Ausstellung "Jahr der Schokolade" in Kloster Bornhofen macht auf Probleme beim Kakaoanbau aufmerksam
So süß, so bitter: Ausstellung im Kloster Bornhofen macht auf Probleme beim Kakaoanbau aufmerksam
Pater Eryk vor einer überdimensionalen Kakaobohne, in der man bequem Platz nehmen kann. Sie wurde extra für die Ausstellung bei einem polnischen Künstler in Auftrag gegeben. Foto: Ulrike Bletzer
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Haben Sie schon mal in einer Kakaoschote gesessen? Nein? Dann haben Sie jetzt einen Grund mehr, das Kloster Bornhofen zu besuchen. Schließlich bietet auf dem dortigen Marienplatz eine solche exotische Frucht genau dazu Gelegenheit – als der Natur nachgebildetes Kunstwerk wohlgemerkt. Was spaßig wirkt, hat eine ernste Botschaft.

Deutlich überdimensioniert ist es, in der Mitte quer aufgeschnitten und im Inneren mit drei – ebenfalls als Kakaoschoten gestalteten – Bänken und einem Tisch bestückt, sodass man bequem darin Platz nehmen kann.

Er habe den polnischen Künstler Michal Kaluzny mit der Skulptur beauftragt, erzählt Pater Eryk, der für den Wallfahrtsort Bornhofen zuständige Guardian des Klosters: „Er ist hierhergekommen, hat sich den Standort und die Umgebung genau angeschaut und das Kunstwerk dann in Polen angefertigt.“ In mehrere Teile zerlegt brachten Michal Kaluzny und zwei Künstlerkollegen die Skulptur schließlich nach Kamp-Bornhofen, wo sie sie wieder zusammenbauten und bemalten – ein echter Hingucker, der jetzt bis zum Ende der Pilgersaison im Oktober den optischen Mittelpunkt des „Jahres der Schokolade“ bilden wird.

Ausstellung zum Jahr der Schokolade

Aber natürlich geht es hier um alles andere als um einen werbewirksamen Gag, den sich ebenso gut die Schokoladenindustrie hätte einfallen lassen können. Das signalisiert allein schon der Untertitel, der das „Jahr der Schokolade“ auf den insgesamt neun Bannern ringsum ergänzt. „Für eine gerechte Welt“ heißt er und lässt erahnen, dass bei dem aus Kakao hergestellten Genussmittel einiges im Argen liegt. „Die Kakaobauern in Afrika und Südamerika bekommen keinen gerechten, ihrer Arbeit angemessenen Preis für ihre Produkte“, sagt Pater Eryk und stellt klar: „Diejenigen, die davon profitieren, sind wir. Ohne diese Ausbeutung könnten wir ja keine billige Schokolade kaufen.“

Das Thema treibt ihn schon lange um, bereits 2020 wollte er ihm die Jahresausstellung widmen. Dann kam Corona, machte Warenlieferungen aus dem Ausland einen Strich durch die Rechnung und ließ aus dem Jahr der Schokolade einfach ein Jahr des Apfels werden. Jetzt allerdings stand dem Vorhaben nichts mehr im Weg: Als Teil seiner Vorbereitung hat Pater Eryk im Januar den westafrikanischen Staat Elfenbeinküste besucht. Hier und in einigen benachbarten Ländern, vor allem in Ghana, werden rund 70 Prozent des weltweiten Kakaos angebaut.

Statt in die Schule gehen afrikanische Kinder zur Arbeit

Zum größten Teil tun dies Kleinbauern in mühevoller Handarbeit. „Ich wollte mir selbst ein Bild von der Situation machen“, sagt Pater Eryk und erzählt von der zwei Mal im Jahr anstehenden Ernte, bei der die reifen Früchte mit der Machete vom Baum geschlagen und aufgeschnitten werden müssen, bevor man die Kakaobohnen herausholen, fermentieren, trocknen und für den Verkauf an Zwischenhändler in Säcke verpacken kann.

