Wir haben uns gesagt: ‚Das ziehen wir jetzt durch.‘ Schließlich wollten wir diesen wunderschönen Ort und diese tolle Location auf keinen Fall auslassen.
Wobei mit der „tollen Location“ das altehrwürdige, anno 1913/1914 erbaute Kurtheater gemeint war. Hier, in diesem von der Architektur des Neorokoko geprägten, stilvollen Ambiente powerten sie los, die zehn Musiker aus Nordrhein-Westfalen, die sich mit Leib und Seele der britischen Psychedelic- und Progressive-Rock-Band Pink Floyd verschrieben haben. Mit zweieinhalb Jahren Verspätung, nebenbei bemerkt: Bereits im Frühjahr 2020 wollten Veranstalter Dieter Isenberg und Ex-Stadtbürgermeister Berny Abt, der mit ihm Kontakt aufgenommen hatte, die Show nach Bad Ems holen, was damals aus den sattsam bekannten Gründen ins Leere lief. Umso schöner, dass das Virus jetzt chancenlos blieb.
Im Mittelpunkt an diesem Abend: das 1979 veröffentlichte und in Bad Ems unplugged zelebrierte Konzept-Album „The Wall“, das mit rund 30 Millionen unters Volk gebrachten Exemplaren als das meistverkaufte Doppel-Album aller Zeiten gilt und die Geschichte des fiktiven Musikers Pink erzählt. Erzählt, wie ihn seine seelischen Verletzungen – verursacht etwa durch die Abwesenheit seines im Krieg gefallenen Vaters (Another Brick in The Wall, Teil 1), das Verlassen-Werden durch seine Frau (Don’t Leave Me Now) oder die Grausamkeit der Lehrer in seiner Kindheit (Another Brick in The Wall, Teil 2) – dazu bringen, eine emotionale Mauer um sich herum zu errichten. Wie er dadurch zwangsläufig in die soziale Isolation gerät (Hey You), Zuflucht bei den Drogen sucht (Comfortably Numb) und am Ende unentschlossen zwischen Verzweiflung und Hoffnung auf einen Neuanfang schwankt (Outside The Wall).
Diese an der einen oder anderen Stelle zugegebenermaßen ein wenig konstruiert wirkende Story liefert die Ausgangsbasis für eine großartige Musik – geradezu kongenial mit neuem Leben gefüllt von „One of These Pink Floyd Tributes“, der Tibuteband, die, glaubt man den an diesem Abend reichlich vertretenen bekennenden Pink-Floyd-Fans, dem Original so nahekommt wie keine andere – und von daher eben gerade nicht irgendeine x-beliebige Pink-Floyd-Tributeband ist.
Aber auch ohne zu Vergleichszwecken das Original im Ohr zu haben, konnte man komplett in diese Musik eintauchen, in ihr versinken, sie in vollen Zügen genießen. Was zweifelsohne nicht zuletzt an den beiden auf weit überdurchschnittlichem Niveau agierenden Sängern lag: So überzeugte Sascha Thiele, der zugleich als Gitarrist in Aktion trat, mit großer stimmlicher Flexibilität, fing originalgetreu die über weite Strecken von tiefer Melancholie geprägte Atmosphäre der Roger-Waters-Songs ein. Dazu der nicht weniger grandiose weibliche Part: Sängerin Maggy Büchel zog die Zuhörer mit ihrer sehr klaren, bei Bedarf aber auch rauchig-verhangenen Stimme in den Bann.
Verträumt, stark sphärisch angehaucht und stets auch ein wenig abgedreht – so könnte man sie vielleicht beschreiben, diese Musik, die ihren ganz eigenen Sound hat. Den Pink-Floyd-Sound eben, erzeugt von einem Mix aus E- und akustischer Gitarre, Bass, Synthesizer, Schlagzeug, Saxofon, Klavier und – für eine Rockband ziemlich ungewöhnlich – Violine und Bratsche. Nicht zuletzt dieser Kontrast zwischen den Streichern und den anderen, hier herkömmlicherweise eher zu erwartenden Instrumenten war es, der dem Konzert seinen besonderen Reiz verlieh.
Wie das Ganze beim Publikum ankam? Was für eine Frage: Die Zuhörer, unter ihnen viele bereits leicht ergraute Herrschaften, fühlten sich offenkundig in ihre Jugend zurückversetzt, spendeten begeistert Applaus, gingen vorbehaltlos mit. Die Musiker von „One of These“, man kann es nicht anders sagen, hatten es zu 100 Prozent verdient.