass alle etwas davon haben, wenn die Institutionen zusammenarbeiten. Nicht nur die Menschen in prekären Situationen. Aber die ganz besonders.

Deshalb hofft das Team der Fachberatung für Wohnungsnotfälle auch darauf, dass sich die Menschen rechtzeitig melden. Wenn das Geld für die Miete nicht reicht, eine Eigenbedarfskündigung in der Post lag oder jemand nicht mehr weiter weiß, weil er nach der Trennung auch das Dach über dem Kopf verliert. Natürlich ist die Beratung kostenlos, auf Wunsch auch anonym. Und ganz individuell – Begleitung zum Amt mit eingeschlossen. „Wir sind eine Verweisberatung“, sagt Michael Friedrich. „Aber wir drücken niemandem einfach eine Visitenkarte in die Hand.“ Nur eines kann die Fachberatung für Wohnungsnotfälle nicht: „Wir haben keine Wohnungen.“

Von Sabine Rauch

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