Als der damalige Stadtbürgermeister Armin Wenzel den Adventsmarkt 2012 erstmals vom Amtsplatz auf den Marktplatz und in den Hof des Stein'schen Schlosses verlegen ließ, waren sich die allermeisten einig: Das Ambiente suchte seither seinesgleichen. Gut möglich, dass man an diesem Standort in diesem Jahr 10-Jähriges gefeiert hätte, wenn die Pandemie nicht gekommen wäre und vieles verändert hätte. Aber auch andere Faktoren spielen eine Rolle.
Auch Wenzels Amtsnachfolger Manuel Liguori fand den Adventsmarkt vor dem Ensemble von historischem Rathaus und Stein'schem Schloss – beide Anfang des 17. Jahrhunderts errichtet – idyllisch. Das habe die Veranstaltung weit über die Grenzen der Stadt und des Rhein-Lahn-Kreises bekannt gemacht. Auf Anfrage von Ratsmitglied Thomas Kunkler (FWG Forum) erläuterte er am Dienstag im Hauptausschuss, warum der Platz in diesem Jahr trotzdem nicht in Anspruch genommen wird. „Es kursieren dazu zwei Theorien“, sagte das Stadtoberhaupt.
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Es sei der Wunsch der Gewerbetreibenden und Ladeninhaber gewesen, den Markt wieder näher an die Geschäfte zu rücken. Außerdem werde erzählt, die Kosten für die Buden seien geradezu explodiert. „An beidem ist etwas dran“, sagte Liguori.
Als Stadt und Touristik, die den Markt in Nassau organisiert, für vergangenes Jahr wegen der Pandemie eine abgespeckte Version des Adventsmarkts planten, hatten die Verantwortlichen laut Liguori bereits den Amtsplatz als Veranstaltungsort ins Auge gefasst.
Damit hätte man zudem den ebenfalls von den Begleiterscheinungen der Pandemie getroffenen Einzelhändlern entgegenkommen können. „Unter ihnen besteht schon länger der Wunsch, damit sie wieder stärker von den Besuchern profitieren“, erläuterte der Stadtbürgermeister. Zugleich spielen ebenso finanzielle Aspekte eine Rolle, denn bei den freiwilligen Ausgaben der verschuldeten Stadt gucken die Aufsichtsbehörden genauer hin als früher.
Für Marktplatz und Schlosshof hatten Stadt und Touristik zuletzt Marktbuden angemietet, die größer und repräsentativer waren als jene, die der Stadt gehören. Die Kosten dafür sind jedoch seit der letzten Auflage des Adventsmarkts vor drei Jahren spürbar gestiegen. „Die Miete hätten wir nicht auf die Betreiber der Stände umlegen können“, macht Christoph Keul, Geschäftsführer der Touristik Bad Ems-Nassau, im Gespräch mit dieser Zeitung deutlich. „Wir hätten den Etat deutlich überziehen müssen“, sagt er.
Außerdem hätten gerade ältere Standbetreiber die beiden Corona-Jahre ohne Veranstaltungen zum Anlass genommen, sich komplett zurückzuziehen, ergänzt seine Mitstreiterin Patricia Jaeger. Man hätte die größere Fläche zwischen Schloss und Rathaus daher nicht in der gewohnten Weise mit Angeboten füllen können.
Es wird kein Stand benachteiligt sein.
Patricia Jaeger, Touristik Bad Ems-Nassau, zum neuen Weihnachtsmarktkonzept
Die jetzt für das kommende Wochenende gefundene Variante, die sich an den Ursprüngen des Nassauer Adventsmarkts orientiert, ist nach Ansicht von Christoph Keul finanziell vertretbar und außerdem „die richtige Lösung“. Patricia Jaeger verspricht dennoch eine gemütliche Atmosphäre und ein attraktives Angebot. Auch die Standbetreiber sollen auf ihre Kosten kommen. „Es ist ein geschlossener Kreis; es wird kein Stand benachteiligt sein“, sagt sie.
Der Adventsmarkt 2022 erstreckt sich von der Stadthalle bis Foto Jörg und Leifheit-Werksverkauf. 26 Stände im Außenbereich sorgen für das passende Angebot und Ambiente. Wie immer sorgen dabei viele heimische Vereine und Institutionen für eine Mischung aus Selbstgemachtem und Leckereien. Den Organisatoren der Touristik ist es sogar kurzfristig gelungen, wieder ein Karussell nach Nassau zu holen, obwohl der langjährige Betreiber sein Geschäft in der pandemiebedingten Pause aufgegeben hat. Wie von früheren Adventsmärkten gewohnt, ist auch die Rettungshundestaffel Rhein-Lahn zugegen.
Musikprogramm mit Chören und Bands
Die Stadthalle wird wie gewohnt mit einem vielfältigen Angebot von kreativen Arbeiten der Hobbykünstler gefüllt sein. Hinzu kommt die traditionelle Bücherausstellung. An Infoständen klären der Förderverein Stationäres Hospiz Rhein-Lahn und das Partnerschaftskomitee Nassau-Pontchâteau über ihre Arbeit auf. Auf der Bühne der Stadthalle bietet der Jugendtreff der Stadt eine Kinderbetreuung an.
Das Bühnenprogramm ist gegenüber dem gewohnten laut Christoph Keul etwas abgespeckt. Dennoch gibt es an allen Festtagen ein musikalisches Angebot, das ein breites Spektrum abdeckt. Zur Eröffnung am Freitagnachmittag ist der Nachwuchs des Nassauer Chors tonArt zu Gast. Anschließend hat die regionale Band „unbagged“ ihr mittlerweile drittes Gastspiel auf dem Nassauer Adventsmarkt. Der evangelische Posaunenchor und die Hömberger Sängerin Carolin Müller bestimmen am Samstag den Takt. Das Nassauer Blasorchester Lahnsin(n)fonie unter Leitung von Kay Gutjahr wird – auch das hat mittlerweile Tradition – am Sonntagnachmittag spielen.
Auch wenn der Adventsmarkt in diesem Jahr kleine Abstriche hinnehmen muss, ist Touristik-Chef Christoph Keul sicher, dass – passendes Wetter vorausgesetzt – die Resonanz nach zwei Jahren ohne ein solches Angebot beim Publikum groß sein wird. Und laut Stadtbürgermeister ist der Umzug zurück auf den Amtsplatz und in die Amtsstraße nicht zwingend endgültig. „Das bedeutet nicht, dass es in Zukunft immer so sein soll“, versicherte er im Hauptausschuss. Wenn es 2023 finanziell darstellbar sei und die übrigen Rahmenbedingungen es zulassen, könnte der Adventsmarkt zukünftig auch wieder zwischen Rathaus und Schloss stattfinden.