Einsteigen bitte!
So funktionieren die neuen Limburger Buslinien
Direktverbindungen aus allen Stadtteilen treffen sich am ZOB in Limburg.
Uwe Röndigs

Die Limburger müssen sich umgewöhnen: Der Stadtlinienverkehr wurde Anfang Juli verändert. Der Busverkehr rollt jetzt im Halbstundentakt. Die schicken, neuen Busse sind nun nach Stadtteilen benannt. Aber nicht nur das.

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Ein freundlicher Mann am ZOB West hat alle Hände voll zu tun. Die Nutzer der städtischen Linien haben viele Fragen. Sie suchen ihren Einstieg, ihren Anschluss, wollen noch mal sichergehen. Die großen Fahrplanübersichten am Bussteig sind an diesem heißen Tag Treffpunkt. Männer und Frauen kommen ins Gespräch, beratschlagen. „Es läuft“, sagt der Mann. „Es wird sich einruckeln.“

1. Juli. Tag eins des neuen Limburger Stadtlinienverkehrs. Über Jahre haben die Limburger Verkehrsplaner darüber gebrütet, jetzt rollt der Busverkehr nach neuem Muster. Im Halbstundentakt. Die schicken, neuen Busse sind nach den Stadtteilen benannt. Sogar ein bisschen Hessisch darf es sein: „Dickerisch“ steht auf einem – mal sehen, was Ortsfremde dazu sagen werden und ob es ihnen bei der Orientierung hilft.

Sie sind aber auch nicht unbedingt die ersten Adressaten der „Öffi-Revolution“ in Limburg. Es sind eher die Limburger – und besonders die in den Stadtteilen – die mitgenommen werden sollen auf ihre Innenstadttour. Das ist die Botschaft: Lass das Auto stehen, verstopfe nicht die Straßen in der Innenstadt. Steig in den Bus ein, der dich überall hinfährt.

Stanke: Ein Meilenstein in 15 Jahren Arbeit

Es ist der große Tag von Michael Stanke (CDU). „Ich bin jetzt 15 Jahre als Erster Stadtrat und Betriebsleiter der Stadtlinie im Amt. Ich muss sagen, die Erweiterung und der damit verbundene Qualitätssprung sind ein absoluter Höhepunkt in diesen 15 Jahren“, verdeutlichte er den persönlichen Stellenwert des erweiterten Stadtlinienverkehrs.

Ein gutes Konzept braucht Fakten, die den Nutzen für die Verbraucher deutlich machen. Hier sind sie: Direktverbindungen in alle Stadtteile ohne Umstieg, verlässlicher Taktverkehr von Montag bis Freitag, alle 30 Minuten gibt es eine Verbindung, die nun insgesamt 244 Haltestellen in der Stadt garantieren kurze Wege zum und vom Bus. Dazu gibt es dann noch andere Verbesserungen wie kontaktloses Bezahlen mit EC-Karte oder abgestimmte Verbindungen an den zentralen Knotenpunkten. Wer das noch mit einem Abo verbindet wie dem Deutschlandticket, fährt in Limburg mobilitätstechnisch erst einmal völlig frei – oder ist wenigstens um eine wichtige Option mit dem öffentlichen Nahverkehr reicher.

Bus-Nutzer müssen sich am ersten Tag des neuen Taktes noch mächtig umgewöhnen, Infotafeln helfen.
Uwe Röndigs

Mehr als 50 Jahre beschränkte sich die Stadtlinie mit ihren Bussen auf Fahrten in der Kernstadt, also in Limburg. Nun geht es auch nach Ahlbach, Dietkirchen, Eschhofen, Linter, Lindenholzhausen, Offheim und Staffel. „Das ist mehr als eine Verdoppelung der Verkehrsleistung und bedeutet eine massive Verbesserung der öffentlichen Mobilität“, urteilt Stanke. Die Linien wurden neu abgezirkelt. Und es wurde sichergestellt, dass am ZOB bei einer solchen Ausweitung der Taktung kein Stau entsteht. „Wir haben gemerkt, wenn wir den ÖPNV in der Stadt stärken wollen, dann müssen wir das selbst machen, denn sonst macht es keiner“, sagte Stanke. Ob Kinder und Jugendliche oder Senioren – das Angebot mache viele selbstständiger.

