Zwei Jahre vor Sanierung der Hochbrücke informierte Landesbetrieb im Stadtrat über geplante Verkehrsführung - Start im Herbst 2023
Vor der Sanierung der Hochbrücke bei Lahnstein: Sperrung schwebt wie ein Damoklesschwert über der Stadt
Sie ist ein Nadelöhr und wird täglich von Tausenden Fahrzeugen befahren: Die Hochbrücke am Lahnecktunnel soll in zwei Jahren saniert werden.
Tobias Lui

So viele Zuschauer vor Ort bei einer Sitzung des Lahnsteiner Stadtrats hat es lange nicht gegeben: Warum das Interesse an der Kommunalpolitik in diesem Fall so groß war? Es ging um die bevorstehende Sanierung der B 42-Hochbrücke am Lahnecktunnel, die im Jahr 2024 geplant ist. Nicht wenige befürchten nämlich ein ähnliches Verkehrschaos in der Stadt wie 2019, als die Brücke wegen Untersuchungen schon einmal für wenige Wochen gesperrt war.

Sie ist ein Nadelöhr und wird täglich von Tausenden Fahrzeugen befahren: Die Hochbrücke am Lahnecktunnel soll in zwei Jahren saniert werden.
Tobias Lui

Vertreter des Landesbetriebs Mobilität wurden nun im Stadtrat nicht müde zu betonen, wie intensiv sie an einem Verkehrskonzept arbeiten, das zumindest das größte Chaos während der diesmal einjährigen Vollsperrung verhindern soll. Kernpunkte dieses Konzeptes, das in den kommenden Monaten ergänzt und erweitert werden soll, sind weiträumige Umleitungen und eine veränderte Straßenführung innerhalb Lahnsteins. Eines machte der LBM bei seinem Besuch im Stadtrat auch sehr deutlich: Der Verkehr in der Stadt wird trotz aller Bemühungen im Vorfeld während der Sanierung zu einer echten Belastungsprobe für ganz Lahnstein.

Ob Industriebetriebe wie Röchling-Sustaplast, Philippine und Zschimmer & Schwarz, Einrichtungen wie das St.-Elisabeth-Krankenhaus oder das Globus-Warenhaus: Ihnen allen graust es vor dem Jahr 2024. Doch an der Sanierung der Lahnhochbrücke und der parallelen Sanierung des dritten Teilstücks der L 335 zwischen Braubach und Dachsenhausen geht kein Weg vorbei, daran ließ Lutz Nink, bisher stellvertretender Dienststellenleiter des LBM in Diez und nun Fachamtsleiter beim LBM in Koblenz, keine Zweifel.

„Klar könnten wir das Projekt noch ein, zwei Jahre schieben – wird aber ein aktueller Schaden festgestellt, muss die Brücke sofort gesperrt werden“, so Nink unmissverständlich. Dann wäre das Verkehrschaos perfekt: Denn das Bauwerk ist die Überquerung der B 42 über das Lahntal, wurde 1979 als Umgehungsstraße eröffnet und wird täglich von Tausenden Fahrzeugen befahren.

Siefert: Existenzielle Bedrohung

Neben Nink waren Maximilian Duhr, der Fachgruppenleiter konstruktiver Ingenieurbau LBM Diez, und Helmut Kohlhauer, Teamleiter Ingenieurbau LBM Diez, nach Lahnstein gekommen, um das bisher ausgearbeitete Verkehrskonzept anzureißen und den Ratsmitgliedern die Möglichkeit zu geben, ihre Fragen zu stellen.

Oberbürgermeister Lennart Siefert machte bei seiner Einleitung deutlich, dass bereits viele Gespräche mit Beteiligung von Verwaltung, Behörden, Öffentlichem Personennahverkehr und LBM geführt worden seien, „in denen wir von der Verwaltung immer und immer wieder auf die existenzielle Bedrohung für Lahnstein hingewiesen haben“. Auch Siefert selbst sei zu Beginn der „intensiven“ Gespräche überzeugt gewesen, dass man eine Vollsperrung unbedingt verhindern müsse. „Doch auch ich muss mich da auf Experten verlassen, und wenn die sagen, das geht nicht, dann habe ich schwerlich sachliche Argumente dagegen.“

Der OB lobte den bisherigen Austausch: „Ich hatte das Gefühl, dass die Belange der Stadt sehr ernst genommen werden“. Klar sei aber, dass 2024 kein gemütliches Jahr für Lahnstein werde. „Wir alle sind gefordert, Kompromisse einzugehen“, so Siefert, der an die Fraktionen appellierte, das Thema sachlich zu diskutieren und nicht in den Kommunalwahlkampf in zwei Jahren zu ziehen. „Es ist zu wichtig, um damit Parteipolitik zu machen.“

