Infektionsfälle in Südhessen lassen bei Behörden, Jägern und Landwirten im Kreis die Alarmglocken schrillen
Seuche rückt näher an den Kreis Limburg-Weilburg heran: Gegen die Schweinepest wappnen
Erster Fall der Afrikanischen Schweinepest in Hessen
Kleine Härchen wachsen auf der Rüsselscheibe eines mit der Afrikanischen Schweinepest infizierten Wildschweins. Im Landkreis Limburg-Weilburg gibt es bisher keine Fälle. Foto: Lino Mirgeler/dpa
Lino Mirgeler. Lino Mirgeler/dpa/Symbolbild

Limburg-Weilburg. Im Kreisveterinäramt sowie bei Jägern und Schweinehaltern im Landkreis Limburg-Weilburg schrillen seit einigen Tage die Alarmglocken: Nachdem im südhessischen Kreis Groß-Gerau sechs Fälle von Afrikanischer Schweinepest (ASP) bei toten Wildschweinen (Stand 24. Juni) entdeckt wurden, wird ein Ausbreiten der gefährlichen Seuche befürchtet.

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„Wir stehen in engem Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen aus Südhessen, sodass wir zeitnah über die aktuelle Entwicklung im Landkreis Groß-Gerau und den angrenzenden Landkreisen informiert werden“, sagt Jan Kieserg, Sprecher der Kreisverwaltung, auf Anfrage. „Unser Amt für den Ländlichen Raum, Umwelt, Veterinärwesen und Verbraucherschutz befindet sich im Austausch mit Landrat Michael Köberle, dem Dezernenten und Ersten Kreisbeigeordneten Jörg Sauer sowie dem Kreisbrandinspektor, um – soweit möglich – schon Vorkehrungen für den Seuchenfall zu treffen., so der Kreissprecher.

Die Sorge kommt nicht von ungefähr: Seit Jahren ist die ASP in vielen Teilen Europas auf dem Vormarsch, wobei es einen Schwerpunkt in Osteuropa gibt. Dort gelten manche Landstriche als regelrecht „durchseucht“, wie Manuel Schneider, Vorsitzender des Jagdclubs Limburg, berichtet. Besonders tückisch: Die für den Menschen ungefährliche, für Wild- und Hausschweine aber meist tödlich verlaufende Seuche könne nicht nur durch den direkten Kontakt von Tier zu Tier übertragen werden, sondern auch durch weggeworfene fleischhaltige Lebensmittel, beispielsweise von Erntehelfern oder Fernfahrern aus Osteuropa, die Reste ihres Wurst- oder Schinkenbrots auf Autobahnrastplätzen in die Natur entsorgen.

Engmaschiges Monitoring

Als weitere Infektionsquelle gelten tote Wildschweine, die sich zuvor mit dem ASP-Virus angesteckt hatten und von Artgenossen gefressen werden, die so für eine Weiterverbreitung des Virus sorgen. Da es keinen Impfstoff gegen das Virus gibt, hilft nur Überwachung, so Schneider. Seit Jahren gebe es unter anderem im Landkreis Limburg-Weilburg ein engmaschiges Monitoring: Sobald Wildschweine bei der Jagd erlegt oder in Wald oder Feld tot aufgefunden werden, folgt eine Blutuntersuchung, um eine mögliche ASP-Infektion festzustellen oder auszuschließen. Die Ergebnisse werden dem Kreisveterinäramt mitgeteilt – bisher mit durchweg negativem Befund.

Zum Glück, wie auch Marco Hepp, Geschäftsführer des Kreisbauernverbands Limburg-Weilburg bestätigt. Denn vor allem Schweinezucht- und Mastbetriebe wären durch die Afrikanische Schweinepest gefährdet. Zwar sei die Bedeutung der Schweinehaltung im Kreis Limburg-Weilburg in den vergangenen Jahrzehnten deutlich rückläufig gewesen, doch noch immer gebe es etliche größere Betriebe, für die ASP eine enorme wirtschaftliche Einbuße darstellen würde. Manuel Schneider spricht sogar von einer Katastrophe für betroffene Betriebe. Ein Trost: Infektionen von Hausschweinen kommen in Deutschland praktisch nicht vor: In diesem und im vergangenen Jahr wurde lediglich jeweils ein Fall gemeldet. Allerdings sei es wichtig, schon jetzt Vorsorge zu treffen, sagt Hepp, zumal das ASP-Virus auch indirekt übertragen werden kann, sei es durch Fahrzeuge, Jagdausrüstung, landwirtschaftliche Geräte und Kleidung. Beim Betreten von Schweineställen müsse daher streng desinfiziert werden; dasselbe gelte für Fahrzeuge oder auch Futtermittel und Einstreu. Hepp zeigte sich „guten Mutes“, dass es nicht zum Schlimmsten kommen und es gelingen wird, den ASP-Ausbruch im Kreis Groß-Gerau in den Griff zu bekommen.

Kilometerweit auf Wanderschaft

So sieht es auch Jägerchef Manuel Schneider: Sämtliche bisher festgestellten Infektionen seien in der Kernzone des Gefährdungsgebiets aufgetreten. Zudem sei das Gelände von mehreren Autobahnen umschlossen, sodass es sich mit Schutzzäunen gut abriegeln lasse. Eine Maßnahme, die auch unbedingt notwendig sei: „Wildschweine können bis zu 50 Kilometer zurücklegen – täglich.“ Und da nicht alle Tiere nach einer Infektion verenden, sei es durchaus möglich, dass sie das Virus in weiter entfernt gelegene Gebiete tragen. „Groß-Gerau war für uns ein Schreckmoment“, sagt Schneider. Auch wenn noch nicht klar sei, ob die Gefahr denn wirklich zugenommen habe. Aufgrund von sogenannten Sprunginfektionen, hervorgerufen durch weggeworfene Lebensmittel, müsse ohnehin mit ASP-Fällen in bisher nicht betroffenen Landkreisen gerechnet werden.

In jedem Fall sei es wichtig, gut vorbereitet zu sein, sagt Schneider. Jäger, Bauern und Veterinäramt stünden daher in regelmäßigem Kontakt. Es gebe Schulungen für eine sachgerechte Bergung von Wildschweinkadavern, außerdem werde zurzeit eruiert, ob Drohnen mit Wärmebildkameras zur Verfügung stehen, um tote Wildschweine aufzuspüren. „Man muss schlagkräftig sein, wenn ein ASP-Fall auftritt“, sagt Schneider.

Von Rolf Goeckel

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