Noch ist er eingerüstet, aber es zeichnet sich langsam ein Abschluss der sehr umfangreichen Sanierung des Bad Emser Quellenturms ab. Bei einem Besuch des markanten Bauwerks wird deutlich, warum die Arbeiten noch andauern: Im Inneren und außen am Dach laufen zurzeit noch verschiedene, teils sehr zeitaufwendige Maßnahmen.
„Inzwischen befindet sich die goldene Spitze wieder auf dem Turm“, berichtet Projektleiter Michael Saal von der Staatsbad Bad Ems GmbH zu dem, was sich für alle erkennbar getan hat. Die Dachdecker sind mit dem Einschiefern beschäftigt. „Dort sind etwa zwei Drittel fertig“, hebt Michael Saal zu den Dacharbeiten hervor. „Parallel werden gerade die Fenster an den Gauben und anschließend auch alle weiteren Fenster in Eigenregie von den eigenen Mitarbeitern gefertigt, das spart Kosten“, berichtet Michael Saal. Nach Abschluss der Arbeiten am Kegel steht ein schrittweiser Rückbau von Gerüstteilen auf dem Programm, anschließend können sich die Arbeiter die neue Fassade des Gebäudes aus dem Jahr 1907 vornehmen.
„Wir erleben gerade auch einen stetigen Lernprozess über artesische Quellen.“
Projektleiter Michael Saal zu den natürlich austretenden Quellen.
Vor einem Gang in die obere Abteilung ging es aber zunächst am unteren Zugang in den Quellenturm, in dessen Inneren sich weiterhin ein wahres Gewirr von Leitern, Gerüsten und Treppen aller Art befindet. Von der Grundebene aus wirft Michael Saal einen Blick in die Tiefe der Maschinenkammer, wo sich 8 Meter unterhalb des Einstiegs die alte Verrohrung aus den Neuquellen I bis IV der Quellzuläufe mit den dahinter liegenden unterirdischen Reservoiren befinden.
„Im Pflichtenheft steht nach wie vor die Bausubstanz schädigende Feuchtigkeit aus dem Turm und somit die heißen Wässer aus dem Turm herauszubringen. Die artesischen Neuquellen müssen daher wieder beherrschbar und anschließend nutzbar gemacht werden: Mit den komplizierten Arbeiten sind Ingenieure und Hydrogeologen vom Planungsbüro Hydroisothop, die Spezialisten der Brunnenbaufirma Anger‘s Söhne, aber auch die eigenen Mitarbeiter beschäftigt. „Wir erleben gerade auch einen stetigen Lernprozess über artesische Quellen“. Erforderlich dazu sind weitreichende Kenntnisse über die aktuellen Vorgänge im Quellhorizont, dem Verhalten der Arteser und natürlich in den Fassungsbauwerken selbst.

Hier betreiben und überwachen die eigenen Mitarbeiter die derzeit noch komplexe Wasserhaltung und Bewetterung. Letztere ist bei Quellbauwerken ein absolutes Muss: Lüfter mit langen, orangefarbenen Schläuchen sorgen für eine CO2-freie Atmosphäre, um gefahrlos in der Tiefe arbeiten zu können.
Am Boden und an den Wänden der Maschinenkammer haben sich teils meterdick Versinterungen gebildet, mineralisches Material aus den Quellen, das sich über die Jahre in großen Mengen angehäuft hat. Diese mussten mit großer Vorsicht gelöst werden, um in einem ersten Bauabschnitt die Verrohrungen der Quellzuläufe unbeschädigt freizulegen und die Anschlussarmaturen anschließend unter Druck austauschen zu können.

Auch die unterirdischen Reservoire mit einem Fassungsvermögen von über 1500 Kubikmeter wurden inzwischen inspiziert. Nach Tage dauernder Leerung der einzelnen Kammern durch die Techniker der Staatsbad GmbH und von Mitarbeitern von Angers`s Söhne konnten sich deren Bauleiter Andreas Dietrich und Michael Saal in die Tiefe wagen – ähnlich wie Höhlenforscher ausgerüstet mit einer Wathose, wie man sie von Einsätzen am Meer kennt, Helm, Stirnlampe, Rettungsgeschirr und CO2-Melder. Bei der Inspektion in den großen Kammern wurden unter anderem auch Nachbesserungen an dem unterirdischen Bauwerk erkannt, die aus dem Jahr 1926 stammen. Offensichtlich wurden Entlastungsbohrungen getätigt und verrohrt „In einem alten Bautagebuch finden sich sogar die passenden Zeichnungen“, betont Michael Saal zu dem Einstieg in die „Kathedralen“. In den Unterlagen finden sich allerdings keine Erklärungen warum die Rohrsysteme installiert und wie diese Einrichtungen betrieben wurden. So manches bleibt deshalb Theorie. Der Gang in die Tiefe hatte etwas von Zeitreise: „Man wird schon etwas demütig, wenn man sieht mit welcher Ingenieurskunst und welchem handwerklichen Können hier vor gut 100 Jahren gedacht und gearbeitet wurde.
Heute ist vielfach moderne Technik für den Quellenturm im Einsatz. „Ein Monitoring an drei Grundwassermessstellen wurde vor gut einem Jahr eingerichtet und das Verhalten von Grundwässern und Artesern wird aufgezeichnet. Überwacht werden eine ganze Reihe von Parametern, unter anderem auch an den bereits neu installierten Quellzulaufarmaturen. Ausgewertet wird das Ganze durch erfahrende Hydrogelogen. Die eigenen Mitarbeiter wirken dabei ebenfalls mit, wenn mit unterschiedlichen Füllständen der Reservoire künftige Betriebszustände simuliert und das jeweilige Verhalten der Quellen geprüft wird. Die Fachleute brauchen dieses Wissen um im Bauabschnitt 2 eine neue Thermalwasserförderanlage planen und wahrscheinlich im Spätherbst installieren zu können.

