CDU, SPD, FBL, Grüne und FDP wollen die Wertgrenzen, über die die Lahnsteiner Stadtverwaltung eigenständig verfügen kann, von 40.000 Euro auf 15.000 Euro senken. Dieser Antrag steht auf der Tagesordnung der Sitzung des Stadtrates am Donnerstag, 24. April, um 17 Uhr in der Stadthalle. Eine Mehrheit im Haupt- und Finanzausschuss hat diesem Vorhaben bereits zugestimmt, man fühlt sich nicht ausreichend von Oberbürgermeister Lennart Siefert informiert und will ihn so zwingen, seine Kommunikation zu ändern. Eine gewichtige Stimme aus den Reihen der Antragsteller schert nun aus: Paul Arzheimer, stellvertretender FBL-Fraktionschef (und in der letzten Hauptausschusssitzung nicht zugegen), warnt mit deutlichen Worten vor einer solchen Maßnahme. Diese treffe am Ende die Bürger Lahnsteins.
Im Hauptausschuss hatte bereits die Verwaltung vor einer drastischen Reduzierung gewarnt, Bürgermeister Johannes Lauer sprach gar von einem „Klotz am Bein der Verwaltung“. Nun schlägt Paul Arzheimer in dieselbe Kerbe. Der erfahrene Kommunalpolitiker, einst auch Bürgermeister der Stadt, kritisiert die Deckelung, die – auch mit Stimmen der FBL – der Ausschuss dem Stadtrat als Beschlussempfehlung aufgetragen hat.
Paul Arzheimer spricht von „Unsinn“
„Die FBL muss ja bekanntlich nicht immer einer Meinung sein“, sagt der stellvertretende Fraktionschef zu unserer Zeitung. „Dieser Antrag ist nach meinem Ermessen Unsinn.“ Denn nun müssten mehr Entscheidungen von Stadtrat oder Ausschüssen getroffen werden – auch bei eher kleinen Beträgen. Besonders irritierend findet Arzheimer die Entscheidung vor dem Hintergrund einer landesweiten Entwicklung: Rheinland-Pfalz hat die Wertgrenzen zum 1. Januar 2025 bewusst angehoben – mit dem Ziel, Bürokratie abzubauen, kommunale Vergaben zu erleichtern, um Projekte schneller umsetzen zu können. „Während andernorts also versucht wird, Tempo zu machen, zieht Lahnstein die Bremse“, kritisiert er.
Arzheimer warnt vor zahlreichen Folgen eines solchen Beschlusses:
Verwaltungsabläufe werden langsamer: „Wenn selbst kleinere Ausgaben oder Verträge erst politisch beschlossen werden müssen, verzögert sich vieles“, prognostiziert Arzheimer, in der Ära von Oberbürgermeister Peter Labonte mehrere Jahre Bürgermeister der Stadt. „Die Verwaltung kann nicht mehr flexibel oder schnell auf Situationen reagieren – sei es bei dringenden Reparaturen, kurzfristigen Beschaffungen oder Fördermittelanträgen mit Fristen.“ Selbst Routineentscheidungen müssten nun politisch abgesegnet werden. „Dies kann zu Verzögerungen führen, insbesondere wenn der Stadtrat nicht regelmäßig tagt.“ Auch werde die Verwaltung in ihrer Flexibilität eingeschränkt, was die Effizienz und Reaktionsfähigkeit beeinträchtigen könne.
Er sieht die Gefahr, dass bei den Bürgern ein falscher Eindruck entsteht
Geringere Effizienz: „Muss jede Kleinigkeit durch die Gremien, führt das zu einem unnötigen Mehraufwand, auch in der Vorbereitung durch die Verwaltung“, so Arzheimers Kritik. „Dies kostet Zeit und Geld – und das für Entscheidungen, die früher pragmatisch und sachkundig auf Verwaltungsebene getroffen wurden. Wo bleibt die Wertschätzung für die Mitarbeitenden. Wo bleibt der Bürokratieabbau, wo bleibt kostengünstiges Verwaltungshandeln?“ Auch werde der Haushalt der Stadt noch mehr belastet, schließlich erhalten die Gremienmitglieder Aufwandsentschädigungen. Ein weiterer Kritikpunkt: Wenn Verwaltungsmitarbeitende ständig Vorgänge aufschieben oder langwierige Genehmigungsprozesse durchlaufen müssten, wirke dies nach außen wie Desinteresse oder Bürokratie. In Wirklichkeit seien der Verwaltung oft schlicht die Hände gebunden. „Das sorgt für Frust bei den Bürgern, gerade wenn sie schnelle Hilfe oder Unterstützung erwarten.“
„Die Politik verzettelt sich – und wichtige Weichenstellungen bleiben mutmaßlich auf der Strecke.“
Paul Arzheimer zu Auswirkungen des Antrags
Politische Einflussnahme: Ein zu starker Rückzug von Entscheidungen auf die politische Ebene könne bedeuten, dass Sachfragen stärker politisiert und zerredet werden, glaubt der FBLer. Wenn der Stadtrat sich plötzlich mit dem Kauf eines Kopierers oder der Ausschreibung von Möbeln beschäftigen müsse, bleibe weniger Zeit für strategische Fragen, etwa zur Stadtentwicklung, Mobilität oder sozialen Gerechtigkeit. „Die Politik verzettelt sich – und wichtige Weichenstellungen bleiben mutmaßlich auf der Strecke.“
Signal mangelnden Vertrauens: Wertgrenzen zu senken, könne als Misstrauenssignal insbesondere gegenüber der Verwaltung verstanden werden, befürchtet Paul Arzheimer. „Das kann das Verhältnis zwischen Politik und Verwaltung belasten.“ Insbesondere stoße man damit den Mitarbeitern vor den Kopf und mache Verwaltungsarbeitsplätze unattraktiv. „Man will den Oberbürgermeister schulmeistern, sicherlich ein Gedanke, der an Schulkinder erinnert. Der Oberbürgermeister ist aber demokratisch gewählt, ob es einem passt oder nicht.“ Man müsse mit dem Verwaltungshandeln Sieferts nicht einverstanden sein, „aber als Mandatsträger haben wir die Aufgabe, zielführende und schnelle Lösungen zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt zu finden. Eine trotzige Verweigerungshaltung führt nicht zum Ziel.“
„Die Bürgerinnen und Bürger müssen im Mittelpunkt stehen – und nicht die Befindlichkeiten gegenüber dem Oberbürgermeister.“
Paul Arzheimer
Kurz vor der Ratssitzung am Donnerstag appelliert Arzheimer an seine Ratskollegen, den Schritt zu überdenken – „oder zumindest klare Kriterien zu formulieren, wie Verwaltungsprozesse trotz der neuen Regelungen nicht ins Stocken geraten“. Am Ende gehe es nicht um Zahlen, „sondern um Vertrauen, Verantwortung und die Zukunftsfähigkeit der Stadt. Die Bürgerinnen und Bürger müssen im Mittelpunkt stehen – und nicht die Befindlichkeiten gegenüber dem Oberbürgermeister“.