Die Aufforstungsaktion, so teilt das Forstamt Lahnstein mit, wurde im Rahmen der Nachhaltigkeitsinitiative der Unternehmensberatung Capgemini Deutschland GmbH gemeinsam mit dem Forstamt Lahnstein organisiert.
Früh am Morgen reisten 27 Mitarbeiter von Capgemini und Jugendliche aus Bochum an. Zu Beginn führten der Büroleiter des Forstamtes, Stefan Bäcker, und Aaron Schwinn in die Fläche und die zu pflanzenden Bäume ein. Die Fichten, die hier einmal standen, waren gepflanzt worden, als von Klimawandel und seinen Folgen noch keine Rede war. Die extremen Temperaturen wie auch die trockenen Sommer der vergangenen Jahre setzen den Fichten als flach wurzelnder Baumart besonders zu. Der Borkenkäfer greift die geschwächten Fichten in der Folge an. Inzwischen zeichne sich ab, so das Forstamt Lahnstein, dass vermehrt auch die Rotbuche auf den Klimastress reagiert und für die Forstleute zunehmend zu einer Herausforderung wird.
Überleben Vogelkirsche und Mehlbeere?
Über die Ursachen der Kahlfläche und die Konsequenzen des Klimawandels informierten der Waldpädagoge Willi Bausch-Weis vom Forstamt Lahnstein und der ehemalige Forstreferendar Carsten Krinke, heute Direktor bei Capgemini, die jungen Kollegen und Kolleginnen. Auch die Wissenschaft sei sich heute nicht sicher, ob die Baumarten wie die Vogelkirsche, die Mehlbeere, die Sommerlinde oder die Walnuss noch in 30 oder 80 Jahren eine Überlebenschance haben.
Es wurde hierzu auf den Weltklimabericht des Weltklimarates aus 2022, die verschiedenen Entwicklungsszenarien für die Temperaturen in Abhängigkeit von der Einsparung an Treibhausgasen verwiesen. Schon ein geringer Anstieg der Temperatur habe enorme Folgen. Davon bleiben auch die Wälder des Forstamtes Lahnstein nicht verschont. „Wenn sich nichts ändert, werden wir Ende des Jahrhunderts eine Witterung wie in Südeuropa haben“, so die Forstleute. Klimaunbillen werden, so die Forscher des Potsdam-Institutes für Klimafolgenforschung, weiter zunehmen.
Trotz Regen, Graupel und Schneefall an diesem Morgen ließen sich die Helferinnen und Helfer im Alter zwischen 4 und 57 Jahren im Stadtwald nicht entmutigen. Es wurde in sogenannten „Klumpen“ – Mischungen der oben genannten Baumarten – gepflanzt. Ein Klumpen besteht dabei aus 25 bis 50 jungen Bäumen. Jeder Pflanzplatz war zuvor deutlich markiert worden.
Pflanzugen weithin sichtbar
Diese Aufforstungen sind weithin sichtbar, denn aufgrund der Wildproblematik müssen die jungen Pflanzen vor Verbiss mit sogenannten weißen Tubex-Hüllen geschützt werden. Für das Team des Forstamtes Lahnstein ist das durchaus ein Zwiespalt, da hier sehr viel, wenn auch recyclingfähiges Plastik, in den Wald zum Schutz der 15 bis 50 Zentimeter großen Jungpflanzen gestellt werden muss. Diese Schutzhüllen sieht man nun vermehrt in den Wäldern rund um Lahnstein. „Sie sind jedoch ein positives Zeichen, dass Waldeigentümer wie die Stadt Lahnstein und deren Förster hier schnell auf den Klimawandel reagieren und auf die brach gefallenen Flächen eine Folgebestockung aufbringen. Das ist mit Blick auf den Klimawandel extrem wichtig“, so teilt das Forstamt mit.
Denn durch die hohen Temperaturen und die Trockenheit in den vergangenen Sommern wird das Humusmaterial sehr schnell umgesetzt und abgebaut. Es geht den Böden und damit den Baumwurzeln als wichtige Nährstoffquelle verloren, kann sogar das Grundwasser belasten. Zugleich wird sehr viel zusätzliches CO2 freigesetzt. Das Grün einer Folgebestockung verlangsamt diesen Abbauprozess und die Wurzeln der jungen Bäume binden die Nährstoffe. Weiterhin wird vermieden, dass die Kahlflächen mit Gräsern und Brombeere oder Himbeere versteppen.
Während viele Fragen gestellt und gern beantwortet wurden, stellte das Pflanzteam überrascht fest, dass es mit 600 Pflanzen erst einen kleinen Teil der insgesamt für diese Fläche vorgesehenen 5600 Pflanzen gesetzt hatten. Trotz eines starken Schneeschauers wurde sogar eine Stunde länger gepflanzt als geplant war.
Am Ende bedankte sich der sichtlich vom Erfolg der Aktion beeindruckte Forstamtsleiter Andreas Nick bei den jungen Menschen. Als Dankeschön gab es Broschüren oder Nistkästen. Einige der Helfer verabredeten sich, „ihren“ Wald in zwei bis drei Jahren gemeinsam anzusehen. Andere wollen sich bei künftigen Aktionen des Forstamtes, zum Beispiel mit den Lahnsteiner Schulen, beteiligen und wiederkommen. Mit vielen Eindrücken und dem Gefühl, sich dem Klimawandel ein wenig entgegengestellt zu haben, ging es zurück nach Hause. kr/red