Der Haupt- und Finanzausschuss hat einstimmig eine von CDU, SPD und FDP eingebrachte Förderrichtlinie gebilligt, mit der die Ansiedlung von Ärztinnen und Ärzten in Limburg finanziell unterstützt werden soll. Auch ein MVZ kann von dieser Richtlinie profitieren.
Anders als der Kreis, will die Stadt die Förderung aber nur zu einem Drittel (50.000 Euro) als Zuschuss gewähren. Zwei Drittel (100.000 Euro) sollen als zinsloses Darlehen ausbezahlt werden. Auf diesen Unterschied in den Richtlinien wiesen Vertreter der Antragsteller ausdrücklich hin. „Wir wollen dafür sorgen, dass wir eingesetztes Steuergeld auch wieder zurückbekommen“, erklärte CDU-Fraktionsvorsitzender Christopher Dietz.
SPD-Fraktionsvorsitzender Peter Rompf (SPD) ergänzte, dass das Programm nicht exklusiv auf ein geplantes pädiatrisches MVZ gemünzt sei, sondern grundsätzlich allen Ärzten offenstehen soll, die sich in Limburg niederlassen wollen. FDP-Fraktionsvorsitzende Marion Schardt-Sauer betonte, dass die Stadt mit Blick auf einen drohenden Ärztemangel gefragt sei, an einer Lösung für eine bessere ärztliche Versorgung in Limburg mitzuwirken.
Die Richtlinie, die dem Stadtparlament am Montag zur abschließenden Entscheidung vorgelegt werden soll, ist nach den Worten von Dietz „einfach und unkompliziert“ und berücksichtigt dabei auch die „Interessen der Steuerzahler“. Geld von der Stadt soll allerdings nur dann fließen, wenn ein Bewerber keine Förderung aus dem Gesundheitsstrukturfonds des Bundes erhält. Zudem wies die CDU darauf hin, dass die Stadt Limburg als größter Umlagenzahler auch an der Ärzteförderung des Landkreises erheblich beteiligt sei.
Ob die von Kreis und Stadt ausgelobte Ärzteförderung für die Anschubfinanzierung eines kinderärztlichen MVZ ausreicht, ist jedoch unklar. Der Geschäftsführer des potenziellen MVZ-Betreibers Medicum Mittelhessen (Weilmünster), Alexander Emmerson, hatte gegenüber dieser Zeitung von einem Förderbedarf von 400.000 bis 600.000 Euro innerhalb von fünf Jahren gesprochen. Eine Zahl, über die sich Landrat Michael Köberle (CDU) „irritiert“ zeigte. Am Anfang der Gespräche mit Medicum Mittelhessen seien nur 125.000 Euro genannt worden, sagte Köberle. Zwar hat der Landkreis in seiner eigenen, erst kürzlich verabschiedeten Förderrichtlinie keine Deckelung eingezogen, doch hatte der Kreisausschuss betont, dass eine der Fördervoraussetzungen sei, dass sich die Stadt Limburg zur Hälfte daran beteiligt. Unter diesen Voraussetzungen kämen bestenfalls 300.000 Euro zusammen.
Kassenvertreter sprichtvon „Überversorgung“
Bevor der Ausschuss über den Entwurf der Förderrichtlinie abstimmte, wurde noch einmal die kinderärztliche Situation in Limburg erörtert. Zum 1. Oktober wollen bekanntlich vier niedergelassene Pädiater ihre Kassensitze zurückgeben, sodass rein rechnerisch 6000 gesetzlich versicherte kleine Patienten keinen Arzt mehr haben. Zuständig für die Wiederbesetzung frei werdender Ärztestellen ist die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KVH), deren Abteilungsleiter Carsten Lotz sich den kritischen Fragen der Ausschussmitglieder stellte. Lotz wiederholte die bekannte Position der KVH, wonach der Kreis Limburg-Weilburg von einer drohenden Mangellage selbst nach der Rückgabe von vier Kinderarztsitzen „meilenweit entfernt“ sei. Davon könne erst bei einem Versorgungsgrad von unter 50 Prozent die Rede sein; derzeit liege er bei mehr als 100 Prozent, sodass – rein rechnerisch – sogar von einer Überversorgung mit Kinderärzten gesprochen werden müsse.
Eine Aussage, über die nicht nur viele Ausschussmitglieder staunten, sondern auch rund 20 Eltern, die sich vor Sitzungsbeginn zu einer kleinen Demonstration vor dem Rathaus zusammengefunden hatten und anschließend im Zuschauerraum saßen. „Eine Überversorgung ist schwer zu begreifen, wenn ich 46 Absagen bekommen habe“, schilderte Anna Wolf, Mutter eines chronisch kranken Kindes, ihr Bemühen, einen neuen Kinderarzt zu finden. Selbst in Frankfurt habe sie gesucht – vergeblich. „Was mache ich ab 1. Oktober, wenn ich mit meinem kranken Kind zu Hause hocke?“, fragte sie. Die Antwort von Carsten Lotz war ernüchternd: „Ich habe keine Lösung für diese Situation, wenn vier Kinderärzte auf einmal aufhören.“
Bürgermeister Marius Hahn:Die Zeit drängt
Lotz betonte im Sitzungsverlauf aber immer wieder, dass die KVH „an Lösungen arbeitet“, die sowohl in der Wiederbesetzung von frei werdenden Kassensitzen als auch in der Gründung eines MVZ bestehen könnten. Derzeit würden Gespräche mit zwei Kinderärzten über die Besetzung eines Kassensitzes geführt, aber auch mit dem MVZ Medicum Mittelhessen. Anna Wolf unterstrich die Dringlichkeit des Problems: „Ich fühle mich komplett allein gelassen“, sagte sie.
Auch Andreas Pötz (Bündnis 90/Die Grünen) widersprach dem KVH-Vertreter: Von einer Überversorgung mit Kinderärzten sei Limburg „weit entfernt“. Pötz verwies darauf, dass viele Patienten aus dem Nachbarbundesland Rheinland-Pfalz kommen, ebenso gebe es viele Flüchtlinge im Kreis. Lotz räumte ein, dass beide Aspekte in der seit 1992 bestehenden Bedarfsplanung nicht berücksichtigt werden. Diese müsste aus seiner Sicht dringend angepasst werden.
Auf Unverständnis bei vielen Ausschussmitgliedern stießen auch rechtliche Beschränkungen bei der Zulassung eines neuen MVZ. Warum ein in Limburg geplanter Filialbetrieb des MVZ Weilmünster nicht größer als die Hauptstelle sein darf, wollte niemandem einleuchten. Auch Bürgermeister Marius Hahn (SPD) nicht, der eine schnelle Lösung anmahnte. „Uns drückt die Zeit“, sagte der Verwaltungschef.