Stadtverordnetenvorsteher Stefan Muth (CDU), selbst Stadtteilbewohner, zeigt sich froh darüber, dass die Stadtlinie nun ihrem Namen gerecht wird und in der ganzen Stadt unterwegs ist. „Die Stadt leistet sich das bewusst und schließt damit Lücken, wo der Kreis nicht da ist“, konnte sich Muth einen Seitenhieb nicht verkneifen.

Hahn: Ohne Busse noch mehr Autos in der Stadt

Auch Hahn bekräftigte, dass es sich bei der Stadtlinie um eine freiwillige Leistung der Stadt handele, da sie als Kommune dieser Größenordnung nicht für die Bereitstellung des ÖPNV zuständig ist: „Doch ohne ÖPNV und ohne Stadtlinie wären noch mehr Autos in der Stadt, das will ich mir gar nicht vorstellen.“

Manche freiwillige Aufgabe werde dann doch gefühlt zur Pflicht. Hahn zollte der Stadtpolitik seine Anerkennung, denn schließlich stellt sie viel Geld zur Verfügung. In diesem Jahr sind es über 2,2 Millionen Euro, im nächsten Jahr dann fünf Millionen.

Optimistisch ist Bürgermeister Marius Hahn (SPD), dass die Unterstützung des ÖPNV über die Gewinnzuweisung des Versorgers EVL auch in den nächsten Jahren gegeben sein wird. Allerdings: Bisher reichten die verschiedenen Einnahmen der Stadtlinie und die EVL-Gewinne, das ÖPNV-Angebot zu finanzieren. Das wird mit der Ausweitung nicht mehr der Fall sein. Über einen Zeitraum von zehn Jahren hat das Paket Stadtlinie ein Volumen von 54 Millionen Euro.

Testen schon mal die neuen Stadtlinien-Busse (von links): Bernd Gässl, Michael Stanke, Marius Hahn und Stefan Muth.
Uwe Röndigs

Wenn die Fahrt mit den Bussen den motorisierten Individualverkehr reduziert, dann hat das auch positive Auswirkungen auf die Schadstoffbelastung in der Innenstadt. Die Grenzwerte werden aktuell zwar eingehalten, Fahrverbote drohen akut nicht, doch die Grenzwerte werden nach unten gehen, davon geht Hahn aus.

Besser, effizienter, nachhaltiger

Besser, effizienter, moderner und nachhaltiger, das sind die Attribute, die Bernhard Gässl dem Limburger Konzept zuschreibt. „In Limburg hat man mutig die Weichen für ein flächendeckendes und sicheres Angebot gestellt in einer Zeit, in der die Situation und die Qualität im ÖPNV vielerorts angespannt ist“, verdeutlichte der Geschäftsführer der Landesgruppe Hessen im Verband der Deutschen Verkehrsunternehmen (VDV). Den Auftrag für die Verkehrsleistung hat sich ein Unternehmen aus der Region sichern können. Limbus-Geschäftsführer Julian Schmitz sieht sich als Dienstleister im Auftrag der Stadtlinie und setzt in den kommenden Jahren auf Verlässlichkeit.

Jetzt heißt es also nur noch: „Einsteigen, bitte!“ Für Muth braucht es in Sachen ÖPNV einen langen Atem: „Das haben wir schon beim ,LahnStar‘ gesehen, er war ein erster Schritt. Es hat geklappt.“

Halt entfällt

Die Haltestelle Ahlbach B49 entfällt wegen des neuen Stadtlinienkonzepts ab Donnerstag, 3. Juli. Die Buslinien LM-15 (Limburg–Rennerod) und LM-46 (Limburg–Waldernbach) fahren Ahlbach also nicht mehr an. Die Stadtlinie bietet

zahlreiche Alternativen.

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