Stadtrat entschließt sich für sichere Variante: Energiekosten steigen von 220 000 auf bis zu 1,5 Millionen Euro
Stadtrat Lahnstein: Gas sichern, bevor die Heizung kalt bleibt
Karin Kring

Lahnstein. Die Zukunft ist eine Glaskugel, durch die es zurzeit kleinen klaren Blick gibt. Das gilt ganz besonders für die Preise für die Gas- und Energieversorgung, die durch den unsäglichen Krieg in der Ukraine immens gestiegen sind und vermutlich noch weiter steigen. Die Stadt Lahnstein hat jetzt in einer Sondersitzung des Stadtrates beraten, was zu tun ist, um die Gasversorgung der öffentlichen Gebäude weiter zu sichern.

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Entscheidung dringend

Die Dringlichkeit der Entscheidung, so erläuterte Oberbürgermeister Lennart Siefert, war gegeben, weil die Preisentwicklung enormen Schwankungen unterworfen ist und sich quasi stündlich ändert. Der Bündelvertrag mit der Energieversorgung Mittelrhein (EVM) sowie ENTEGA für Stadthalle und Hallenbad endet am 31. Dezember dieses Jahres. Zwar hatte der Stadtrat bereits im Februar beschlossen, die gt-Service GmbH als Kooperationspartner des Gemeinde- und Städtebundes mit einer weiteren Bündelausschreibung zu beauftragen. Allerdings ist dazu kein einziges Angebot eingegangen.

Keine Option also. Daher ist die Stadtverwaltung selbst mit Energieversorgungsunternehmen am Markt – hier dem örtlichen Unternehmen EVM – in Verhandlungen getreten. „Die Dringlichkeit einer Entscheidung ist gegeben, da die Preisangebote der EVM jeweils nur für eine Stunde Gültigkeit haben“, erklärte Siefert. Bei einem vorliegenden aktuellen Angebot ergab sich bei einem Verbrauch von circa 3.574.000 Kilowattstunden eine Preiserhöhung für den Gasabschlag von 230.000 Euro in diesem Jahr auf 1.380.000 Euro für das Jahr 2023. Bei der ohnehin prekären Haushaltssituation der Stadt Lahnstein eine enorme Belastung.

Der Stadt blieben letztlich drei Möglichkeiten:

1 Weiter auf die Bündelausschreibung der gt-Service GmbH setzen und auf potenzielle Bieter warten.

2 Einen Vertrag mit dem örtlichen Anbieter EVM abschließen, der für ein Jahr den festgelegten Preis – die genannten 1,38 Millionen Euro oder je nach stündlich aktuellem Angebot mehr oder weniger – garantiert.

3 Eine Vereinbarung mit einem örtlichen Gasanbieter (EVM oder Süwag) zum Spotpreis abschließen, ohne dass ein Festpreis vereinbart ist und das Risiko weiterer Preiserhöhungen eingehen.

Lennart Siefert machte deutlich, dass er die sichere Variante präferiert, denn alles andere sei „unberechenbar“. Die Mehrheit der Ratsmitglieder sah dies ebenso. Klar ist, dass alle drei Varianten Risiken bergen: Vereinbart die Stadt einen Festpreis für ein Jahr, kann es sein, dass sie zu viel zahlt, wenn die Preise – abhängig von der Entwicklung des Krieges in der Ukraine – wieder fallen. Dennoch: Mit dem Festvertrag sei man noch am ehesten auf einer kalkulierbaren Seite.

Für alternative Energien

Die SPD-Fraktion allerdings kündigte an, sich bei der Abstimmung zu enthalten. Zu wenig Informationen zum Thema, zu wenig Zeit für eine Beratung innerhalb der Fraktion, begründete Fraktionsvorsitzende Gabi Laschet-Einig. „Unser Ziel als Stadt war es eigentlich, aus der Abhängigkeit von den Energieversorgungsunternehmen herauszukommen.“ Bisher sei aber außer Absichtserklärungen wenig geschehen. „Wir müssen es uns nicht nur vornehmen, sondern ab sofort daran arbeiten, von fossiler Energie unabhängig zu werden“, sagte sie, und ihr Fraktionskollege Matthias Boller, seit Jahren Verfechter alternativer Energien, ergänzte, „hätten wir Summen, wie die, die wir jetzt für den Gas-Liefervertrag ausgeben, schon längst in alternative Energie investiert, wären wir jetzt nicht so abhängig.“

Dass sich die Lage auch in den kommenden Jahren nicht ändern werde, befürchtet Melanie Scheeben (CDU). Man müsse sich Gedanken machen, wo Energie eingespart werden kann, ob Stadthallen- oder Schwimmbadbetrieb im Winter aufrechterhalten werden können. „Wir müssen uns mit unseren Energiefressern auseinandersetzen und können nicht so tun, als werde alles wie bisher weitergehen“, schloss sie. OB Siefert entgegnete, dass die Verwaltung bereits mit Hochdruck daran arbeite, Energie einzusparen.

Weitere Stimmen: Julian Kapp (ULL) war für Lösung 2, „weil alles andere ein Blick in die Glaskugel ist“, David Niel (Grüne) ebenso, denn „alle Möglichkeiten bergen Risiken, aber wir müssen jetzt eine Entscheidung treffen“. „Der Festpreis ist eine Sicherheit und wir bekommen Energie von einem sicheren Anbieter“, meinte Michael Güls (CDU). Auch Reiner Burkard (FBL) entschied sich für Lösung 2, „damit nicht in unseren Schulen das Licht aus geht“.

Vertrag schnell abschließen

Mit 19 Jastimmen, sechs Enthaltungen (aus den Reihen der SPD) und einer Gegenstimme (FDP) wurde die Verwaltung für den Abschluss eines Gasliefervertrags befristet auf ein Jahr zu einem Festpreis bis 1,5 Millionen Euro ermächtigt. Er sollte noch am Freitag abgeschlossen werden.

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