Trotz klammer Kasse
Teurer Plan: Rhein-Lahn-Kreis will Schulen übernehmen 
Die Realschule plus in Bad Ems ist eine von drei Schulen, die in die Trägerschaft des Kreises übergehen sollen.
Marta Fröhlich

Drei Realschulen plus sollen von den VGs zum Kreis wandern. Finanzieren soll das eine Umlageerhöhung – ein Déja-vu mit einem Schreckgespenst.

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Die Idee war eine gute: Die weiterführenden Schulen – bisher in der Hand der Verbandsgemeinden – sollten in die Trägerschaft des Kreises übergeben werden. Man wollte dadurch Synergien nutzen und Verwaltungskosten sparen. 2020 fehlten nur noch drei bei der Umsetzung dieser Idee: die Realschulen plus Bad Ems-Nassau, Hahnstätten und Loreley, die CDU brachte den Antrag zur endgültigen Vereinheitlichung damals in den Kreistag ein, dann ging es schleppend voran. Nun, vier Jahre später, stand das Thema wieder auf der Tagesordnung des Kreisausschusses – allerdings mit ganz anderen Vorzeichen als 2020.

Damals war der Kreishaushalt ausgeglichen, heute steht man mit 28 Millionen Euro in der Kreide und auch die freiwillige Übernahme der Schulträgerschaft von den VGs macht die Lage nicht besser. Im Gegenteil. Zum einen rechnet der Kreis mit 1,1 Millionen Euro zusätzlicher Kosten für den Unterhalt der drei Schulen – pro Jahr. Dazu kommt rund 1 Million Euro an Personalkosten in der Verwaltung sowie für Sekretariat, Hausmeister und Schulsozialarbeit. Außerdem stehen bei Übernahme der Schulgebäude große Sanierungen ins Haus, denn die Liegenschaften weisen zum Teil erhebliche Mängel unter anderem aufgrund von Sanierungsstaus auf, die in den nächsten Jahren unbedingt behoben werden müssen; veranschlagte Kosten: 11,1 Millionen Euro.

Kosten von 2,2 Millionen Euro jährlich für den Kreis

Darüber hinaus stehen Ausgleichszahlungen für die drei VGs Bad Ems-Nassau, Aar-Einrich und Loreley für bisher geleistete Investitionen in die Schulen im Raum, die zwar mit 2,8 Millionen Euro veranschlagt sind, jedoch über 25 Jahre mit einem Abschlag von 176.000 Euro jährlich abgezahlt werden können. Fazit: Rund 2,2 Millionen Euro pro Jahr würde der Kreis in die Hand nehmen müssen, um allein die drei Schulen zu unterhalten, dringend erforderliche Investitionen noch nicht inbegriffen.

Zu viel, sagt die Verwaltung und legte dem Kreisausschuss eine Beschlussvorlage vor, die dem Kreistag die Übernahme der Schulträgerschaft nicht empfahl – die das Gremium wiederum umgehend kassierte. Denn schnell war man sich einig, dass die Übernahme der Schulen vor allem eines ist: fair. Denn bisher übernimmt die entsprechende Verbandsgemeinde die Kosten für die Schule inklusive Modernisierungsmaßnahmen. Hohe Kosten auf wenigen Schultern. Springt der Kreis als Träger ein, kommen die Kosten in den großen Pott des Kreishaushalts, alle anderen – auch die anderen Verbandsgemeinden – zahlen gemeinsam für alle Schulen. „Aktuell werden die drei VGs BEN, Aar-Einrich und Loreley benachteiligt“, betonte Oliver Krügel (CDU) und forderte weitere Beratungen auch im Schulträgerausschuss. Landrat Jörg Denninghoff sah das anders, schließlich habe man dieses Thema bereits ausführlich in den Vorjahren besprochen: „Jetzt muss Butter bei die Fische. Wollen wir für eine freiwillige Leistung Geld ausgeben? Das ist eine politische und in zweiter Linie eine fachliche Diskussion“, so der Landrat. Laut seiner Beschlussvorlage müsse für die Finanzierung der Trägerschaft die Kreisumlage dauerhaft um 2 Prozentpunkte angehoben werden. Da war es wieder, das Schreckgespenst der Kreisumlage, um die bei den vergangenen Haushaltsdebatten so hart gerungen wurde.

