Am Ende ging es denkbar knapp aus: Mit zwölf Ja- gegenüber zehn Nein-Stimmen und bei zwei Enthaltungen hat der Lahnsteiner Stadtrat bei seiner jüngsten Sitzung der vom Haupt- und Finanzausschuss empfohlenen Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer B von bisher 540 auf 650 Prozent grünes Licht gegeben – eine Entscheidung, die sowohl Wohngrundstücke als auch unbebaute Grundstücke betrifft. Für gewerbliche Grundstücke beträgt der Hebesatz 1250 Prozent, wobei man von der erst seit Kurzem bestehenden Möglichkeit eines gesplitteten Hebesatzes Gebrauch gemacht hat.
Die Vorgeschichte: Bereits in seiner Sitzung im Januar hatte der Stadtrat vor dem Hintergrund der Grundsteuerreform über eine Erhöhung debattiert, letzten Endes aber am Vorjahresniveau festgehalten. „Dadurch fehlt weit mehr als 1 Million Euro in der Kasse“, so Oberbürgermeister Lennart Siefert in der jüngsten Stadtratssitzung mit Blick darauf, dass die Reform in Lahnstein zu einer Senkung der Grundsteuermessbeträge geführt hat. Der springende Punkt: Um den Haushalt 2025 zu genehmigen, fordert die Aufsichts- und Dienstleistungsbehörde (ADD) mindestens eine sogenannte Aufkommensneutralität – was bedeutet, dass die Stadt in diesem Haushaltsjahr nicht weniger Grundsteuer-B-Einnahmen generieren darf als 2024. Ein Festhalten an den bisherigen 540 Prozent bewertet sie als Steuersenkung, die angesichts des Haushaltsdefizits der Stadt Lahnstein unzulässig ist. Der Haupt- und Finanzausschuss, der zwei Wochen vor dem Stadtrat tagte, hatte dem Druck aus Trier nachgegeben und sich in seiner Empfehlung mehrheitlich auf die genannten höheren Hebesätze geeinigt.
„ Wir halten es für sozial nicht vertretbar.“
CDU-Fraktionschef Günter Groß
So weit die Ausgangslage, die vor allem bei der CDU-Fraktion auf heftige Kritik stieß. „Wir halten es für sozial nicht vertretbar, gerade jetzt – mit steigenden Lebenshaltungskosten, hoher Inflation und explodierenden Mieten – die Bürgerinnen und Bürger weiter zu belasten“, so der Fraktionsvorsitzende Günter Groß in seinem ausführlichen Statement. Der Alternativvorschlag: bei den privaten Grundstücken die bisherigen 540 Prozentpunkte beibehalten und für gewerbliche Grundstücke einen erhöhten Hebesatz von 1000 Punkten einführen. „Unser Ziel ist klar: Wir schützen das Wohnen vor Mehrbelastung. Wir leisten einen substanziellen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung, wie ihn die Aufsichtsbehörde ADD von uns fordert. Und wir gestalten die Grundsteuer reformgerecht – aber auch sozial gerecht“, so Groß, der zudem forderte, anstelle von weiteren Belastungen mögliche Einsparungen ins Visier zu nehmen. Auch wenn der Vorschlag der CDU unter dem Strich zu etwas geringeren Einnahmen als vor der Reform führe, sei er rechtlich zulässig, politisch verantwortbar und vor allem sozial vertretbar, betonte Groß.
Eine Sichtweise, die insgesamt gesehen nicht so recht punkten konnte: Je nach Grundstück sei eine gewisse Mehrbelastung für die Bürger nicht auszuschließen, räumte unter anderem der SPD-Fraktionsvorsitzende Jochen Sachsenhauser ein: „Aber um handlungsfähig zu sein, brauchen wir jetzt einen genehmigungsfähigen Haushalt.“ Letzterer war das ausschlaggebende Argument, nicht nur für die Sozialdemokraten: In seinen Augen sei es „total unangemessen“ und „unanständig“, die Genehmigung zu gefährden, betonte etwa ULL-Michael Buch. Ähnlich äußerte sich auch Reiner Burkard. „Wenn wir bis zum 30. Juni von der ADD keinen Genehmigungsbescheid bekommen, können wir für dieses Jahr auch keine Grundsteuerbescheide mehr verschicken. Dann bricht unser Finanzsystem komplett zusammen“, gab der FBL-Fraktionsvorsitzende zu bedenken und fügte hinzu, man werde dem Vorschlag – wenn auch „mit einigen Tränen in den Augen“ – zustimmen.
