Nachfolgemangel, die aufwendige Bewirtschaftung in den Steillagen, Klimaveränderungen und nicht zuletzt schwierige Absatzbedingungen aufgrund kräftiger Konsumrückgänge und zugleich eine „Weinschwemme“ im Markt machen es den Steillagenwinzern immer schwerer, ihre Wingerte betriebswirtschaftlich rentabel zu bearbeiten. Ein Rückgang der Rebflächen am Mittelrhein ist bereits zu verzeichnen. Schon vor wenigen Wochen hatte der Koblenzer Stephan Wefelscheid die Landesregierung um eine Stellungnahme bezüglich der aktuellen Situation und der von ihr eingeleiteten Gegenmaßnahmen gebeten.
Die Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau auf die Anfrage war nicht gerade optimistisch: Ein weiterer Rückgang der Rebflächen gerade in den Steillagen sei trotz aller Gegenmaßnahmen wahrscheinlich. Jetzt hat sich Wefelscheid an Ort und Stelle bei einem Fachmann, nämlich dem Weinbaupräsidenten und auf dessen Dörscheider Betrieb der Fetz Weine GmbH & Co. KG, über die Lage informiert.
Ohne die typische Kulturlandschaft geht der Tourismus ein Stück weit kaputt.
Stephan Wefelscheid
Sollte es weiter zu Stilllegungen von Rebflächen am Mittelrhein, mittlerweile kleinstes Weinanbaugebiet in Deutschland, kommen, dann hätte dies erhebliche Auswirkungen auf den Tourismus: Die Touristen am Rhein wollen die Kulturlandschaft mit ihren Terrassen erleben, da sind sich Fetz und Wefelscheid einig, und keine verbuschten Hänge. Wenn es nicht gelingt, die Rebkulturen oder zumindest die Terrassen an Rhein und Mosel zu retten, dann habe dies Auswirkungen bis hin zum Oberzentrum Koblenz. „Ohne die typische Kulturlandschaft geht der Tourismus ein Stück weit kaputt“, sagt Wefelscheid. „Wie wichtig der Wein für den Tourismus ist, zeigt ja allein das neue Buga-Logo mit den Weinreben als Sinnbild und Werbung für die hiesige Region.“
Weitere Probleme, die kommen, wenn Weinberge aufgegeben werden und in der Folge verludern, sind ökologischer Natur: Wenn frühere Rebflächen verbuschen, wachsen sie mit Brombeeren und Schlehen zu, dann geht wichtige Biodiversität verloren. Tiere und Pflanzen, die die offenen Flächen der Weinberge und der Trockensteinmauern zum Leben benötigen, werden verdrängt, sterben im schlimmsten Fall aus. Nicht zuletzt drohen mit der Zeit Hangrutsche, wenn Trockenmauern nicht gepflegt werden und verfallen. Ein Menetekel.
Management der Steillagen statt Weinbau?
Heinz-Uwe Fetz wäre es natürlich am liebsten, wenn der Weinbau weiter florieren würde. Zunächst aber müsse in der Weinbaupolitik realisiert werden, dass Steillagen völlig anders betrachtet werden als Flachlagen, weil beide partout nicht vergleichbar sind. Sein Plan B für den Fall, dass weniger Weinbau die Zukunft am Rhein ist, ist ein dauerhaftes Flusstal- und Steillagenmanagement verbunden mit einer Art Zertifikatenhandel: Wenn irgendwo im Land Wein- oder Ackerbauflächen stillgelegt würden, dann wäre es sinnvoll, als Ausgleich in den Steillagen zu investieren.
Wenn Windräder oder anderes neu gebaut werden, dann könnten die Aufwendungen für gesetzlich vorgeschriebene Ausgleichsflächen für notwendige Unterhaltungsmaßnahmen in den Steillagen verwendet werden, um Brachflächen pflegen zu können. Also nicht zwangsläufig Weinbau, auch wenn's wehtut, sondern Pflege etwa durch Lohnunternehmer, um die Kulturlandschaft zumindest von ihrem Aussehen her zu erhalten. Das würde den Winzern, der Natur, aber auch der Region in Sachen Tourismus helfen.
Es ist wichtig, dass die Impulse, die von unten kommen, auch gehört werden.
Heinz-Uwe Fetz
Ein solches Ausgleichsflächenmanagement hält Stephan Wefelscheid für einen Ansatz, den man unbedingt politisch fordern und verfolgen muss. Dafür will er sich im Landtag, im Rechtsausschuss und gegenüber der Landesregierung einsetzen. „Damit könnten wir etwas fördern, ehe es kaputt geht, was zum einen effizienter ist, zum anderen weniger Kosten verursacht“, sagt der Politiker. „Dieser neue Ansatz muss in Mainz und Berlin diskutiert werden“, so Wefelscheid, der sich darüber auch mit Landtagskollegen austauschen will.
Und Weinbaupräsident Heinz-Uwe Fetz erklärt: „Die Politik sollte gerade in diesem Fall auch mal andere Denkansätze ausprobieren. Es ist wichtig, dass die Impulse, die von unten kommen, auch gehört werden.“ Wie es ihn auf Bundesebene bereits gibt, plädieren Fetz und Wefelscheid zudem für einen Steillagengipfel, bei dem die Winzer und Ministerien vertreten sind, aber auch alle, die in Sachen Tourismus involviert sind.
Außerdem stellt Fetz an den eigenen Berufsstand die kritische Frage, ob man tatsächlich immer offen sei für notwendige Reformen. Und er appelliert an die Bewohner in der Region, lokal einzukaufen, um Bauern und Winzer zu unterstützen und auf diesem Weg beizutragen, die Kulturlandschaft zu erhalten.
„Die Lage für Winzerinnen und Winzer in Rheinland-Pfalz ist sehr ernst.“ Das stellt auch die Landes-CDU fest. Man habe es nicht mit einer für die Landwirtschaft üblichen saisonalen Schwankung zu tun, sondern mit einer „strukturellen Krise“.Kampf gegen strukturelle Krise: CDU legt 7-Punkte-Papier für die Winzer vor