Entscheidung des Ministeriums
Taubentöten in Limburg wird beerdigt
Die geplante Tötung der Tauben hat in Limburg für großen Aufruhr gesorgt -- die Akteure wurden nicht nur im Netz beleidigt und bedroht.
Stefan Dickmann

Der Plan, das Taubenproblem in Limburg durch das Töten der Tiere zu lösen, ist vorerst vom Tisch. Doch was nun? Niemand will das Thema wieder so richtig anpacken – im schlimmsten Fall bis nach der hessischen Kommunalwahl im nächsten Jahr.

Die Stadt Limburg wird vorerst keinen Auftrag zum Taubentöten vergeben. Offiziell wartet die Stadt nun auf eine rechtliche Klärung, nachdem das hessische Landwirtschaftsministerium einen besonderen Erlass aufgehoben hat, der direkte Auswirkungen auf das Taubentöten hat. Inoffiziell ist damit das Thema Taubentöten jedoch faktisch beerdigt: In Limburg werden keine Stadttauben getötet. Damit endet ein Drama in so vielen Akten, dass Beobachter irgendwann mit dem Zählen aufgehört haben.

Das Drama nahm vor zwei Jahren seinen Lauf mit einem Bericht des Magistrats, in dem erstmals öffentlich eingeräumt wurde, dass Limburg ein Problem mit (zu vielen) Stadttauben hat. Das Drama sollte demnächst mit einem Auftrag für einen Schädlingsbekämpfer enden, der 200 Stadttauben einfangen, sie mit einem Schlag auf den Kopf betäuben und ihnen das Genick brechen sollte. Doch dazu wird es nicht mehr kommen.

Der Erlass, um den es gerade geht, stammt aus dem Jahr 2022 und wurde von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises als Begründung dafür herangezogen, dass die Stadt Limburg oder ein von ihr beauftragter Schädlingsbekämpfer beim Taubentöten keine Genehmigung nach der Bundesartenschutzverordnung benötigt. Weil der Erlass jetzt jedoch aufgehoben wurde (offenbar gab es dagegen erhebliche juristische Bedenken), bedarf es nun wahrscheinlich doch einer solchen Genehmigung, die der Landkreis erteilen müsste.

Von dem toxischen Thema haben alle die Nase voll

Die Stadt wartet jetzt nach eigenen Angaben auf eine offizielle Mitteilung der Unteren Naturschutzbehörde, „ob es nach der Aufhebung einer besonderen Genehmigung bedarf“, und wird deshalb „zunächst keinen Auftrag“ an einen Schädlingsbekämpfer vergeben, 200 Stadttauben zu töten. Erst nach dieser Rückmeldung will die Stadt „zeitnah die weiteren Schritte prüfen“.

Doch niemand in Limburg will sich mehr mit diesem toxischen Thema herumschlagen: Die Stadtverordneten nicht, die das Taubentöten im November 2023 mehrheitlich beschlossen hatten und dafür in den sozialen Medien heftige Prügel einstecken mussten, die Verwaltungsspitze nicht, die ebenfalls beleidigt und bedroht wurde und der der politische Instinkt fehlte, die Wucht dieses Themas rechtzeitig zu erkennen, und auch die städtische Verwaltung nicht, bei der man ohnehin von Anfang an den Eindruck hatte, dass sie das Taubentöten nicht wirklich will.

Wie geht es nun weiter? Sollte eine (weitere) Ausnahmegenehmigung zum Einfangen und Töten von Stadttauben erforderlich sein, müsste diese vom Landkreis erst einmal erteilt werden. Doch das kann sehr lange dauern. Schon vor vielen Jahren hatte sich das Kreisveterinäramt in Limburg mehr als nur schwer damit getan, Falkner oder Schädlingsbekämpfern die „Lizenz zum Taubentöten“ zu erteilen. Das tat die Behörde erst nach einem jahrelangen Rechtsstreit und einer Entscheidung des hessischen Verwaltungsgerichtshofs in Kassel im Jahr 2011, der das Töten von Stadttauben unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, zum Beispiel, wenn es viel zu viele Tauben an einem Ort gibt.

Bundesartenschutzverordnung hat strengere Vorgaben

Dasselbe Gericht hat jedoch 2018 eine weitere Entscheidung dazu gefällt. In dem Verfahren ging es nach Angaben der Wiesbadener Rechtsanwältin Nadine Hieß (sie hat das Stadttaubenprojekt Limburg ehrenamtlich juristisch beraten) darum, ob ein Schädlingsbekämpfer (der in Frankfurt Tauben einfangen und töten wollte) nicht nur eine Ausnahmegenehmigung nach dem Tierschutzgesetz benötigt, sondern zusätzlich auch eine nach den deutlich strengeren Vorgaben der Bundesartenschutzverordnung. Das höchste Gericht in Hessen habe diese Frage damals bejaht.

Der Erlass aus dem Jahr 2022 setzte wiederum fest, dass eine solche Genehmigung nach der Bundesartenschutzverordnung in Hessen nicht erforderlich sei, um Stadttauben als Schädlinge einzufangen und zu töten. Die Wiesbadener Rechtsanwältin weist jedoch gegenüber unserer Zeitung darauf hin, Ausnahmegenehmigungen nach der Bundesartenschutzverordnung dürften nur sehr eingeschränkt erteilt werden, zum Beispiel wenn eine schlimme Vogelgrippe grassiert und vor allem Tauben das Virus verbreiten. Aber nach ihrer Darstellung reicht die 2011 gefasste Definition, unter welchen Voraussetzungen Stadttauben als Schädlinge bekämpft werden dürfen, nicht mehr aus, um auch nach der Bundesartenschutzverordnung eine Ausnahmegenehmigung zum Taubentöten zu erteilen.

Das im Frühjahr 2023 offiziell festgestellte Problem mit den zu vielen Stadttauben in Limburg ist damit allerdings noch immer nicht gelöst. Die Limburger Stadtverordneten dürften das leidige Thema den Stadtverordneten überlassen, die in einem Jahr bei der hessischen Kommunalwahl neu gewählt werden. Die wiederum sind noch bis Juni 2027 an einen Bürgerentscheid gebunden, den Beschluss der Stadtverordneten zum Taubentöten vom November 2023 nicht aufzuheben.

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