So bewertet die Kreishandwerkerschaft die aktuelle Situation für die Betriebe - Was sind die Gründe für die Entwicklungen?
Steigende Baustoffpreise: Die Lage fürs Handwerk in der Region ist brisant
Derzeit ist ein Bauboom zu erleben. Häuser werden gebaut, etliche Dächer neu gedeckt. Dafür wird Material benötig, aber das ist knapp. ⋌
dpa

Die Preise für Baustoffe steigen. Nicht nur Holz ist betroffen, sondern beispielsweise auch Kupfer oder Kunststoffe. Wir haben bei der Kreishandwerkerschaft nachgefragt, wie brisant die Lage tatsächlich ist und welche Auswirkungen sie hat.

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Derzeit ist ein Bauboom zu erleben. Häuser werden gebaut, etliche Dächer neu gedeckt. Dafür wird Material benötig, aber das ist knapp. ⋌
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1 Inwiefern wirken sich die steigenden Kosten für Baustoffe auf das Handwerk in der Region aus, und welche Folgen ergeben sich daraus für die Betriebe und die Kunden?

Die Kosten für Baumaterialien haben sich in den vergangenen Monaten massiv verteuert. Der blitzartige Anstieg der Preise hat die Betriebe vor massive Probleme gestellt. Der Preis für hochwertiges Holz hat sich zum Teil verdoppelt. Aber nicht nur für Holz, sondern zum Beispiel auch für Dämmstoffe, Rigips, Kunststoffe oder Stahl sind die Preise in die Höhe geschossen. Unsere Handwerksbetriebe sehen sich aktuell mit der Situation konfrontiert, dass die Mehrkosten von laufenden Aufträgen zum Teil nicht aufgefangen werden können und solche Aufträge somit wirtschaftlich defizitär werden.

2 Wie bewerten Sie als Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft die aktuelle Lage? Wie brisant ist die Lage tatsächlich?

Die Lage ist sehr brisant. Auch wenn sich unsere Betriebe aus den Baugewerken vor Aufträgen kaum retten können, bekommen auch wir in der Kreishandwerkerschaft in den letzten Wochen von unseren Innungsbetrieben zurückgespiegelt, dass sie vor der großen Herausforderung stehen, wie sie aktuell die Aufträge kalkulieren sollen. Gerade bei öffentlichen Aufträgen, wo die Vergabe an den günstigsten Anbieter gekoppelt ist, ist die Gefahr groß, dass unsere Betriebe auf den Mehrkosten sitzen bleiben.

Die Kommunen müssen hier einlenken und Änderungen der Preisermittlungsgrundlagen in den Vergabeunterlagen aufnehmen, sonst werden sich die Betriebe zweimal überlegen, ob sie aktuell ein Angebot für öffentliche Baumaßnahmen abgeben können. Hier ist unseres Erachtens die Politik gefordert. Es besteht generell eine große Verunsicherung auf dem Markt. Einige Betriebe sehen schon die Anmeldung von Kurzarbeit bis hin zu Insolvenzszenarien auf sich zukommen, wenn die Lage sich weiterhin verschärfen sollte.

Der Obermeister der Baugewerks-Innung Rhein-Lahn, Harald Bär, sieht die aktuelle Lage ebenfalls mit großer Sorge. „Den Herstellern von Konstruktionsvollholz und Brettschichtholz stehen nicht mehr genug Rohstoffe, also Holz, zur Verfügung, und dadurch verringert sich die mögliche Produktionsmenge. Dadurch steht unseren Baustofflieferanten weniger Holz zum Verkauf zur Verfügung, was zur Folge hat, dass es zu längeren Lieferzeiten kommt. Des Weiteren wird die Nachfrage bei den Lieferanten aus ganz Deutschland größer, die aber Gott sei Dank ihren Stammkunden treu bleiben.“

3 Worin liegen mögliche Ursachen für die Preissteigerung? Wie entwickelt sich der Markt weiter?

Der Preistreiber für Baustoffe ist die hohe Nachfrage. Nicht nur regional, sondern vielmehr auch global. Die Coronapandemie hat diesen Nachfragehebel noch einmal verstärkt umgelegt, und auch der Trend zum Bauen mit natürlichen Ressourcen spielt hier eine Rolle. Zu Beginn der Pandemie wurden dann weltweit die Produktionskapazitäten heruntergefahren, da die Angst bestand, auf dem Material sitzen zu bleiben.

Der zunächst prognostizierte Nachfrageinbruch fiel aus, die Konjunktur blieb in weiten Teilen stabil beziehungsweise ist viel schneller wieder angesprungen. Mit der dadurch entstandenen Materialunterversorgung haben jetzt unsere Handwerker zu kämpfen. Perspektivisch ist davon auszugehen, dass sich die Preisspirale zumindest kurzfristig weiter nach oben drehen wird. Für künftige Bauprojekte wird das wohl in der Konsequenz eine Verteuerung der Bauvorhaben zur Folge haben.

4 Kann die Kreishandwerkerschaft die Betriebe unterstützen und Hilfestellung bieten?

Wir von der Kreishandwerkerschaft mit unseren angeschlossenen Innungen stehen unseren Betrieben bei diesem Thema im Zusammenspiel mit den Fachverbänden vor allem bei den zum Teil komplexen rechtlichen Fragen als Ansprechpartner zur Seite. me

Schreiner startet Petition

Benjamin Fetz ist Schreiner aus Weisel. Gemeinsam mit seinem Vater führt er einen Betrieb in Miehlen. Seinem Ärger macht der 37-Jährige mit einer jüngst gestarteten Petition Luft: „Wir müssen jetzt handeln, bevor das Handwerk kaputt geht“, heißt es in der Begründung des Antrags. Es handele sich um einen Kreislauf, der jeden trifft.

„Bekommen Handwerker keine Materialien mehr, können sie dem Endkunden auch nichts mehr liefern! Steigen die Preise ins unermessliche, werden Handwerkerleistungen unerschwinglich! Die Materialknappheit und die enormen Preissteigerungen treffen nicht nur jeden Handwerker, sondern auch den Endverbraucher und Kunden in Baumärkten und anderen Fachmärkten!“

Auch gegenüber unserer Zeitung erklärt Fetz, dass trotz voller Auftragsbücher viele Betriebe schließen oder ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken müssten, weil kein Material mehr verfügbar ist.

Die am 5. Mai gestartete Petition hat bislang knapp 210 Unterstützer und ist zu finden unter ku-rz.de/petitionpreise

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