Das unverhoffte Geschenk eines Gnadenhofs in Bayern, der Stadt 200 Tauben abzunehmen? Das sei vorrangig, „da es bei gleicher Effektivität das deutlich mildere Mittel gegenüber der Tötung ist“, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt. Zudem sei „für eine rechtssichere Reduktion die Verhältnismäßigkeit zu wahren“.
Verbale Prügel eingesteckt
Zwar wird von der Stadt betont, der von den Bürgern bestätigte politische Mehrheitswille, auf die Tötung der Tauben zu setzen, sei zwar weiterhin gültig, doch die Formulierung „als letztes Mittel“ sei „auch“ eine Tötung „nicht ausgeschlossen“, klingt nicht danach, als ob es dazu noch kommen wird.
Was sagen die Stadtpolitiker von CDU, SPD und FDP dazu, die sich seit November 2023 für eine Taubentötung stark machen, dafür viel verbale Prügel einstecken mussten, aber die Mehrheit der Bürger auf ihrer Seite haben? Die Reaktionen reichen von „verwundert“ über „irritiert“ bis hin zu „allein gelassen“.
“Glasklares„ Votum
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Christopher Dietz wundert sich nicht nur, er schimpft auch über „ein Herumgehampel“ beim Thema Taubentöten seitens der Stadt. So etwas schüre nur die Politikverdrossenheit. Der Bürger erwarte, dass die Politik Probleme löse und Entscheidungen treffe, die dann aber auch umgesetzt werden müssten. Es gebe ein „glasklares“ Votum der Bürger, dass die Stadt zur Reduzierung der Taubenpopulation die Dienste eines Falkners in Anspruch nehmen soll, um Tauben zu töten. „Die Bürger erwarten, dass der Beschluss der Stadtverordneten umgesetzt wird“, sagt Dietz.
So sieht das auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Rompf. „Ich gehe davon aus, dass der Bürgerentscheid umgesetzt wird“, sagt er. „Das ist eine bindende Entscheidung.“ Natürlich habe niemand etwas dagegen, wenn sich die Taubenpopulation dadurch reduziere, dass die Stadt Tauben verschenken dürfe, aber das sei ja keine Dauerlösung. Und auch er staunt über die Entwicklung seit dem Bürgerentscheid und formuliert es so: „Ich stehe verwundert am Seitenrand und schüttle teilweise den Kopf.“
Schardt-Sauer: “So ein Murks"
Warum, so fragt sich die FDP-Fraktionsvorsitzende Marion Schardt-Sauer, sei ein Bürgerentscheid gemacht worden, wenn dieser nicht umgesetzt werde. „Wir reden dauernd davon, unsere Demokratie zu stärken. Bauen wir so Vertrauen auf?“, fragt sie. „Und jetzt kommt da so ein Murks heraus.“ Da komme man sich als Mandatsträger alleingelassen vor. Der seltsame Umgang mit demokratischen Mechanismen, immerhin einem Bürgerentscheid, sei ihr „Hauptstörgefühl“.
Die Landtagsabgeordnete kritisiert auch die Kommunikation zwischen Bürgermeister Marius Hahn (SPD) und der Stadtverordnetenversammlung seit dem Bürgerentscheid. Es habe keinen direkten Austausch gegeben, zum Beispiel per Videokonferenz, sondern nur per Pressemitteilungen. Sie könne den Bürgern jedenfalls nicht erklären, warum der Bürgerentscheid von der Verwaltung nicht umgesetzt werde.
Dass der Bürgermeister via Pressemitteilung verkünden ließ, der Beschluss der Stadtverordneten zur Taubentötung weise eine „Lücke“ auf, sei für die CDU-Fraktion nicht nachvollziehbar. „Das irritiert massiv“, sagt CDU-Fraktionschef Dietz. Es gebe eine klare Perspektive, wie die Stadt das Taubenproblem lösen soll. Daran ändere auch die Möglichkeit nichts, dass die Stadt 200 Tauben verschenken könne. Denn auch danach gebe es noch immer zu viele Tauben in der Innenstadt.
300 Tauben als Obergrenze
Die Taubenzählung vom Januar 2023 mit bis zu 700 Tauben, die Grundlage für den politischen Beschluss und das Votum der Bürger in einem Bürgerentscheid gewesen sei, habe für ihn nach wie vor Gültigkeit. „Eine neue Zählung kommt für mich nicht infrage“, sagt Dietz. Eine solche Zählung hatte die Stadt in einer Pressemitteilung angekündigt. Dazu soll es nach den Sommerferien kommen, offenbar auf ausdrücklichen Wunsch des Kreisveterinäramts. Als akzeptable Obergrenze für die Innenstadt gelten bis zu 300 Tauben.
Eine finanzielle Unterstützung der Stadt für betreute Taubenhäuser durch einen zu gründenden Verein kommt für die drei führenden Stadtverordneten übrigens gar nicht infrage. Es gebe inzwischen genügend Kommunen, in denen das gar nicht funktioniert habe, sagt Dietz.