„Der Grund dafür, dass wir keinen ausgeglichenen Haushalt haben, liegt ja nicht darin, dass wir das Geld aus dem Fenster schmeißen.“
Paul Arzheimer, Fraktionvorsitzender FBL
Von der CDU-Fraktion mal abgesehen, alle auf Bejahungskurs also? Nicht ganz. „Anstatt den Hebesatz zu erhöhen, hätten wir lieber die eine oder andere Einsparung vorgenommen. Wir werden nicht zustimmen“, kündigte Christopher Hoffmann, stellvertretender Fraktionssprecher der Grünen, an. Wobei er mit „nicht zustimmen“ keine Nein-Stimmen, sondern Enthaltungen meinte.
Mögliche Einsparungen wie die Abschaffungb des Nikolausmarktes – zumindest in dieser Sitzung waren sie ein umstrittenes Thema, als es darum ging, ob man damit einen genehmigungsfähigen Haushalt erzielen kann. „Wir können nicht sagen: Wir sparen irgendwo 100.000 Euro ein und gehen dafür mit dem Hebesatz 20 Prozentpunkte runter“, so Lennart Siefert. „Das macht die ADD nicht mit. Wenn schon, müssten wir 2,5 Millionen einsparen, um auf null zu kommen. Aber die Möglichkeit sehe ich nicht. Die einzige Möglichkeit, die wir haben, besteht darin, die Grundsteuer aufkommensneutral zu gestalten.“
Wie sehr das Thema die Gemüter bewegt, spiegelte sich besonders in Paul Arzheimers Worten wider. Ganz ähnlich wie auch Günter Groß kritisierte der stellvertretende FBL-Fraktionsvorsitzende scharf die Landesregierung, deren ausführende Behörde die ADD ist: „Der Grund dafür, dass wir keinen ausgeglichenen Haushalt haben, liegt ja nicht darin, dass wir das Geld aus dem Fenster schmeißen oder dass der Stadtrat unfähig ist. Er liegt darin, dass die Landesregierung nicht in der Lage ist, die Kommunen so auszustatten, dass sie ihre Aufgaben auch erfüllen können. In der Folge werden die Bürger immer weiter belastet. Ich mache das nicht mehr mit und werde keiner weiteren Steuererhöhung mehr zustimmen.“ Eine knappe Mehrheit der Ratsmitglieder entschied sich anders.
Nikolausmarkt bleibt erhalten
Um Kosten zu sparen, hatte die CDU-Fraktion den Antrag gestellt, den Nikolausmarkt auf dem Salhofplatz, für den 20.000 Euro in den Haushalt eingestellt sind, abzuschaffen. Der Nikolausmarkt sei aber eine wesentliche Bereicherung für das Leben in der Stadt, hielt Oberbürgermeister Lennart Siefert dagegen: „Wenn wir die Möglichkeit haben, Menschen in die Stadt zu locken, die sonst nach Koblenz weiterfahren würden, sollten wir diese Möglichkeit auch nutzen.“ Ähnlich argumentierten unter anderem auch Stefanie Muno-Meier („Eine tolle, erfolgreiche Angelegenheit, da gehen alle hin“) und Paul Arzheimer („Wir sollten diesen Weg weiter beschreiten“). Der CDU-Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt. Der Nikolausmarkt bleibt, soll inhaltlich aber, auch mit Blick auf eine langfristige Senkung der Kosten, weiterentwickelt werden.