Stiftung Scheuern öffnet Gelände im Nassauer Ortsteil - Pläne für Neugestaltung stehen fest - Spenden und Fördermittel sichern Finanzierung
Stiftung Scheuern gestaltet Gelände neu: Der Mühlbachpark soll Anziehungspunkt werden
Der Mühlbachpark mit seinen vier Zonen soll sich vom Alten Haus und der Terrasse der „Orgelpfeife“ (in der Grafik rechts unten) bis an den Hang oberhalb des jetzigen Teichs (links oben) erstrecken. Im Bereich der Festwiese (Mitte oben) wird eine Fläche freigehalten, um dort später zwei Wohngebäude zu errichten.
Stiftung Scheuern

Die Stiftung Scheuern will sich zum gleichnamigen Nassauer Ortsteil hin öffnen und die Voraussetzungen schaffen, damit Bürger und Gäste nicht nur zum großen Jahresfest das Gelände am Fuße des Burgbergs besuchen. Seit 2018 wurde in Workshops und anderen Veranstaltungen mit Mitarbeitern, Bewohnern und Interessierten darüber diskutiert. Im Herbst 2020 wurde in Anwesenheit von Innenminister Roger Lewentz die Idee einer Spiel- und Begegnungslandschaft vorgestellt. Jetzt ist die Finanzierung unter Dach und Fach, der Bauantrag wurde beim Kreis eingereicht. Noch in diesem Jahr soll mit der Neugestaltung des Geländes begonnen werden.

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Der Mühlbachpark mit seinen vier Zonen soll sich vom Alten Haus und der Terrasse der „Orgelpfeife“ (in der Grafik rechts unten) bis an den Hang oberhalb des jetzigen Teichs (links oben) erstrecken. Im Bereich der Festwiese (Mitte oben) wird eine Fläche freigehalten, um dort später zwei Wohngebäude zu errichten.
Stiftung Scheuern

Die Grundidee ist nicht neu. Vor Jahrzehnten, als auf dem Gelände im Ortsteil Scheuern noch eine Förderschule angesiedelt war und die Stiftung auch Kinder mit Behinderungen betreute, gab es etliche Spielgeräte. Diese waren auch bei Jungs und Mädchen aus dem Ort beliebt. „Früher war es für die Menschen ganz normal, sich hier zu bewegen“, sagt Wolfgang Grüttner, Leiter der Stabstelle Planung und Entwicklung in der Stiftung Scheuern.

„Die Scheuerner waren oft auf dem Gelände und man hatte Kontakt zueinander.“ Mit Schließung der Wichernschule, der Konzentration auf Erwachsene und weil die Spielgeräte mit der Zeit nicht mehr den Sicherheitsansprüchen genügten, verschwanden diese Anlaufstellen nach und nach. „Die Prioritäten wurden anders gesetzt“, sagt Grüttner. Doch seit 2008 die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Kraft getreten ist, weht ein anderer Wind. „Wir wollen uns wieder öffnen“, so Grüttner.

Zunächst lag ein Schwerpunkt der Stiftung darauf, ihren Schützlingen die Möglichkeit zu eröffnen, auch außerhalb der Stiftungsstandorte Wohnraum zu beziehen, beispielsweise in der Stadt Nassau, in Bad Ems oder Nastätten. Seit 2018 macht man sich intensiv Gedanken, wie das Kerngelände in Scheuern umgestaltet und für die „Außenwelt“ wieder offener und attraktiver gestaltet werden kann. Jetzt steht der erste konkrete Schritt unmittelbar bevor. „Wir wollen einen Ort der Begegnung für alle Menschen schaffen“, macht Grüttner deutlich, dass es um mehr als neue Spielgeräte geht.

Mit dem Begriff Mühlbachpark ist das Projekt überschrieben, das spätestens im Herbst kommenden Jahres fertig sein soll, ja sogar muss. Denn bis Oktober 2022 muss die Stiftung nachweisen, dass sie die LEADER-Fördermittel, die die Europäische Union für innovative Projekte im ländlichen Raum bereitstellt, sachgerecht verwendet hat. Aus diesem Programm werden 180.000 Euro bereitgestellt, wie die Lokale Aktionsgruppe Lahn-Taunus im März auf Antrag der Stiftung Scheuern entschieden hat.

Es war ein Wunsch von Bewohnern der Stiftung, auch künftig einen Teich auf dem Gelände zu haben. Er entsteht in der Zone Sinneserfahrung.
Stiftung Scheuern
Die Ziegen sind seit jeher ein Anziehungspunkt für Kinder. Jetzt bekommen die Tiere ein größeres und artgerechtes Zuhause auf dem Gelände.
Stiftung Scheuern (honorarfrei)
Hangrutsche, Kletterwand und Hängebrücke sorgen in der Zone Erleben nahe der bestehenden Boulebahn für neue Möglichkeiten.
Stiftung Scheuern (honorarfrei)
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Zur Finanzierung des Mühlbachparks tragen auch andere Akteure in erheblichem Maße bei. Allein 57.000 Euro wurden durch Spenden in den vergangenen zwei Jahren gesammelt. Auch die G. und I. Leifheit Stiftung, der Diakoniegemeinschaft Paulinenstift, die Naspa-Stiftung und Firmen aus der Region tragen zur Deckung der Kosten bei. Diese sind auf 338.000 Euro gedeckelt. „Es wird nicht teurer“, sagt Wolfgang Grüttner. Von einem Unternehmen wurden Sachspenden für die Begrünung und Bepflanzung des Mühlbachparks zugesagt.

