Vorstandschef Frank Diefenbach und der Leiter des Firmenkundengeschäfts Nord, Gunther Schmitz, begrüßten mehr als 100 Unternehmensvertreter aus den Regionen Limburg, Rhein-Lahn und Westerwald in der neuen Werkshalle der Metallwerk Elisenhütte GmbH (MEN) in Nassau, wo es um Nachhaltigkeit und den damit verbundenen Aufwand ging.
60 Millionen Euro investiert
Der Veranstaltungsort passte zum Thema. Die neue Werkshalle – inklusive der Maschinen darin eine 60-Millionen-Euro-Investition – setzt unter anderem mit einer Photovoltaikanlage, einer eigenen Abwasserbehandlungsanlage und einem um zwei Meter aufgestockten Grund auf Nachhaltigkeit, berichtete MEN-Geschäftsführer Hermann Mayer. „Wir müssen etwas tun“, sagte auch Naspa-Vorstand Diefenbach zur Einleitung ins Thema, das sich mit drei Säulen beschäftigte, die in der Entwicklung von Unternehmen eine immer größere Rolle spielen: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, im Englischen abgekürzt ESG (Environmental, Social, Governance). „Nachhaltigkeit ist nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern auch ein wichtiger Erfolgsfaktor für Unternehmen“, sagte Diefenbach. Für Unternehmen gebe es dabei nicht nur zwei P für People und Planet, sondern ein Drittes für Profit, was es zu beachten gebe.
Referent per Videoschalte
Was im ersten Moment wie ein neues bürokratisches Ungetüm aus Brüssel klingt, hat konkrete Bedeutung. Das machte der eigentlich in Nassau geplante Vortrag von Prof. Dr. Tobias Peylo deutlich. Der Professor für Betriebswirtschaft und Finanzierung und ausgewiesene Experte für unternehmerisches Nachhaltigkeitsmanagement aus Kempten konnte aufgrund der Überschwemmungen in Bayern nämlich nicht anwesend sein, sondern wurde per Video in die Nassauer Werkshalle zugeschaltet.
„Die Taktung wird kürzer“, wies er auf die globale Erwärmung und die Häufung von Jahrhundert-Unwettern hin. „Nachhaltigkeit ist kein Trend“, lautete die erste seiner vier Kernbotschaften zu Sinn und Umsetzung der von der EU verordneten Berichtspflicht. „Klimaschutz ist Menschenschutz, und er dient dem Erhalt des Wohlstands“, sagte Peylo. Wenn das Allgäu zur Toskana werde, klinge das noch nicht so schlimm, aber bei einer Durchschnittstemperatur von mehr als 29 Grad im Jahr sei eine Region nicht mehr bewohnbar.
Chancen und Risiken steuern
Nachhaltigkeit und ESG sollten nicht in einen Topf geworfen werden, so seine zweite Botschaft. „Für die Wirtschaft wird besonders ESG wichtig“, so der Referent. Es gehe für Unternehmen um die nüchterne Frage, welche Risiken und Chancen damit verbunden seien. Im Zusammenspiel von Ereignissen, Marktveränderungen, Gesetzen, Technologien und Erwartungen seien manche Unternehmen sehr aktiv, andere warteten lieber ab. Mithilfe von ESG könnten Chancen und Risiken gesteuert werden. Kostenreduzierungen durch Material- und Energieeffizienz, der Zugang zu neuen Märkten oder auch zu Kapital und Subventionen nannte er als Chancenbeispiele.
Durch die gesetzgeberischen „Daumenschrauben“ würde die Finanzwelt, wenn auch unfreiwillig, zum zentralen Hebel für die ESG. Der politisch gewollte und ökonomisch unvermeidbare Wandel führe perspektivisch zu einer Kanalisierung der Finanzierung auf Unternehmen, die sich auf ESG ausrichten. Das ESG-Chancenmanagement werde zu einem von Sparkassen und Banken anerkannten Geschäftsmodell.
Konkret umgesetzt wurde das Nachhaltigkeitsmanagement in der CBC-Gruppe, zu der auch MEN gehört, noch vor dem Gesetzesstart der CSRD in 2025. Jonas Drechsler (Managing Director der CBC Europe S.à.r.l) berichtete, wie aufwendig der Prozess ist, um die mehr als 1000 geforderten Angaben zusammenzuführen. Imagegewinn und Kostenreduzierung durch Ressourcen schonende Produktion wurden als Gründe für den freiwilligen ESG-Bericht angeführt. Außerdem würde dadurch für Dritte dargelegt, dass die regulatorischen Anforderungen eingehalten werden, etwa was Gewässer- und Naturschutz anbelangt. Zusätzlich soll die ESG-Berichterstattung Chancen zum Umsatzwachstum ergeben, da die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten der CBC-Gruppe weltweit wachse. Die Datenerhebung sei sehr kompliziert, teilweise aber auch ohnehin schon aus anderen Erhebungen vorhanden.
Kosten und Aufwand
Auch wenn MEN-Geschäftsführer Hermann Mayer die Anstrengungen als strategisch wichtig bezeichnete – zeitlicher Aufwand und Kosten sorgten für nachdenkliche Stirnfalten bei den Anwesenden. Bislang gilt die ESG-Pflicht allerdings nur für Unternehmen ab einer Größe von 250 Mitarbeitenden. Wobei auch kleinere Betriebe als Zulieferer durchaus mit dem Thema immer öfter konfrontiert werden dürften, wie Professor Peylo meinte. Auf den Einwand, dass es weltweit Staaten gibt, die das Thema Nachhaltigkeit wesentlich pragmatischer und weniger dogmatisch wie in der EU betrachten, erklärte Peylo: „Europa gehört zu den größten Emittenten von Treibhausgasen“. Es gebe völkerrechtlich bindende Verträge. „Wenn eine Insel untergeht, haben wir Reparationen zu zahlen.“
Viel Beifall gab es für die Feststellung einer anderen Teilnehmerin. Sie mahnte, konkrete Maßnahmen anzugehen, anstatt zu viel Zeit in Datenerhebungen und Berichte zu investieren nur um der Berichte willen.