„Meine Hand Richtung Kreisverwaltung ist ausgestreckt.“
Mike Weiland zeigt sich gesprächsbereit beim Trägerwechsel der Loreley-Schule

„Was sagen denn die VG-Bürgermeister?“, wollte Harald Gemmer (FWG) wissen und wandte sich an Uwe Bruchhäuser (VG BEN), Lars Denninghoff (VG Aar-Einrich) und Mike Weiland (VG Loreley), der zwar Mitglied im Ausschuss ist, für die Diskussion jedoch auf die Zuschauerbank gewechselt war. Bruchhäuser berichtete, dass der Trägerwechsel mit ihm abgestimmt war und auch Teil der Vereinbarung zur Fusion der beiden Alt-VGs ist. VG-Chef Lars Denninghoff wies darauf hin, dass die Beschlussvorlage und die ablehnende Position der Kreisverwaltung nicht mit ihm besprochen war, „wir sehen das anders und wollen die Schule abgeben, sind aber bei den Abschlagszahlungen gesprächsbereit“, schloss er.

Bei der Loreley-Schule ist der Fall noch mal schwieriger gelagert, schließlich handelt es sich hier um einen Verbund von Realschule plus und Grundschule, die gemeinsam Gebäude nutzen, sich eine Schulleitung, ein Kollegium, ein Sekretariat teilen. „Wenn man diesen Verbund auflöst, macht man zwei Schulen draus und braucht dann das Ganze zweimal, eventuell sogar ein neues Gebäude“, erklärte Weiland, „mir wäre am Erhalt des Verbunds gelegen. Wenn der Kreis auch die Grundschule mit übernimmt, können wir auch weiter dafür die Kosten tragen. Meine Hand Richtung Kreisverwaltung ist ausgestreckt“, betonte er.

Alte Wunden bei SPD – Kopfschütteln bei CDU

Nach den Statements der VG-Bürgermeister als Sachverständige war auch Gemmer jetzt sicher: „Uns ist bewusst, dass sich die Haushaltssituation stark verändert hat. Und doch haben wir uns auf ein Bildungskonzept Rhein-Lahn geeinigt. Was damals richtig war, kann heute nicht falsch sein.“ Auch Manuel Liguori, Fraktionssprecher der SPD, gab Oliver Krügel recht, dass durch eine Übernahme die Benachteiligung der VGs aufgehoben werden könnte. „Wir diskutieren eine historische Chance zur Vereinheitlichung. Jedoch sollten wir die erforderliche Umlageerhöhung von 2 Prozentpunkten in den Beschlussvorschlag festschreiben, damit wir uns nicht wieder um 0,25 Prozentpunkte die Köpfe heiß reden“, forderte Liguori klare Absprachen. Schließlich saß der Stachel tief, nachdem sich die CDU bei den letzten Haushaltsverhandlungen nach Meinung von Sozialdemokraten und FWG nicht an ihr Wort gehalten hatte.

Kopfschütteln bei der CDU. „Das ist unseriös. Wir können die Gesamtkosten nicht absehen, deshalb können wir uns nicht auf eine Höhe der Umlage festlegen“, wandte Krügel ein. Dass man zu einer Gegenfinanzierung verpflichtet sei, sei jedoch unbestritten. Auch Carsten Jansing von den Grünen und Tanja Mifka (FDP) stimmten dem und einer Übernahmeempfehlung an den Kreistag zu. Schlussendlich empfiehlt man dem Kreistag, die Übertragung der Schulträgerschaften der drei Realschulen plus der Verbandsgemeinden auf den Rhein-Lahn-Kreis weiterhin zu verfolgen. „Die entstehenden zusätzlichen Kosten sind vollständig aus der Kreisumlage zu finanzieren“, ist der Kompromiss, auf den man sich geeinigt hat. Der Kreistag tagt am 23. Juni.

Kommunalaufsicht gibt Haushalt grünes Licht

Nach einem harten Ringen und im dritten Anlauf gab die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion grünes Licht für den Kreishaushalt 2025 – zumindest fast. Denn die Investitionskreditermächtigung in Höhe einesTeilbetrages von 4,7 Millionen Euro – also etwa ein Drittel der beantragten Kredite – wird zunächst versagt. „Die ADD hat erklärt, dass in der Vergangenheit viele beantragte und genehmigte Kredite nicht abgerufen wurden. Deshalb wird jetzt ein Drittel weniger genehmigt und bei Bedarf weitere nach Prüfung genehmigt“, erklärte Landrat Jörg Denninghoff im Ausschuss. Somit können Investitionsprojekte, die seit einem halben Jahr auf Eis liegen und auf einen genehmigten Haushalt warten, nun angegangen werden.

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