Ziel ist, dass das Thermalwasser zur energetischen Nutzung in Bad Ems bereitgestellt wird. „Da macht sehr viel Sinn“, ist sich der Projektleiter sicher. Das Wasser aus den Quellen soll dann künftig Wärmeenergie bringen – in welcher Weise und wo genau steht noch nicht fest.
Ein kleines Abenteuer stellt der Aufstieg ins oberste Stockwerk dar. Teils geht es noch über schmale Gerüstleitern, teils über behelfsmäßige Holzkonstruktionen, teils dann schon über breitere Treppen in den neuen Gitterrostebenen Meter für Meter in die Höhe. Zwischendrin hat man den Blick auf die Stahlträger, die zur Stabilisierung des Turms eingebaut worden sind. Immer wieder wird klar sichtbar, wie sehr die Feuchtigkeit dem Bau zugesetzt hatte. Etliche Risse und Löcher an den Wänden zeigen die Schäden noch an. Oben wird man dann mit einem Ausblick auf Kurhaus, Lahn, die nahe Kaiser-Wilhelm-Kirche und umliegende Wohnhäuser belohnt. „Es gab mal eine Anfrage, hier oben ein Café einzurichten. Das ginge natürlich nicht ohne einen Personenaufzug, der sehr viel Geld verschlungen hätte“, erklärt Michael Saal: „Außerdem gibt es einen zweiten Haken: „Massig viel Platz für ein Café mit Sitzplätzen haben wir hier nicht“. So bleibt der Klettergang bis ganz nach oben einzelnen Besuchen überlassen – und den Dachdeckern, die vom Außengerüst aus mit dem künftigen Dach beschäftigt sind. „Das Eindecken eines Spitzkegels erfordert schon viel handwerkliches Geschick“, erklärt Michael Saal zu den Schieferarbeiten am abgerundeten Turmdach.
„Ursprünglich wurde dort ein sogenannter Wurfputz aufgebracht – das gibt es heute gar nicht mehr.“
Projektleiter Michael Saal zur Verputzung des Gebäudes
Noch im Lauf dieses Jahres soll der Turm nach langer Sanierungszeit wieder in altem – oder besser gesagt: in ganz neuem – Licht erstrahlen. Dafür stehen allerdings noch die Putz- und Malerarbeiten an der Turmhülle an. Hier fand bislang ein sehr umfassender und konstruktiver Austausch zwischen Planern, Denkmalpflege und Herstellern statt. „Ursprünglich wurde dort ein sogenannter Wurfputz aufgebracht – das gibt es heute gar nicht mehr“, erläutert Michael Saal. Es kostet eben Zeit sich so nah wie möglich an das historische Original herantasten. „Bei dieser Sanierung ist vieles sehr viel kleinteiliger, komplizierter, sehr viel komplexer und deshalb zeitaufwendiger als man das von außen erkennen mag“ resümiert Michael Saal: „Deshalb sind wir froh, mit zuverlässigen Akteuren zusammenzuarbeiten und auch dankbar für das Vertrauen unserer Gesellschafter“.
Erledigt ist inzwischen das Abfahren des Erdaushubs rund um den Turm. Dieser war zwischenzeitlich nötig, weil für die Arbeiten an der Turmspitze große Kräne aufgestellt werden mussten, die einen festen Stand benötigten. Im Juni 2024 wurde die Spitze des Bauwerks per Kran abgehoben und auf den Boden verfrachtet.

Die früheren Schritte bis zum heutigen Zustand des Quellenturms waren mal spektakulär, mal kaum für den Betrachter erkennbar. Nicht nach außen hin sichtbar, aber enorm notwendig waren die Verlegungen der Gerüste im Inneren des Turms, die viel Zeit beanspruchten. Für alle sichtbar waren dagegen die Außengerüste, die sich über 15 Etagen bis hinauf zur Spitze erstreckten. Dort hatten sich dann bei der Demontage der alten Spitze einige Überraschungen ergeben, wie etwa die fest vernietete Wetterfahne, mit der heftig gerungen werden musste. Die alte Turmspitze war deutlich größer und schwerer als zunächst angenommen. Das Loseisen von der Gesamtkonstruktion gelang schließlich, war aber doch ein größerer Kraftakt. Insgesamt stellt die Sanierung des Quellenturms eine große Herausforderung dar, die voraussichtlich in diesem Jahr zum Abschluss gebracht werden kann.