„Und jetzt kommt der Moment, auf den Sie den ganzen Abend gewartet haben: Sie dürfen Ihre Handys wieder einschalten.“ Der ironische Schlusspunkt, den Jonas Manuel Pinto, Musiklehrer am St. Goarshausener Wilhelm-Hofmann-Gymnasium, da setzte, passte. Schließlich ging es in dem Stück „Dystopia“, das „seine“ Musical-AG gerade auf die Bühne gebracht hatte, genau darum: um die krankhafte Fixierung auf Smartphone und Co., um das Abtauchen in eine digitale Welt – kurz, um die immer mehr um sich greifende Online-Sucht und damit um ein brandaktuelles gesellschaftliches Problem.
Stimmung verdüsterte sich zusehends
Wobei es in der Loreleyhalle erst einmal ganz „harmlos“ anfing: Einer Tradition der Musical-Aufführungen folgend, eröffnete der Orientierungsstufenchor das Geschehen, begeisterte unter anderem mit Nenas „99 Luftballons“ – und stimmte mit diesem fröhlichen Vorprogramm so gar nicht auf das nun Folgende ein. Denn die Stimmung verdüsterte sich zusehends, als immer mehr Handy-Junkies die Bühne stürmten, tippten, wischten und scrollten, als gehe es um ihr Leben („Bei diesen coolen Videos hier kann man einfach nicht widerstehen“), und sich keine größere Katastrophe vorstellen konnten, als irgendwelcher obskurer Online-Bonuspunkte verlustig zu gehen.
Gelungene Tanzeinlagen sind das i-Tüpfelchen
Denn auf diese Bonuspunkte, so die von Jonas Manuel Pinto ersonnene Handlung, hat es eine fremde Macht abgesehen, die in den „Space“ der Community eingedrungen ist. Nur eine macht nicht bei diesem absurden Spiel: Tara (Tara Eckert), die gar kein Handy, dafür aber im Gegensatz zu allen anderen, die nur „User A bis R“ heißen, einen Namen besitzt – und prompt in den Verdacht gerät, der Eindringling zu sein. Wie sie vor ein Tribunal gestellt wird, die Community schließlich aber ihre Unschuld erkennt und die wahren Täter findet – all das brachten die Jugendlichen mit unübersehbarem schauspielerischem Talent auf die Bühne. Und mit Musikalischem sowieso: Vom Udo Jürgens‘ „Aber bitte mit Sahne“ (im Solo gesungen von Johannes Merz) bis hin zu Titeln von Elton John und Taylor Swift begeisterten sie mit zahlreichen Songs – und setzten mit ihren Tanzeinlagen das i-Tüpfelchen obendrauf.

Allerdings: Ein Happy End hatten sie nicht zu bieten. Sonst wäre die „Dystopie“, also die negative Zukunftsvision, keine gewesen. User A bis R bleiben ihrer Sucht verfallen. Und die Erwachsenen im Publikum? Die durften endlich wieder ihre Handys einschalten.
Die Mitwirkenden im Überblick
Sie alle trugen zum Gelingen bei: Schauspieler und Tänzer: Tara Eckert (Tara) sowie als User A bis R Helena Bär, Lilly Born, Anna Maria Dienst, Eléni Fox, Nila Grabowski, Emilie Grundel, Paul Henß, Jonathan May, Carolina Merz, Johannes Merz (Sologesang), Liv Marit Müller, Lucy Nagel, Sophie Obel, Emelie Oppenhäuser, Charlotte Salzig, Annabelle Schmitz und Anastasia Wenn; Gitarrist: Michael Herden; Choreografie: Tamara Schmidt (Einstudierung: Anna Maria Dienst, Emelie Grundel, Carolina Merz, Charlotte Salzig und Anastasia Wenn); Orientierungsstufenchor: Amina Alyounis, Emilia Anders, Anni Becker, Hanna Bidon, Olivia Block, Fiona Bonn, Jasmin Eckert, Jonas Fetz, Ina Hamm, Chiara Haupt, Paolina Haupt, Vincent Hehner, Simeon Irblich, Niklas Lange, Philipp Merz, Marie Opel, Adriana Pracht, Aliana Pracht Amelie Spieß, Anna Staudt, Amelie Stöß und Leni Strobel; Technik-AG unter der Leitung von Arkadios Jan Anders und Michael Herden: Lennard Lübke, Denis Marinescu, Jonas Maus, Simon Maus, Aron Saewert und Amar Sakovic; Bühnenbauer unter der Leitung von Fabian Zorn: Luis Becker, Tim Heuser, Marlon Hofmann, Julian Koch, Felix Mager, Finn Solbach, Philipp Wolf, Jan Zimmermann und Henri Zöller; Bühnenbild unter der Leitung von Helena Heibel: Klara Greupner, Emma Mac Lachlan, Ajlin Sakovic, Rania Sobotta, Leonie Spormann, Elina Sümnig, Romy Verdier, Fiona Weber, Yu Yun-Chen und Valentino Zeidler; Plakat- und Eintrittskartenentwurf: Valentino Zeidler (unter der Leitung von Helena Heibel); Handlung, Regie, Einstudierung und Gesamtleitung: Jonas Manuel Pinto.