Lutz Nink machte deutlich, warum nur die Sanierung unter Vollsperrung machbar und sinnvoll sei. „Zunächst einmal zwingt uns der Arbeitsschutz dazu“, erklärte Nink und verwies auf die geringen Breiten auf der Baustelle. Außerdem seien viele Arbeiten nur zu machen, wenn die Brücke verkehrsfrei bleibe. Und zu guter Letzt zeige die Erfahrung, dass wechselnde und verschiedene Umleitungen die Verkehrsteilnehmer nur verwirrten. „Fahrer müssen sich erst an solche Maßnahmen gewöhnen.“

Maximilian Duhr und Helmut Kohlhauer gaben in der Folge erste Einblicke in das Projekt. „Es geht hier um gleich drei Brückenbauwerke“, erklärte Duhr. „Das macht die Sanierung so kompliziert und aufwendig.“ Die Brücke sei alt, Ausbesserungen notwendig, erst recht, nachdem man bei der Erkundung 2019 einen großem Schaden im Inneren entdeckt habe.

„Eine undichte Stelle an der Decke hat zu Salzwassereintritt geführt, der Beton des ersten Pfeilers ist marode und muss ausgetauscht werden“, sagte Duhr. Dies gehe nur unter Vollsperrung – genau wie viele weitere Schritte der Sanierung. Ob die Arbeiten denn nicht zumindest im 24-Stunden-Betrieb möglich seien, wollte Paul Arzheimer (FBL) wissen. „Wir haben rund um die Brücke umfangreiche Lärmschutzmessungen durchgeführt – die Grenzwerte bei Nachtarbeit wurden deutlich überschritten“, verneinte Kohlhauer.

Er sprach auch über die angedachte Umleitungssystematik. Diese soll Verkehrsteilnehmer schon weiträumig an der Baustelle vorbeiführen, sie werden über Bad Ems beziehungsweise Nassau geleitet. Aus der Gegenrichtung soll der Verkehr schon früh über die Höhen geleitet werden, wer es dennoch bis zur Anschlussstelle Braubach schafft, wird dann über die Landesstraße geführt.

Auf diese Weise will man dafür sorgen, dass nur Ziel- und Quellverkehr durch Lahnstein fährt. In der Stadt selbst wird der Verkehr dennoch stärker werden – erste Berechnungen gehen von einer Verdopplung der derzeit täglich 13.000 innerstädtischen Fahrzeuge aus. Dem Ansturm will man mit einer Vielzahl von Maßnahmen Herr werden – unter anderem sollen der Einfädelungsverkehr aus Nebenstraßen gebremst, Einbahnstraßen umdreht (zum Beispiel die Adolfstraße) und Parkverbote verteilt werden. In Höhe des Globus ist außerdem ein Kreisverkehr geplant.

Vorschläge sind erbeten

In Stein gemeißelt ist das Konzept nicht, versprach Kohlhauer. „Wir stehen allen Vorschlägen offen gegenüber und werden gute einarbeiten.“ Die Umleitungen sollen bereits mit Beginn der Herbstferien 2023 eingeführt werden. „Denn dann können sich die Verkehrsteilnehmer daran gewöhnen.“

Außerdem habe man auf diese Weise die Möglichkeit, nachzuarbeiten, „wenn es irgendwo hängt“. Man könne schnell reagieren, Messungen und Zählungen an Knotenpunkten sollen weitere Erkenntnisse in dieser Zeit liefern. Gegen ins Spiel gebrachte Ideen wie die, auch Wassertaxis oder Fähren einzusetzen, hat der LBM übrigens zumindest theoretisch nichts einzuwenden. „Darüber kann man sicherlich diskutieren, aber der Gesetzgeber gibt uns vor, dass wir als LBM keine finanziellen Mitteln zu solchen Verkehrswegen beisteuern können. Das können und dürfen wir nicht“, so Nink deutlich.

Eine Aussprache war zu diesem Tagungsordnungspunkt nicht vorgesehen – die Fraktionen nutzten aber ihre Nachfragemöglichkeiten dennoch, um ihre Sorgen deutlich zu machen. Vor allem der stellvertretende CDU-Fraktionschef Günter Groß sieht große Probleme auf Lahnstein zukommen und zeigte sich noch nachhaltig verärgert über das Chaos bei der Brückenuntersuchung im Jahr 2019.

Gerade beim Schildaufbau habe man damals Fehler gemacht, gab Nink zu. „Aber wir haben die Situation genau analysiert und glauben, dass es mit den vielen begleitenden Maßnahmen nun deutlich besser funktionieren wird.“ Klar sei aber auch: „Wir können keine Eier legende Wollmilchsau präsentieren.“ Heißt: Man könne nicht so tun, als ob man die Sperrung am Rhein-Lahn-Eck nicht bemerken wird. „Unser festes Anliegen ist es aber, die Maßnahme für Lahnstein erträglich zu gestalten.“ Alle, so Nink weiter, müssten mithelfen, Politik, Behörden, aber auch die Unternehmen, die ihre Mitarbeiter über die neuen Routen informieren müssten. Nink gibt sich überzeugt: „Nur gemeinsam schaffen wir das.“

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