Kemmenau/Bad Ems
Selbstversuch Bikepark Bad Ems: Von einem, der auszog, den Berg hinabzufahren

In dem Bikepark, der in seine dritte Saison steht, locken zahlreiche Hindernisse mit spektakulären Sprüngen. Archivfoto: Matern

Matern

Kemmenau/Bad Ems. Ich kann es nicht. Diese Erkenntnis steht am Ende meines Ausflugs in den Emser Bikepark. Aber mein Respekt vor den Jungs, die gekonnt die rund 3,8 Kilometer lange Strecke zwischen Kemmenau und Bad Ems bergab fahren, ist stark gewachsen.

Von unserem Redakteur Markus Scheid

Seit drei Jahren fahre ich intensiv Mountainbike. All Mountain beziehungsweise Marathon heißen die Disziplin, die ich eigentlich praktiziere. Das ist so etwas wie Dauerlaufen mit dem Fahrrad. Downhill – also technisch anspruchsvoll bergab fahren – kommt dabei nur am Rande vor. Aber es reizt mich schon seit Längerem, einmal eine professionelle Bergab-Strecke zu fahren. Natürlich in dem Wissen, dass ich mich dabei vermutlich nicht sonderlich geschickt anstellen werde. Für solche Fälle wie mich haben die Erbauer der Strecke um Horst Hohn die sogenannte Chickenline eingerichtet. Diese führt um die schwierigen Stellen herum. Der nicht sonderlich schmeichelhafte Begriff für diese Variante zeigt, dass wahre Profis solche Hilfsmittel natürlich nicht in Anspruch nehmen. Mir ist allerdings bei meinem Selbstversuch von vornherein klar, dass ich die Chickenline vermutlich niemals verlassen werde. Und so kommt es dann auch.

„Northshore 1“ heißt der Streckenabschnitt gleich zu Beginn des Emser Bikeparks. Die rampenartige erhöhte Holzkonstruktion sah auf meinen Trainingsvideos, die ich mir zuvor mehrfach angeschaut hatte, nicht so imposant aus. Und der Absatz – step down genannt – etwa in der Mitte der Konstruktion macht mir auch nicht unbedingt Mut. Erstaunlich, 50 Zentimeter können in der Realität ganz schön viel sein. Meine Wahl fällt also auf die Chickenline. Langsam, sehr langsam, bewege ich mich vorwärts. Im Abschnitt „Nadelwald“ gibt es enge, steile Kehren, Wurzeln und feinen Sand. Ich passiere alles im Schritttempo. Allerdings wissen Kenner der Materie, dass langsam fahren nicht immer die beste Lösung ist. Geschwindigkeit kann helfen, schwierige Passagen auf einer besseren – also einfacheren – Linie zu meistern. Aber mir fehlen schlicht Mut, Technik und auch Übersicht, schneller durch den Park zu rollen. Auch deshalb habe ich für mein Experiment einen Abend mitten in der Woche ausgesucht. In der Hoffnung, dass ich dann auf der Strecke niemanden störe. Trotzdem sind noch einige Fahrer unterwegs – und ich bin bemüht, ihnen nicht als Hindernis im Weg herumzustehen. Den Abschnitt „Gapstrecke“ umfahre ich gleich großzügig über einen der zahlreichen Waldwege, die den Hang ebenfalls durchziehen. Die dort eingebauten Sprünge sind selbst über die Chickenline nichts für mich. Die „Emser Schleuder“ nehme ich dann zu wörtlich. Übermütig fahre ich eine Rampe – „Kicker“ genannt – hoch. Mit genug Schwung kann man an deren Ende aufs Plateau springen und dann weiterfahren. Ich habe weder genug Schwung, noch die Technik für den Sprung. Und so rastet mein Vorderrad oben auf der Rampe hinter der Kante in einem heimtückischen Loch ein – und ich steige unfreiwillig über den Lenker ab. Dank Helm und Handschuhen passiert nichts. Aber Knieschoner wären nicht schlecht gewesen. Das verletzte Ego schmerzt allerdings mehr. Gottseidank ist in diesem Abschnitt außer mir niemand unterwegs, mein Fauxpas bleibt unbemerkt.

Im „Dirtvalley“ und im „Canyonland“, den letzten beiden Abschnitten, fühle ich mich wohler. Die Strecke kommt hier meinen Fahrkünsten entgegen und es kommt tatsächlich so etwas wie „Flow“ auf, es geht mit fließenden Bewegungen und ohne Unterbrechung dahin. Allerdings im Vergleich zu den Könnern immer noch langsam. Kurz vor dem Ende verlasse ich die Strecke und biege auf einen Wanderweg ab. Berghoch auf dieser Waldautobahn bin ich wieder in meinem Element – und schneller unterwegs als eben noch bergab. Markus Scheid

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