Auch Trauungen in Diez
Spontan heiraten an 30 Standorten
Julia und Mike Schmitz lassen sich in derselben Kirche in Diez segnen, in der sie vor 13 Jahren heirateten.
Till Kronsfoth

Eine spontane Hochzeit ohne Vorbereitungsstress und Brimborium. Das konnten Kurzentschlossene am vergangenen Wochenende im Rhein-Lahn-Kreis erleben. Auch in Diez kam das Angebot gut an.

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Die weißen Luftballons vor der Jakobuskirche in Diez werden an ihren langen Bändern heftig vom Wind herumgewirbelt. Zeitweise scheint es, als sei Petrus sich nicht sicher, ob er den 13 Paaren, die sich an diesem Wochenende vor dem Gotteshaus einfinden, um sich spontan trauen oder segnen zu lassen, einen Regenschauer schicken oder sie mit Niederschlägen verschonen soll. Am Ende haben die Paare Glück im Unglück. Trotz dichter grauer Wolkendecke bleibt es bei wenigen kurzen Nieselschauern.

Einfach heiraten ohne Anmeldung

„Ich bin selbst Mitglied im Kirchenvorstand, und als wir begannen, die Aktion zu planen, dachte ich: ‚Das ist eine coole Sache, da machen wir auch mit‘“, lacht Julia Schmitz. „Gottes Segen ist mir wichtig. Begleitung, Glück und Zuversicht sind Dinge, die nie schaden können“, ergänzt ihr Mann Mike. Auch sie werden ihre Ehe heute segnen lassen.

Statt einer lang geplanten Hochzeitsfeier konnten sich Paare am Samstag und Sonntag in zahlreichen Gemeinden der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) spontan trauen lassen. An 30 Standorten in Hessen und Rheinland-Pfalz standen Pfarrer und Prädikanten bereit, um Paare kirchlich zu verheiraten oder sie und ihre Beziehung zu segnen.

„Die Paare haben mir im Vorfeld gesagt, dass sie es eher klein halten und nach der Trauung mit ihren Liebsten unter sich sein wollen, im Kontrast zur großen Hochzeitsfeier.“
Pfarrerin Maike Kniese

Rund um den 25. Mai 2025 fand die Aktion „einfach heiraten“ zudem an einem einprägsamen Datum statt. Eine Anmeldung war nicht erforderlich. Lediglich die standesamtliche Trauurkunde, ein Nachweis über die Mitgliedschaft in der Evangelischen Kirche von mindestens einer der beiden Personen und die Personalausweise musten mitgebracht werden. Pfarrerin Margit Zahn vom landesweiten Organisationsteam hat im Vorfeld viele Gespräche mit Paaren geführt, die das Angebot annehmen wollen: „Das sind Paare, bei denen die standesamtliche Trauung schon lange zurückliegt, die gerne im kleinen Rahmen kirchlich heiraten wollen, weil sie den großen Aufwand scheuen oder wenig Geld haben, und gleichgeschlechtliche Paare, die sich vor vielen Jahren haben segnen lassen und nun auch eine kirchliche Trauung wünschen.“

Aus dem halbgeöffneten schweren Holzportal der Jakobuskirche dringen gedämpfte Orgelklänge, als sich Julia und Mike Schmitz vor dem zurückgesetzten Gebäude einfinden. Sie kennen sich seit 20 Jahren, sind seit 13 Jahren verheiratet und haben zwei gemeinsame Kinder im Alter von 13 und 8 Jahren. „Wir haben damals in der Jakobuskirche geheiratet und sind seitdem mit der Gemeinde verbunden“, erzählt Julia Schmitz. Daher war es den beiden wichtig, dass die Segnung ihrer Ehe heute ebenfalls dort stattfindet.

Moderne Form der Kirche

Auch Maike Kniese nahm am vergangenen Wochenende Spontantrauungen vor. „Die Paare haben mir im Vorfeld gesagt, dass sie es eher klein halten und nach der Trauung mit ihren Liebsten unter sich sein wollen, im Kontrast zur großen Hochzeitsfeier“, erläutert die Pfarrerin im Hinblick auf die Motivation der Paare gegenüber unserer Zeitung.

„Früher hat man sich seinen Segen jeden Sonntag in der Kirche abgeholt“, sagt Mike Schmitz. „Diese Aktion ist eine schöne Gelegenheit für die faulen Kirchgänger, sich einen Segen abzuholen“, meint er augenzwinkernd. Den Eheleuten Schmitz ist jedoch wichtig zu betonen, dass in der Jakobuskirche „eine moderne Form der Kirche“ stattfinde. „Starre Abläufe wie früher mit Gottesdienst um 10 Uhr morgens, wenn junge Leute gerade beim Frühstück sitzen, das passt nicht mehr in die Abläufe junger Familien“, sagt Mike Schmitz. „Den modernen Anspruch haben wir auch versucht, bei der Gestaltung des heutigen Tages umzusetzen“, ergänzt seine Frau, die an diesem Tag für die Dekoration verantwortlich zeichnet. Dass ihre Kinder bei der heutigen Segnung ebenfalls dabei sind, war den beiden wichtig. „Wir wollen zeigen, dass wir zusammengehören, denn für eine Ehe braucht man Kraft, und manchmal muss man auch um sie kämpfen“, erklärt Julia Schmitz. Dann erklimmen die beiden die letzten Stufen in Richtung Jakobuskirche und betreten den Sakralbau.

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