Es war der Erste Kreisbeigeordnete Jörg Sauer (SPD), der im Gespräch mit dieser Zeitung vor fünf Wochen den Hinweis gab: Auch die Stadt Limburg könne beim Landkreis eine Ausnahmegenehmigung von der Bundesartenschutzverordnung beantragen, um im Falle eines positiven Bescheids einen Schädlingsbekämpfer mit dem Töten von Stadttauben beauftragen zu dürfen. Das ist jetzt passiert: Seit vergangener Woche liegt dem Landkreis ein solcher Antrag vor, teilt auf Anfrage der Sprecher des Landkreises, Jan Kieserg, mit. Kurz zuvor hatte die Stadt das in einer Pressemitteilung bekannt gegeben. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten:
Warum braucht es für das Taubentöten eine (weitere) Genehmigung?
Im Jahr 2018 hat das höchste Gericht in Hessen, der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel, entschieden, dass auch Stadttauben unter die Bundesartenschutzverordnung fallen und damit in besonderer Weise geschützt sind. Im Jahr 2022 gab es einen Erlass des hessischen Landwirtschaftsministeriums, nach dem Stadttauben nicht unter diese Verordnung fallen und deshalb unter den einfacheren Voraussetzungen nach dem Tierschutzgesetz getötet werden konnten. Dieser Erlass wurde im März 2025 aufgehoben. Das heißt: Wer in Hessen Stadttauben töten möchte oder als Kommune dazu den Auftrag erteilen möchte, braucht diese Ausnahmegenehmigung.
Wer entscheidet darüber?
Das ist die beim Landkreis Limburg-Weilburg angesiedelte Untere Naturschutzbehörde. Ihr lagen bereits zwei Anträge von „zwei Privatpersonen“ vor, mit dem Antrag der Stadt sind es jetzt insgesamt drei. Der Landkreis werde darüber schnellstmöglich entscheiden, teilt der Sprecher des Kreises mit. Die Stadt gibt in ihrer Pressemitteilung bekannt, ein Schädlingsbekämpfer habe ebenfalls einen Antrag gestellt, und zwar der Schädlingsbekämpfer, der sich auf die jüngste Ausschreibung der Stadt zum Taubentöten beworben hatte. Nach Angaben der Stadt liegen die Kosten des einzigen Angebots zum Taubentöten bei „unter 10.000 Euro“.
Wie kann die Genehmigung begründet werden?
Der Erste Kreisbeigeordnete Sauer hat dazu im Gespräch mit dieser Zeitung Folgendes gesagt: „Die Bundesartenschutzverordnung verbietet grundsätzlich, nicht nur wild lebende Tiere, sondern auch, nicht besonders geschützte Wirbeltierarten’ zu fangen oder zu töten, wenn diese nicht dem Jagd- oder Fischereirecht unterliegen. Ausnahmen von diesem Verbot sind nur möglich zur Abwendung erheblicher land-, forst-, fischerei-, wasser- oder sonstiger gemeinwirtschaftlicher Schäden’ oder zum Schutz der heimischen Tier- und Pflanzenwelt’ oder allgemein für Zwecke der Forschung’.
Warum stellt die Stadt den Antrag?
Sie verfolgt damit nach eigenen Angaben „weiter das Ziel, den Bürgerentscheid vom Juni vergangenen Jahres umzusetzen“, wie es in der Pressemitteilung heißt. Beim Bürgerentscheid hatte sich 53 Prozent der Bürger dafür ausgesprochen, die Entscheidung der Stadtverordneten vom November 2023 zum Taubentöten umzusetzen.
Wie begründet die Stadt ihren Antrag?
„Aus unserer Sicht trifft der besondere Schutz für Stadttauben nicht zu, da es unserer Auffassung nach keine wild lebenden Tiere sind“, teilt auf Anfrage dieser Zeitung die Sprecherin der Stadt, Stefanie Kesper-Süß, mit. „Die Population, die der VGH mit zehn Tieren pro 100 Quadratmetern als Schädlinge deklariert, wird an den folgenden Plätzen (Bahnhofsplatz, Neumarkt, Plötze) überschritten, und sie gelten somit nach diesem Urteil als Schädlinge.“
Geschäftsinhaber, Bürger und Anwohner würden sich über „eine dauerhafte Verkotung von Fassaden, Aufenthalts- und Nutzflächen im privaten und öffentlichen Raum“ bei der Stadt beklagen. Die Stadt beruft sich damit nur auf ein Urteil des VGH aus dem Jahr 2011, aber nicht auf dessen Entscheidung von 2018.
Was passiert, wenn die Ausnahmegenehmigungen abgelehnt werden?
Dagegen kann der betreffende Antragsteller Widerspruch einlegen. Darüber entscheidet nach Angaben des Sprechers des Landkreises erneut die Untere Naturschutzbehörde. Lehnt diese den Widerspruch ab, kann der Klageweg vor dem Verwaltungsgericht beschritten werden.
Was passiert, wenn die Genehmigung für die Stadt erteilt wird?
Dann wird die Stadt Limburg nach eigenen Angaben den Auftrag an den Schädlingsbekämpfer vergeben, der sich dafür beworben hat.
Wie reagiert die Stadt auf die Aufhebung des Erlasses?
Sehr verwundert. „Ohne weitergehende Begründung“ ist das für die Stadt „nicht nachvollziehbar“, heißt es in der Pressemitteilung. Deshalb hat die Stadt beim Landkreis einen weiteren Antrag gestellt, in dem festgestellt werden soll, dass es keiner Sondergenehmigung (nach der Bundesartenschutzverordnung) bedarf.