Wie viel Geld bringt der Tourismus eigentlich ins Mittelrheintal? Mit dieser Frage beschäftigt sich eine neue Studie, die die Romantischer Rhein Tourismus GmbH in Auftrag gegeben und kürzlich in Koblenz vorgestellt hat. Die Studie „Wirtschaftsfaktor Tourismus für die Region Romantischer Rhein“ – durchgeführt durch die dwif-Consulting GmbH – legt Tourismuszahlen aus 2023 zugrunde und zeigt einmal mehr den wirtschaftlichen Stellenwert für die Region. Das Besondere an der Studie ist, dass eine bisher unbekannte Zahl miteingeflossen ist, und zwar die Übernachtungen in Unterkünften mit weniger als zehn Betten, die bei Erhebungen des Statistischen Landesamts nicht mitgerechnet werden. Eine nicht uninteressante Größe in einer Region, in der kleinere Gasthöfe, Pensionen und Privatquartiere wie Ferienwohnungen und Häuser sowie Dauercamping zur gastgewerblichen Landschaft gehören.
Die Ergebnisse im Überblick: Alle Touristen gemeinsam brachten 2023 einen Bruttoumsatz von circa 1,4 Milliarden Euro ins Tal. Der größte Anteil entfällt mit 594,8 Millionen Euro auf das Gastgewerbe, weitere 533,6 Millionen Euro wurden im Einzelhandel erwirtschaftet sowie 274,2 Millionen Euro durch Dienstleistungen. Dabei zählten die Studienmacher 33,367 Millionen Aufenthaltstage im Jahr 2023, bestehend aus 3,867 Millionen Übernachtungen und 29,5 Millionen Tagesreisen – auf eine Übernachtung kommen also acht Tagesgäste. Dabei gibt jeder Tagestourist im Schnitt 33 Euro aus, knapp 70 Prozent der Umsätze werden durch diese Zielgruppe ausgelöst, sagt die Studie.
Profiteure sind Gastgewerbe und Einzelhandel
Wer profitiert vom Tourismus im Tal? Die direkten Profiteure sind laut Studie mit 42 Prozent Anteil am großen Tourismuskuchen das Gastgewerbe (595 Millionen Euro Jahresumsatz) und mit 38 Prozent der Einzelhandel (534 Millionen Euro). Diese Ergebnisse verdeutlichen laut den Studienmachern, dass man neben der Entwicklung der Übernachtungszahlen auch die Bedeutung des Tagestourismus im Blick behalten müsse.
Die Ergebnisse der Studie mit dem Schwerpunkt Mittelrhein decken sich laut Christian Dübner, Tourismusexperte bei der IHK Koblenz, auch mit den Zahlen für ganz Rheinland-Pfalz. „85 Prozent aller Aufenthaltstage im Land sind Tagesreisen, dem stehen 15 Prozent Übernachtungsgäste gegenüber“, berichtet Dübner. Im Mittelrheintal führt er das auch auf den Wandertourismus zurück. „Wir haben hier mit Rheinsteig und Rheinburgenweg zwei beliebte Fernwanderwege, die in Etappen gelaufen werden. Wandertourismus ist statistisch durch eine relativ geringe Aufenthaltsdauer geprägt“, erklärt er. Das sei nichts Schlechtes und ein erzwungener Fokus auf Übernachtungsgäste nicht notwendig. „Beides ist für die Region wichtig. Während Übernachtungsgäste stärker auf das Gast- und Hotelleriegewerbe einzahlen, bringen Tagestouristen Geld in den ÖPNV, den Einzelhandel und die Gastronomie.“

Bettenmangel oder Boom im Mittelrheintal?
Die Bundesgartenschau soll 2029 idealerweise Millionen Besucher ins Obere Mittelrheintal locken – doch gibt es genug Betten und Restaurants für alle? Die Region steht vor großen Herausforderungen, aber auch vor Chancen.
Nun ist die Buga als Megaevent auf 67 Flusskilometern im Oberen Mittelrheintal kein Tagestrip, viele Gäste werden übernachten wollen. Doch es fehlen Betten. Das Problem im Mittelrheintal sei mit Blick auf die Buga in vier Jahren, dass in den vergangenen Jahren viele kleine Betriebe weggefallen seien, die keine Busladungen an Gästen aufnehmen können, berichtet Tourismusexperte Dübner. „Wir haben in der gesamten IHK-Koblenz-Region 6500 gastgewerbliche Betriebe, die Hälfte der Betriebsinhaber ist über 60 Jahre alt, man kann sich vorstellen, wie sich das demnächst entwickelt.“ Dadurch finde auch eine Marktbereinigung zugunsten der großen Häuser statt. Darüber hinaus seien erst jüngst Hotels wie das „Papa Rhein“ in Bingen und weitere in Koblenz und Andernach entstanden, die gut aufgestellt seien und ausreichende Kapazitäten haben. „Im Herzen des Oberen Mittelrheintals wird so ein Hotel in den nächsten Jahren aber natürlich nicht mehr entstehen“, räumt Dübner ein.
Zwar habe es mit dem Hotel Fetz in Dörscheid, dem Wyndham Garden in Lahnstein, dem „Landknecht“ in St. Goar oder der modernisierten Burg Rheinfels einige Sanierungen gegeben, aber die großen Profiteure im Gastgewerbe werden die „Großen“ in Koblenz, Boppard oder Bingen sein, so Dübners Prognose. Der Erfolg des vorhandenen Gastgewerbes hängt seiner Meinung nach davon ab, wie die Häuser selbst aktiv werden und das Buga-Publikum auf sich aufmerksam machen – auch jene auf den Höhen oder in einer halben Stunde Fahrzeit von den Ausstellungsflächen entfernt, „zum Beispiel als Buga-Partner oder mit Pauschalangeboten. Dazu schulen wir die Betriebe bereits in unseren ,Fit für die Buga’-Veranstaltungen“, informiert Dübner.
„Wir haben in der gesamten IHK-Koblenz-Region 6500 gastgewerbliche Betriebe, die Hälfte der Betriebsinhaber ist über 60 Jahre alt, man kann sich vorstellen, wie sich das demnächst entwickelt.“
Christian Dübner, Tourismusexperte bei der IHK Koblenz.
Die Gartenschau – für Dübner ein Schaufenster für die Region – könnte so auch zum Katalysator für die Zeit danach werden. „Doch die Betriebe müssen sich auch weiterentwickeln und aus dem Schönwetter-Saisongeschäft rauskommen.“ Wenn man es schaffe, den Betrieb das Jahr über aufzulassen, lohne es sich nicht nur wirtschaftlich. „Auch für das Personal ist das attraktiv“, ist Dübner überzeugt, und das sei schließlich mehr als rar. Dabei setzen jetzt schon Betriebe wie das Hotel Fetz auch auf die Bevölkerung als „Gast in der eigenen Heimat“, als Übernachtungsgast und im Restaurant. „Laut einer Studie freuen sich 78 Prozent der Rheinland-Pfälzer auf Erholung in der eigenen Region. Das sollte ein Anreiz sein, hier mehr hinzuschauen“, lautet Dübners Appell.