Hat Verantwortlicher der gemeinnützigen Einrichtung Geld veruntreut?
Staatsanwaltschaft ermittelt bei Lebenshilfe Rhein-Lahn wegen Untreue: Verantwortlicher in Untersuchungshaft
Große Unruhe herrscht bei der Lebenshilfe Rhein-Lahn. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen einen Verantwortlichen der gemeinnützigen GmbH aufgenommen.
Thorsten Stötzer

Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt gegen einen Verantwortlichen einer gemeinnützigen Einrichtung im Rhein-Lahn-Kreis. Das bestätigte die Strafverfolgungsbehörde am Donnerstagabend gegenüber unserer Zeitung. Gegen den Beschuldigten, bei dem es sich nach Informationen unserer Zeitung um den Geschäftsführer der Lebenshilfe Rhein-Lahn gGmbH handelt, wurde inzwischen Haftbefehl wegen Fluchtgefahr erlassen. Er sitzt in Untersuchungshaft.

Große Unruhe herrscht bei der Lebenshilfe Rhein-Lahn. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen einen Verantwortlichen der gemeinnützigen GmbH aufgenommen.
Thorsten Stötzer

Die Vorwürfe wiegen schwer. „Es besteht der Verdacht der gewerbsmäßigen Untreue. Der Beschuldigte soll zulasten der Einrichtung unberechtigterweise Ausgaben für private Zwecke wie Anschaffungen von Luxusgütern getätigt und Gelder für sich vereinnahmt haben.“, heißt es in einer Pressemitteilung. Dass sich bei der Lebenshilfe etwas zusammenbraut, zeichnete sich bereits seit einigen Tagen ab. Auf Nachfrage unserer Zeitung vom Mittwoch antworte die Staatsanwaltschaft, dass gegen einen Verantwortlichen einer gemeinnützigen GmbH vorgebrachte Vorwürfe geprüft werden. „Allerdings können zur Vermeidung einer Gefährdung des Untersuchungszwecks derzeit keine näheren Einzelheiten hierzu mitgeteilt werden.“

Nach Informationen unserer Zeitung hatten Mitarbeiter der Lebenshilfe Rhein-Lahn belastendes Material gegen den Geschäftsführer der gemeinnützigen Einrichtung zusammengetragen und den Ermittlern übergeben. Dabei dürfte es sich um brisante Unterlagen gehandelt haben. Zumindest hat sich die Staatsanwaltschaft mit den weiteren Schritten wenig Zeit gelassen. „Im Nachgang zu Ihrer Anfrage und der gestrigen Antwort kann mittlerweile bestätigt werden, dass die Staatsanwaltschaft Koblenz aufgrund der Auswertung hierher übermittelten Materials den Anfangsverdacht der Untreue gegen einen Verantwortlichen einer gemeinnützigen Einrichtung bejaht hat“, heißt es in der Antwort am Donnerstagabend.

Der Geschäftsführer der Lebenshilfe Rhein-Lahn gGmbH sitzt laut Staatsanwaltschaft in Untersuchungshaft. Die Haftrichterin sieht Fluchtgefahr gegeben.
Thorsten Stötzer

Nahezu zeitgleich erfolgten Durchsuchungen in den Räumlichkeiten der Lebenshilfe. Etliche Akten – aktuelle und aus dem Archiv – sollen laut Mitarbeitern beschlagnahmt worden sein. Gleichzeitig wurden Wohnhäuser des Verdächtigen durchsucht. In einer Pressemitteilung vom Freitag berichtet die Staatsanwaltschaft von „umfangreichem Beweismaterial“, das bei den Durchsuchungen am 9. Dezember mehrerer Objekte sichergestellt werden konnte. Im Zuge der Maßnahmen wurde der Beschuldigte vorläufig festgenommen und am Freitag der Untersuchungsrichterin des Amtsgerichts Koblenz vorgeführt. Laut Staatsanwaltschaft hat er sich bislang nicht zu den Vorfällen geäußert.

Unterdessen herrscht mächtig Unruhe bei der Lebenshilfe und der Region. Die Mitarbeiter sind verunsichert, machen sich Sorgen um ihre Arbeitsplätze. Auch hinter dem Betreuungsangebot der Einrichtung steht noch ein Fragezeichen. Noch ist nicht klar, wie es weitergeht. Nach Informationen unserer Zeitung ist von 500.000 Euro die Rede, die aus der Kasse der Lebenshilfe für private Zwecke verwendet worden sein. Geld, das an anderer Stelle fehlt und die gemeinnützige Einrichtung massiv in finanzielle Schieflage gebracht haben soll.

Nicht unerhebliche Mittel kommen dabei vom Kreis, und auch die Verbandsgemeinde Nassau engagiert sich bei der Integrative Kindertagesstätte in Singhofen, da sie Plätze bereithalten muss, wobei die Kita wie auch die Netzwerkstelle Inklusion über den Verein Lebenshilfe Rhein-Lahn läuft und nicht von der gGmbH organisiert wird. Trotzdem sind die Verantwortlichen in Sorge: „Daher sind wir aktiv im Kontakt mit Landesjugendamt und Verbandsgemeinde, um die wichtige Betreuung der Kinder zu sichern“, teilt der Kreis auf Nachfrage unserer Zeitung mit. Insgesamt bezuschusst der Kreis die Lebenshilfe im Jahr mit 1,9 Millionen Euro.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Lebenshilfe Rhein-Lahn für negative Schlagzeilen sorgt. „Interne Querelen haben schlechtes Licht auf Organisation geworfen“ titelte unsere Zeitung im November 2017. Ermittlungen im Jahr 2019 gegen eine Verantwortlichen an der Spitze der Lebenshilfe wurden eingestellt.

Gegründet wurde die Lebenshilfe Rhein-Lahn im Jahr 1966 als gemeinnütziger Verein gegründet. „Im Jahr 2007 entschloss sich der Verein, sein Aufgabengebiet zu erweitern und gründete die Lebenshilfe Rhein-Lahn gGmbH, deren Gesellschaftsanteile zu 100 Prozent von der Lebenshilfe Rhein-Lahn e.V. gehalten werden“, wird auf der Internetseite beschrieben. In die Zuständigkeit des Vereins fällt die Integrative Kindertagesstätte in Singhofen sowie die Netzwerkstelle Inklusion. In der Verantwortung der Lebenshilfe Rhein-Lahn gGmbH liegen der Fachdienst für Integrationspädagogik sowie der Familienunterstützender Dienst.

Die 30 Orts- und Kreisvereinigungen der Lebenshilfe in Rheinland-Pfalz sind unter dem Landesverband zusammengeschlossen. Dieser Dachverband habe keinerlei Direktionsrechte oder Prüfrechte gegenüber seinen Mitgliedsorganisationen, erklärt Landesgeschäftsführer Matthias Mandos und ergänzt: „Die aktuellen Ereignisse kommen für uns überraschend.“ Am Freitag habe er davon erfahren. Deshalb könne er auch noch nicht sagen, wie es mit der Arbeit der Lebenshilfe oder auch den Mitarbeitern weitergehe. Hier müsse er erst einmal selbst Informationen einholen.

Top-News aus der Region