Wenn mehr als 400 Menschen freiwillig wochentags am frühen Nachmittag in die Stadthalle kommen, muss es um etwas Wichtiges gehen: In der Einwohnerversammlung informierte Lahnsteins Oberbürgermeister Lennart Siefert über die künftige Verkehrsführung im Stadtgebiet. Dies war nicht das einzige Thema der rund dreistündigen Veranstaltung – doch es brachte die meisten Emotionen ins weite Rund der Stadthalle. Am Ende gingen – insbesondere jene stärker vom Verkehr geplagten Anwohner – eher enttäuscht nach Hause: Sie hatten sich bessere Nachrichten gewünscht und eine Rückkehr zur alten Verkehrsführung gehofft. Die wird es, so machte zumindest OB Siefert deutlich, nicht geben. An der Ringlösung in Oberlahnstein soll festgehalten werden.
Über Potpourri an Themen informiert
Lahnquerung, neue Homepage der Stadt und die künftige Verkehrsführung in Lahnstein: In dieser Reihenfolge informierte die Verwaltung im Rahmen dieser Einwohnerversammlung, welche die rheinland-pfälzische Gemeindeordnung vorschreibt. Im Vorfeld hatte es Kritik an der gewählten Uhrzeit (14 Uhr) gegeben, die Arbeitnehmern eine Teilnahme erschwert. Dennoch waren rund 400 Menschen gekommen, um den Ausführungen der Verwaltung zu folgen und eigene Fragen zu stellen.
Lahnquerung: Bis Ende 2027, spätestens aber bis zur Buga 2029, wird eine Fußgänger- und Radbrücke vom Hafenköpfchen in Oberlahnstein nach Niederlahnstein gebaut. Rund 5 Millionen Euro soll das 330 Meter lange Bauwerk kosten. Darüber und weitere Details informierte ein Vertreter des beauftragten Ingenieurbüros aus Stuttgart. Dieser machte auch deutlich, wie viel Aufwand der Bau einer Brücke an einer so markanten Stelle im Welterbe Oberes Mittelrheintal mit sich bringt und wie viele Dinge zu beachten sind. Eine der Zuschauerfragen ging in Richtung des Wohnmobilstellplatzes, der bekanntlich weichen muss. Die Brücke wird nur einen kleinen Teil des Platzes brauchen, machte der Planer deutlich. Was den Rest angeht, verwies er auf die Landschaftsplaner der Buga, welche die Fläche beplanen.
OB: Ringlösung entlastet andere Straßen
Homepage: Seit einigen Wochen ist die neue Internetpräsenz der Stadt online. Der OB gab einen Überblick über die Menüführung und neue technische Funktionen, die Bürgerdienste deutlich benutzerfreundlicher machen sollen. So ist im Detail aufgezeigt, was man tun muss, um zum Beispiel den Führerschein verlängern zu lassen oder die Adresse zu ändern.
Verkehr: Die künftige Straßenführung in Lahnstein war der Punkt, wegen dem die meisten zur Einwohnerversammlung gekommen waren – gerade Anwohner von Nord- und Ostallee, aber auch Geschäftsleute aus Niederlahnstein, die um ihre Zukunft fürchten.
OB Siefert stellte das Konzept vor, welches die Verwaltung gemeinsam mit Vertec, Fachbüro für Verkehrsplanung, entwickelt hatte. Die Grundlage dieser Verkehrsführung in Oberlahnstein stellt die Ringlösung mit Ostallee, Nordallee, Adolfstraße und Burgstraße dar, welche eine deutliche Entlastung der Innenstadt ermöglichen soll. Im Fachbereichsausschuss Sicherheit, Ordnung und Verkehr hatte Vertec der Politik dieses Konzept schon vorgestellt. Einfluss hat die Kommunalpolitik darauf allerdings nicht – Verkehr fällt in den Zuständigkeitsbereich der Verwaltung.
„Meine Aufgabe ist es, die gesamte Stadt im Blick zu haben.“
Oberbürgermeister Lennart Siefert
„Mir ist bewusst, dass dies für viele ein bewegendes Thema ist“, erklärte Stadtchef Siefert zunächst, um im Anschluss das künftige Verkehrskonzept vorzustellen. „Eines ist mir wichtig“, betonte er zu Beginn. „Wir machen hier nichts aus einer Laune heraus, sondern weil wir Ziele verfolgen, die wir uns im Mobilitätskonzept gegeben haben.“ Verkehrsberuhigung sei eines dieser Ziele, nach dem Jahr der Brückensperrung habe man nun die „historische Möglichkeit, den Verkehr neu zu ordnen“.
Das neue Verkehrskonzept sorge dafür, dass der Verkehr in der Innenstadt auf schnellstem Wege wieder auf die B42 geführt werde, so der OB. „Und diese Verkehrsführung bildet den Ausgangspunkt für weitere Maßnahmen.“ Ihm sei aber bewusst, dass man keine Begeisterungsstürme wecken werde, gerade bei den Anwohnern in Ost- und Nordallee. „Aber meine Aufgabe ist es, die gesamte Stadt im Blick zu haben.“
Gerade für Westallee und Hochstraße bringe der Ringverkehr eine Entlastung, genau wie für die Braubacher Straße. Verkehre, die vorher in der Stadt waren, würden auf das übergeordnete Netz verlagert, so seine Argumentation. Für die Probleme der Händler in der Bahnhofstraße, weil Kurzzeitparkplätze fehlen, werde man gemeinsam in Gesprächen mit den Betroffenen einvernehmliche Lösungen finden, so Siefert überzeugt.
Bei den Einwohnerfragen musste sich dieser Kritik gefallen lassen. Insbesondere Anwohner der nun stärker frequentierten Ost- und Nordallee übten heftige Schelte und warfen dem Stadtchef unter anderem vor, dass nicht geeignete Straßen nun über Gebühr von Schwerlastverkehr belastet würden.
Kritik aus dem Plenum
Weitere Kritikpunkte aus dem Plenum: Bushaltestellen, die gerade für ältere Menschen schwerer zu erreichen sind, Umwege für Menschen aus Oberlahnstein, die innerhalb Lahnsteins unterwegs sind („Wir fühlen uns sehr abgehangen mit diesem Konzept“). Auch längere Rettungswege und Raserei wurden angesprochen, genauso wie der Wertverlust an manchen Häusern. Der OB versuchte, auf jeden Fragesteller einzugehen, nicht immer gelang ihm dies zu deren Zufriedenheit. Am Ende machte er deutlich, weiter die Gespräche suchen zu wollen – aber an den Grundzügen der Ringlösung führe kein Weg dran vorbei. „Zumindest dann nicht, wenn wir die Ziele, die sich Rat und Verwaltung mit dem Mobilitätskonzept gegeben haben, auch erreichen wollen.“