Unter anderem stand das sogenannte „Verkündigungsdienstgesetz“ auf der Tagesordnung, das die Synode mit großer Mehrheit beschloss. Es ordnet die Arbeit in den Gemeinden und Regionen von Grund auf neu. „Das ist die tiefgreifendste Änderung seit Gründung der EKHN“, erklärte Ulrike Scherf, Stellvertretende Kirchenpräsidentin der EKHN, nach der ausführlichen Debatte.
So sollen spätestens ab 2025 multiprofessionell aufgestellte Teams aus Pfarrdienst, kirchenmusikalischem sowie gemeindepädagogischem Dienst in neuen Nachbarschaftsräumen gemeinsam Aufgaben übernehmen. In mehr als drei Jahren wurde das Gesetz entwickelt. Für Dekanate, die das jetzt umsetzen müssen, sei das ein ganz wichtiger Schritt, so Scherf. „Die Kirchensynode hat damit wesentliche Weichen für die Zukunft unserer Kirche gestellt.“
Der Begriff Verkündigung bezieht sich dabei auf alle kirchlichen Aufgabenfelder und nicht allein auf die gottesdienstliche Arbeit. Kirchliche Aufgaben sollen dann in Zukunft nicht mehr im Rahmen einer Einzelstelle, die einer einzelnen Kirchengemeinde zugeordnet wird, sondern in einem Team in einem Nachbarschaftsraum wahrgenommen werden. Jede Pfarrstelle in diesem Team hat dabei weiterhin einen Auftrag vor Ort, an dem sie für Seelsorge, Taufen, Trauungen und Beerdigungen zuständig ist.
„Das ist die tief greifendste Änderung seit Gründung der EKHN.“
Ulrike Scherf, Stellvertretende Kirchenpräsidentin der EKHN, über das von der Synode verabschiedete neue Verkündigungsdienstgesetz
Dazu kommen für Pfarrstellen und Stellen im gemeindepädagogischen und kirchenmusikalischen Dienst Aufgaben in einem Nachbarschaftsraum, der aus mehreren Kirchengemeinden besteht. Hierzu zählen etwa konkrete Aufträge für die Arbeit mit Konfirmandinnen und Konfirmanden, Jugendlichen, für Bildung, Chorarbeit, diakonische Arbeit, Öffentlichkeitsarbeit oder Ökumene. Dem Beschluss zufolge sollen nach Möglichkeit mindestens vier Vollzeitstellen zu einem Team gehören, davon mindestens drei Pfarrstellen. Sie sollen dann für einen Nachbarschaftsraum zuständig sein. Die Aus- und Fortbildung soll entsprechend neu aufgestellt, finanzielle Mittel für die Teambildung und die Beratung sollen zur Verfügung gestellt werden.
Unisono sehen die drei Landessynodalen des Dekanats Nassauer Land, Astrid Ellermann (Aull), Ute Feuerstake (Nassau) und Pfarrerin Nicole Wiehler (Gemmerich), das Dekanat gut aufgestellt, was die Bildung dieser Nachbarschaftsräume und die der Verkündigungsteams anbelangt. „Gut, dass wir bei uns in großen Räumen denken“, sagt Ellermann. So müsse angesichts des schwindenden Pfarrpersonals nicht so bald wieder neu geplant werden.
Zum Hintergrund: Schon seit vergangenem Jahr plant der Dekanatssynodalvorstand (DSV) des Dekanats Nassauer Land im intensiven Austausch mit den Kirchenvorständen an sinnvollen Nachbarschaftsräumen. Die entsprechenden Vorschläge sehen zwischen Eppenrod, Lahnstein und Lorch vier oder fünf Räume mit jeweils um die 10.000 Evangelischen vor. In der Frühjahrssynode des Dekanats wird darüber wieder beraten. Dass die größeren Verkündigungsräume auf lange Zeit Strukturfragen hintanstellen und Freiräume fürs Wesentliche schaffen, hofft Pfarrerin Wiehler. „Ich finde wichtig, in die neuen Strukturen jetzt auch reinzugehen.“ Vor Ort gelte es, weiterhin begeisterungsfähige Menschen für Kirche zu gewinnen.
Feuerstake im JuBEL-Ausschuss
Für Ute Feuerstake aus Nassau war es die erste Teilnahme an einer Kirchensynode. Die Synodale aus dem Dekanat Nassauer Land bekam in Offenbach gleich noch mehr Verantwortung. Einstimmig wurde sie in den Ausschuss für Jugend, Bildung, Erwachsene und Lebenswelten (JuBEL) gewählt. „Nur wenn wir uns heute um junge Menschen kümmern und sie ansprechen, haben wir auch in der Zukunft noch Menschen, die sich für Kirche einsetzen und engagieren“, sagte sie in ihrer Vorstellung vor den 120 Delegierten. red
Um die geht es auch dem Jugenddelegierten der Kirchensynode, Romero Hocke (Herold). Er begrüßte insbesondere die Verabschiedung eines Zukunftskonzeptes für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, das die Partizipation Jüngerer in der Kirche stärken soll. Es sieht unter anderem vor, das geistliche Leben mehr auf sie auszurichten, vermehrt digitale Räume für sie zu schaffen und das Thema Nachhaltigkeit in den Vordergrund zu rücken. Zudem fordert es den Beginn von Planungsgesprächen für die Einrichtung einer Jugendsynode.
„Alle Leitsätze sind gleich wichtig und relevant“, so Hocke; sie böten den Gemeinden auch im Nassauer Land viele Anregungen für konkrete Handlungsvorschläge. Wichtig für ihn: es gehe darum, dass Kirche nicht nur „für“, sondern „mit“ Kindern und Jugendlichen gestalte und entwickele.
Das gelte auch für das Erreichen von Sparzielen, die im Zukunftsprozess „ekhn2030“ verankert sind. Dieser verlangt den Handlungsfeldern Bildung, Verkündigung, Seelsorge und Ökumene ein Einsparvolumen von 7,8 Millionen Euro jährlich ab. Der Gedanke, dass manche der Leute, die sich zur Synode noch mit Ständen präsentierten, irgendwann nicht mehr dabei sind, habe sie persönlich sehr bewegt und geschmerzt, so Nicole Wiehler. Dass der Prozess Synergieeffekte offenbart, wenn bewusst wird, was Kirche alles zu bieten hat und wo es Doppelstrukturen gibt, hofft Romero Hocke. Die Beratungen darüber werden im Frühjahr fortgesetzt. red