Der Mühlbachpark hat ein hochgestecktes Ziel. Er soll möglichst viele Menschen ansprechen und zum Aufenthalt einladen. Alt und Jung, Menschen mit und ohne Behinderungen sollen sich dort wohlfühlen können, einen Platz zum Entspannen, zum Genießen oder zum Bewegen finden. „Wir wollen mit diesem Platz einen Freiraum schaffen, der soziale Begegnung ermöglicht und dauerhaft für die Bevölkerung offen ist“, sagt Projektleiter Wolfgang Grüttner. Auch Touristen und Wanderer soll der Mühlbachpark anlocken, in dessen unmittelbarer Nähe die Stiftung Scheuern in der „Orgelpfeife“ seit langem Kaffee, Kuchen, Eis und mehr anbietet.

Vier Zonen sieht das Konzept für den Mühlbachpark als barrierefreier Spiel- und Bewegungsplatz vor, für den bereits ein Bauantrag bei der Kreisverwaltung eingereicht wurde. Damit der Park die Ansprüche vieler Menschen erfüllt, wurde er von einem multiprofessionellen Team geplant. Mit dabei sind vonseiten der Stiftung Scheuern neben Wolfgang Grüttner auch Sabrina Wolf-Brand als pädagogische Leitung, Carina Gräbke für den physiotherapeutischen Blickwinkel und Heike Freund als federführende Architektin.

Unterstützt wird man vom Büro Stadt-Land-Plus aus Boppard. Die gemeinsam entwickelte Planung sieht die Bereiche Begegnung, Sinneserfahrung, Fitness und Erleben vor.

Wir skizzieren sie im Folgenden anhand von Angaben der Stiftung Scheuern:

1 Die Zone zum Thema Begegnung liegt im Bereich der bestehenden Grillhütte, wo sich derzeit auch der Teich auf dem Stiftungsgelände befindet. Da die Teichanlage undicht ist und eine Sanierung als sehr teuer gilt, wird der Bestand verschwinden. Dafür soll es einen kleineren Ersatz in der Zone „Sinneserfahrung“ geben. Im Bereich „Begegnung“ dienen Rasenwellen als natürliche Sitzgelegenheiten im Hang, eine Naturstein-Sitzbank rund um den Grillpavillon lädt ebenfalls zum Verweilen unter freiem Himmel ein.

Eine lange Tafel ist für größere Gruppen konzipiert, die Schutz vor der Sonne unter einem Segel finden. Auf dem Plateau oberhalb der Grillhütte finden die Ziegen – seit Jahren fester Anlaufpunkt von Kindern mit ihren Eltern oder Großeltern – ein artgerechtes neues Zuhause. Ein großes Bodentrampolin, eine integrative Doppelschaukel und ein Rollstuhlfahrerkarussell sind vorgesehen.

2 Die Zone zum Thema Sinneserfahrung grenzt an die Festwiese an. Dort wird künftig der neue Teich entstehen. Alle Tiere ziehen aus dem alten Teich in den neuen um. Für die Besucher der Anlage werden Wieseninseln mit Duftstauden und Bänken installiert. Auch Pflanztische bereichern den Bewuchs, eine Klangwand, ein Wasserprisma und ein Murmeltisch werden um die bereits vorhandene Boulebahn arrangiert. Das alles wird barrierefrei gestaltet und somit auch für Rollstuhlfahrer und andere Menschen mit motorischen Einschränkungen nutzbar sein.

3 Die Zone zum Thema Fitness entsteht zwischen Horny-Haus, Wichernhaus und Altem Haus. Elemente eines Fitnessparcours werden auf der Wiese und an Bäumen installiert. Sie sollen zur sportlichen Betätigung einladen. Ein rollstuhlgerechtes Arm-Bike, ein Beintrainer und eine Reckstange sind dort vorgesehen. Für Kinder und Jugendliche soll ein höhenverstellbarer Basketballkorb ein Grund werden, auf das Gelände der Stiftung Scheuern zu kommen und sich in Korbwürfen und Dunkings zu messen.

4 Die Zone zum Thema Erleben soll Abenteuer und Barrierefreiheit miteinander vereinbaren. Auf der Doppelrutsche kann man Hand in Hans heruntersausen, das im Hang integrierte Bachbett soll als Spielfläche wiederbelebt werden. Ein Balancierparcours, eine Hängebrücke und ein Kletterbrett warten ebenfalls auf Abenteuerlustige. Eine Hängematte ist als Rückzugsort zum Chillen unter dem alten Baumbestand vorgesehen. Auch im Sand wird man buddeln können, und damit auch Rollstuhlfahrer das genießen können, wird es einen unterfahrbaren Sandtisch mit Bagger geben.

Einrichtung will dem Klimawandel begegnen

Die Stiftung Scheuern stellt sich den Anforderungen des Klimawandels. Dabei geht es um Maßnahmen an bestehenden und neuen Bauten sowie in den Außenanlagen. Ein Förderprogramm des Bundes für Klimaanpassung in sozialen Organisationen hat die Stiftung Scheuern bestärkt, tätig zu werden. Konkret geht es darum, Dächer und Fassaden zu begrünen, Speicherflächen für Regenwasser zu schaffen oder Sonnenschutz zu errichten, erklärt Helmut Normann, Leiter des Facility-Managements.

Beim Bundesumweltministerium hat man im Dezember 2020 Mittel beantragt, um ein Konzept zu erarbeiten. Dazu holt man sich Fachwissen bei externen Sachverständigen. Im zweiten Schritt geht es dann um die Beantragung der Mittel, die seitens des Bundes zur Verfügung gestellt werden, damit die Stiftung Scheuern für den Klimawandel besser gewappnet ist. „Bis dahin ist es nicht mehr lange. Ab April 2022 sollen die konkreten Maßnahmen parallel zum Projekt Mühlbachpark beginnen“, so die Stiftung.

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