„Uns hat der gemeinsame Gedanke getrieben, das Tal voranzubringen“, erinnert sich Günter Kern, vor 20 Jahren Landrat des Rhein-Lahn-Kreises, als er mit seinem Amtskollegen Bertram Fleck vom Rhein-Hunsrück-Kreis den Vorsitz für den neu gegründeten Zweckverband Welterbe Oberes Mittelrheintal (ZV WOM) übernahm. Keine leichte Aufgabe, schließlich wollte man das Tal, in dem zwei Bundesländer und fünf Landkreise vereint sind, auf eine Linie bringen. Das war vor genau 20 Jahren, weshalb der Zweckverband nun zum großen Geburtstagsfest geladen hatte. Natürlich auf einem Schiff, der „Rhein Dream“, um – klar – das Tätigkeitsfeld aus allernächster Nähe zu betrachten, aber auch auf die vergangenen 20 Jahre zurückzublicken.

An Bord wurden 160 geladene Gäste mit dem aktuellen Welterbewein aus St. Goar verköstigt, darunter zahlreiche Weggefährten aus Politik, Kultur und Gesellschaft, aber auch Kommunal- und Landespolitiker, die sich die Sause nicht entgehen lassen wollten. Verbandsvorsitzender Volker Boch zeigte sich sichtlich gut gelaunt angesichts der zahlreich erschienenen Gratulanten, bat jedoch, bevor der Laudatioreigen losbrach, zu einer stillen Gedenkminute an den kürzlich verstorbenen Karl Ottes. Der Lorcher hatte sich seit mehr als 50 Jahren für den Mittelrhein engagiert und gehörte als Welterbe-Dezernent des Rheingau-Taunus-Kreises 16 Jahre lang zum Vorstand des ZV WOM. Anschließend blickte Boch auf zahlreiche erfolgreiche Projekte, die man als Zweckverband angestoßen habe, wie das Aufsetzen eines einheitlichen Welterbemanagements, ein Corporate Design mit Wiedererkennungswert sowie verschiedene Initiativen für Bildung und Kultur, nicht ohne die „kleinen“ wie die Mittelrheinkirsche oder die Welterberose zu vergessen.

Natürlich stehe man auch vor Herausforderungen wie der Belastung durch Bahnlärm oder auch der Problematik der Sichtachsen beim Windkraftausbau. „Aber natürlich freuen wir uns sehr auf das zentrale Projekt, das unsere Region in den kommenden Jahren begleiten und voranbringen wird: die Bundesgartenschau in vier Jahren“, blickte Boch voraus. Das bekräftigte auch Innenminister Michael Ebling, der in der Buga 2029 eine Jahrhundertchance sieht. Deshalb appellierte er auch an die Akteure im Tal, die Region zu stärken, „indem wir nicht auf Länder- und Kreisgrenzen schauen. Das Mittelrheintal zu fördern, ist ein schönes Ziel – nicht nur für die Besucher, auch für die eigene Heimat“, so der Minister, worin er sich mit Ingmar Jung, hessischer Umweltminister, einig war.

Erfrischend entspannt plauderten anschließend die beiden Exlandräte und lange Weggefährten Kern und Fleck über alte Zeiten, berichteten von skurrilen Diskussionen, harten politischen Kämpfen, aber auch von dicken Banden, die über den Rhein hinweg geknüpft wurden – stets mit dem Gedanken im Fokus, „dieser Zweckverband dient der Gemeinschaft“, brachte es Fleck auf den Punkt. Umso deutlicher fiel auch Kerns Appell an die Akteure aus, die heute am Steuer sitzen und die Geschicke im Tal lenken: „Wir haben immer Parteipolitik vermieden und sind damit gut gefahren. Lasst die Parteipolitik in diesem Tal sein. Dann bringen wir unsere Region in eine gute Zukunft.“
Damit den Gästen, die froh waren, es trocken an Bord geschafft zu haben, nachdem den Vormittag über ein Gewitter übers Tal hinweggefegt war, nicht zwischen den Anekdoten und Lobesreden langweilig wurde, hatte das Team des ZV ein Rahmenprogramm gestaltet, das recht untypisch ausfiel. Als Moderator hatte man Karl-Heinz Helmschrot engagiert, der den Zweckverband auch in Kulturprojekten begleitet. Mit Jonglage und Komik lockerte er das Programm auf, blieb jedoch zur Überraschung einiger Gäste dem Thema Welterbe oder Mittelrhein recht fern. Auch Anuraj Sri Rajarajendran, Deutscher Poetry Slam-Meister, brachte zwar ein emotional beeindruckendes Stück Lyrik mit, aber auch dieses wirkte etwas fremd in Anbetracht des Anlasses.

Allein der Künstler Michael Apitz, der schon einmal ein augenzwinkerndes Kunstwerk über den Zweckverband schuf und aus dessen Feder Uwe, eine Smaragdeidechse mit Welterbelogo auf dem Rücken und gleichzeitig Maskottchen des Mittelrheintals, stammt, hielt im Rahmenprogramm den Star des Tages in Ehren: das Mittelrheintal. Dieses blieb auch wegen des etwas zu straff ausgefallenen Programms während der zweistündigen Schiffsfahrt etwas zu wenig beachtet, auch wenn viele Gäste zwischendurch die Gelegenheit ergriffen, um ein paar Sonnenstrahlen und einen weiten Blick ins Tal an Deck zu erhaschen. Umso wichtiger, dass der ZV das Welterbetal wie gewohnt in den kommenden 20 Jahren weiterhin in den Fokus seiner Arbeit stellt.