Mit seiner neuen CD „Heimat“ und seinem Mitwirken beim Lied „Ich mach da nicht mit“ von Rapbellion, einem Projekt von Rappern aus der rechten Szene, stellt Naidoo sich auf die Seite von Querdenkern, Corona-Leugnern und Staatsgegnern. Im Sommer sollte Xavier Naidoo mit der Open Air „Hin und Weg Tournee 2021“ auch auf der Freilichtbühne in St. Goarshausen zu Gast sein. Sollte die Loreley ihm und seinem Gedankengut eine Bühne bieten und womöglich Zigtausende und Anhänger und Gleichgesinnte ins Mittelrheintal ziehen? Eine Frage, um die sich Fans der Loreleybühne schon eine Weile Gedanken machen.
Seit Montag ist klar: Naidoo kommt erst einmal nicht. Die komplette Tour mit allen Konzerten ist verschoben auf das kommende Jahr 2022. Corona macht es möglich. Viele Fragen sind damit aber nicht geklärt, sondern nur vertagt. Die Jusos im Rhein-Lahn-Kreis haben jetzt die Verantwortlichen aufgefordert, Naidoo gar keine Bühne zu bieten. Auch nicht ein Jahr später. Ist das möglich? Unsere Zeitung sprach mit Nico Busch, Bürgermeister der Stadt St. Goarshausen, und Ulrich Lautenschläger, Geschäftsführer der Loreley Venue Management GmbH, die Pächterin der Loreleybühne ist.
„Natürlich ist die Stadt St. Goarshausen gegen jedwede Art von rechtem Gedankengut, Rassismus und Coronaleugnung“, stellt Nico Busch fest. „Aber bei der Auswahl der Künstler, die auf der Loreleybühne auftreten, haben wir kein Mitspracherecht. Die Bühne ist verpachtet. Wir als Stadt können das Konzert nicht absagen“, erklärt er. „Ich werde die Pächterin auf das Thema ansprechen, jedoch ist das Verhältnis zwischen Stadt und Bühnenpächterin derzeit eher angespannt.“
Denn dem Bühnenpächter wurde durch die Stadt wegen ausstehender Zahlungen bereits gekündigt. Ein Gerichtsverfahren läuft aktuell. Die jüngste Entwicklung ist, dass die Loreley Venue Management nach dem Urteil des Landgerichts, das zugunsten der Stadt St. Goarshausen entschieden hatte, Revision eingelegt hat.
In einem Teilurteil hat kürzlich das Oberlandesgericht die Vollstreckung der Räumung der Bühne ausgesetzt, weil der Pächter glaubhaft versichern konnte, dass ihm dann die Insolvenz drohe. Alle geplanten Konzerte dieses Sommers hätten also stattfinden können – gäbe es nicht die Coronapandemie. Nahezu alle Konzerte – angekündigt hatten sich auf dem Felsen unter anderem Roland Kaiser, Peter Maffay und „Night of the Prog“ – sind bereits ins nächste Jahr verschoben.
Der Geschäftsführer der Loreleybühne bezieht klar Stellung
Ob Xavier Naidoo dann auf der Freilichtbühne Loreley spielen wird, ist vorerst offen und letztlich auch von der weiteren Entwicklung des Rechtsstreits abhängig. Unabhängig davon aber bezieht Ulrich Lautenschläger zum Thema Xavier Naidoo und der von den Jusos geforderten Absage ganz klar Stellung: „Wir, die Loreley Venue Management sind Verpächter und Veranstalter der Freilichtbühne auf der Loreley. Als diese haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, Künstlern jedes Spektrums, die auf der freiheitlich-demokratischen Grundordnung agieren, eine Bühne zu bieten. Jeder Künstler, der Lieder, Texte und Botschaften auf dieser Basis veröffentlicht und verbreitet, ist uns auf der Loreley herzlich willkommen“, teilt Lautenschläger mit.
„Wir respektieren die privaten Meinungen anderer, auch wenn wir sie nicht teilen, geschweige denn vertreten und verbreiten. Unser Unternehmen hat sich seit Beginn für die Einhaltung demokratischer Spielregeln eingesetzt. Wir haben das Recht auf das freie Wort, auch wenn es uns nicht gefällt, stets eingehalten, respektiert, gefördert und akzeptiert. Demokratie muss nach unserer Auffassung lebhaft sein. Demokratie muss streitbar bleiben. Dabei unterwerfen wir uns keiner Geschmackskontrollen, weder von politischer noch von Publikumsseite. Eine funktionierende Demokratie kann es nach unserer Auffassung nur geben, wenn wir es akzeptieren, dass es andere Meinungen gibt. Meinungen, Auffassungen, über die man streiten und diskutieren kann. Eine funktionierende Demokratie muss die kontroverse Meinung anders Denkender aushalten können. Wir, die Loreley Venue Management werden, solange sich die Meinung anderer auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bewegt, sie nie einer politischen und/oder jedweder Zensur unterwerfen. Für uns gilt das freie Wort und die Freiheit der Kunst. Wir werden es nicht akzeptieren, dass Künstlern durch politische oder Geschmacksgrenzen de facto ein Auftrittsverbot erteilt wird. Wir werden es auch nicht respektieren, dass Tausende von Zuschauern quasi in Sippenhaft genommen werden, nur weil sie ihrer Leidenschaft folgen und ein Konzert eines Künstlers besuchen, dessen Haltung und Meinung man durchaus kontrovers diskutieren kann. Die Loreley Freilichtbühne steht aufgrund ihrer historischen Vergangenheit umso mehr in der Verantwortung, das offene, freie Wort, die Freiheit der Kunst zu fördern.“
"Dabei“, so Lautenschläger abschließend, „distanzieren wir uns auf das allerschärfste von jeder antisemitischen und fremdenfeindlichen Weltsicht.“