Ein großes Problem ist in diesem Zusammenhang die Kinderarbeit. „Die Eltern, mit denen ich gesprochen habe, würden ihre Kinder gern zur Schule schicken. Aber sie haben kein Geld dafür, und die Regierung kümmert sich nicht darum“, berichtet Pater Eryk. „Dazu kommt, dass es in vielen Dörfern gar keine Schule gibt.“ Die Folge: Anstatt Bildung zu erhalten, die so wichtig wäre, arbeiten die Kinder in der Landwirtschaft mit, was häufig, etwa durch das Schleppen zu schwerer Lasten oder den Kontakt mit Pestiziden, auch ihrer körperlichen Gesundheit schadet.

Wie können wir dazu beitragen, dass mehr Gerechtigkeit herrscht?

Pater Eryk vom Kloster Bornhofen

Detaillierte Informationen zu alledem findet man auf den bereits erwähnten Bannern. Sei es die mindestens 3300 Jahre alte Geschichte des Kakaos, sein diffiziler Anbau, die vielen wertvollen Inhaltsstoffe, die unter anderem den Blutdruck senken und die Stimmung heben, oder das zahlreiche Schritte umfassende Verfahren, das aus Kakao köstliche Schokolade werden lässt – hier gibt es viel Wissenswertes zu erfahren.

Die Schokolade sei allerdings nur ein Symbol, betont Pater Eryk: „Für soziale Ungerechtigkeit. Dafür, dass wir in den reichen Industrieländern nur allzu oft auf Kosten anderer Menschen leben.“ Genau davon handeln denn auch die Banner „Kakao und Existenzsicherung“ und insbesondere „Ungerechte Strukturen: Wie können wir dazu beitragen, dass mehr Gerechtigkeit herrscht?“, das Bezug auf die Bibel nimmt. Etwa auf die jahrtausendealte, im Buch Jesaja zum Ausdruck gebrachte Sehnsucht der Menschen, dass jemand kommen und aller Ungerechtigkeit ein Ende setzen möge: „Aber Gott handelt anders. Er schenkt jedem Menschen Freiheit“, heißt es da. „Deshalb trägt jeder Mensch Verantwortung, nach den Maßstäben der Gerechtigkeit zu leben.“

Kloster in Nordspanien stellt fair gehandelte Trüffel und Pralinen her

Was, auf die Schokolade „heruntergebrochen“, bedeuten kann: lieber ein bisschen mehr ausgeben und fair gehandelte Produkte kaufen, bei deren Herstellung auf angemessene Preise, gute Umweltbedingungen, die Einhaltung arbeitsrechtlicher Standards und den Ausschluss von Kinderarbeit geachtet wurde. All das ist zum Beispiel beim „Monasterio de Santa Clara“, einem Klarissenkloster in Nordspanien der Fall, dem ebenfalls zwei Banner gewidmet sind: Aus fair gehandeltem kolumbianischen Kakao stellen die Schwestern unter anderem Trüffel und Pralinen her – einige ihrer Köstlichkeiten sind derzeit im Kloster Bornhofen erhältlich.

Mit der Ausstellung wolle er niemandem ein schlechtes Gewissen machen, betont Pater Eryk und outet sich: „Ich esse ja selbst gern Schokolade. Aber ich möchte die Menschen zum Innehalten und Nachdenken anregen.“ Wie immer bei den von ihm 2018 ins Leben gerufenen Jahresausstellungen, die sich vom Wasser über den Apfel bis zum Salz und, in diesem Jahr, eben zur Schokolade alltäglicher Themen bedienen, um die Besucher für christliche Inhalte und Werte zu sensibilisieren. Zur Kakaoschote XXL und den Bannern kommen, ebenfalls wie immer, Audiostationen mit Meditationstexten und entspannender Musik dazu.

Auf sich wirken lassen kann man das alles jetzt schon. Bis das „Jahr der Schokolade“ auch offiziell an den Start geht, ist es allerdings noch ein bisschen hin. Dafür wird eigens der Chef des Bistums Limburg, Bischof Georg Bätzing, nach Kamp-Bornhofen kommen. Am Mittwoch, 1. Mai, um 10 Uhr leitet er zunächst in der Pilgerhalle ein Pontifikalamt, bevor er auf dem Marienplatz die Ausstellung eröffnet.

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