Weinhoheiten an der Lahn
Royaler Besuch auf Stippvisite in Obernhof und Weinähr
Bei einem Spaziergang über den Kippel nach Obernhof genossen Winzer und Weinhoheiten nicht nur die Sonne, sondern tauschten sich auch über Fachfragen aus.
Podewils Monique

Ein Ritterschlag für die kleinen Weingemeinden an der Lahn im Schatten des großen Mittelrheins: Die Deutsche Weinkönigin samt Gefolge vom Mittelrhein und der Pfalz stattete Obernhof und Weinähr einen Besuch ab. Und fand Gefallen.

Für diesen hohen Besuch brauchte es einen richtig großen Bahnhof: Als am vergangenen Samstag gleich sechs Weinhoheiten das Lahntal mit ihrem Besuch beehrten, erwarteten sie neben Vertretern der Vereine Lahn.Wein.Erleben und Mittelrhein-Wein, die zu einem Empfang ins historische Rathaus nach Weinähr eingeladen hatten, auch zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft – darunter Katarina Barley als Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Tanja Machalet als Bundestagsabgeordnete, Uwe Bruchhäuser als Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau, Manuel Liguori als Stadtbürgermeister von Nassau und Oliver Krügel als sein Bad Emser Amtskollege.

Schließlich ging es hier ja auch um was: Den Weinbau an der Lahn, dem bundesweit und auch regional gesehen leider allzu oft nicht die gebührende Aufmerksamkeit zukommt, stärker ins öffentliche Bewusstsein rücken – das war eines der zentralen Ziele dieser Veranstaltung, die in einer gleichermaßen feierlichen wie entspannten Atmosphäre vonstattenging. Ganz entspannt wirkten auch die Majestäten, die, da sie in „Zivil“ erschienen, genau genommen nur an ihren Krönchen zu erkennen waren. Sogar die aus dem Anbaugebiet Pfalz stammende Deutsche Weinkönigin Charlotte Weihl höchstpersönlich hatte es, begleitet von ihren Prinzessinnen Katharina Gräff (Nahe) und Julia Lambrich (Mittelrhein), bis nach Weinähr geschafft. Ihr Besuch hatte indessen einen etwas größeren Rahmen: Die drei bereisten das Weinanbaugebiet Mittelrhein als Ganzes, waren unter anderem auch beim Weingut Bahles in Kaub. Da verstand es sich quasi von selbst, dass auch Mittelrhein-Weinkönig Felix Grün mit seinen Prinzessinnen Johanna Persch und Anna Weinand mit im Boot war.

Ein Gruppenfoto musste natürlich sein: die beiden Vorsitzenden des Vereins Lahn.Wein.Erleben, Christopher Beck (links) und Monique Podewils (rechts), mit den Weinhoheiten (von links) Anna Weinand, Katharina Gräff, Felix Grün, Johanna Persch, Charlotte Weihl und Julia Lambrich.
Podewils-Rauch Oliver

Die Freude darüber war den beiden Vorsitzenden des Vereins Lahn.Wein.Erleben deutlich anzumerken. „Dass Sie alle gekommen sind, ist ein Beleg dafür, welchen Stellenwert der Weinbau an der Lahn besitzt“, betonte Christopher Beck, der Erste Vorsitzende, in seiner Begrüßung, und würdigte die Ehrengäste als „Botschafter, die den Wein auf erfrischend charmante Weise repräsentieren und dabei stets die Verbindung von Tradition und Moderne, von Regionalität und Internationalität verkörpern“. Auch Monique Podewils, die Zweite Vorsitzende, bedankte sich für die von Weinhoheiten und anderen Gästen entgegengebrachte Wertschätzung, die, wie sie es formulierte, „diesen Moment zu einem ganz besonderen machen“.

Das empfanden auch diejenigen, die in der Folge ein Grußwort sprachen, so. Zum Beispiel der Weinährer Ortsbürgermeister Florian Schliemann, der einen Blick weit zurück in die Vergangenheit warf: „Bereits im Jahr 1267 wurden hier die ersten Rebflächen erwähnt“, berichtete er. Zu den besten Zeiten habe es in Weinähr mehr als zehn Weinwirtschaften gegeben: „Die Busse haben Schlange gestanden.“ Ein Hype, von dem der Ort heute nur noch träumen kann: „In Weinähr gibt es keine ortsansässigen Winzer mehr“, bedauerte Schliemann und fügte im nächsten Atemzug hinzu: „Umso wichtiger ist die Gemeinschaft.“ Die wird, was den Rebensaft betrifft, außer mit Lahn.Wein.Erleben unter anderem auch mit dem 2021 gegründeten Verein geweinschaft rund um die beiden Bürgerweinberge in Weinähr und Obernhof sowie mit dem Lahn-Wein-Stieg gepflegt.

Lahn ist klitzekleine Enklave mit Gründungslegende

Man sei stolz auf die Gemeinschaft mit Weinähr, bestätigte der Erste Beigeordnete der Ortsgemeinde Obernhof, Oliver Podewils-Rauch, der in Vertretung für den erkrankten Ortsbürgermeister Volker Rack sprach und unter anderem auf die 2018 endlich ans Laufen gebrachte Flurbereinigung einging, die dem einst blühenden Weinbau durch das Freischneiden brachliegender Flächen von Bäumen und Büschen und das Zusammenlegen kleiner Einzelflächen zu zusammenhängenden und damit sinnvoll nutzbaren Flächen eine zweite Chance gibt. „Nur gemeinsam können wir die Tradition bewahren und weiterführen“, so Podewils-Rauch.

Die Lahn, so viel steht fest, ist kein Weinbaugebiet wie jedes andere. Wer wüsste das besser als Helge Ehmann, Gründer des Weinguts Schreiberlay in Obernhof, und sein Kollege Norbert Massengeil-Beck. Die Lahn sei eine „klitzekleine Enklave mit Gründungslegende“, sagte Helge Ehmann mit Blick auf die Tatsache, dass der Mittelrhein mit seinen 460 Hektar ohnehin schon das kleinste Weinanbaugebiet in Deutschland ist. Ihm sei der Lahnwein 1971 zugeschlagen, in der Folge aber kaum als Teil des Mittelrheins wahrgenommen worden, berichtete Norbert Massengeil-Beck: „Wir haben dicke Bretter bohren müssen. Aber wir haben erreicht, dass es heute heißt: Die Lahn gehört dazu!“

Nicht selbstverständlich: Beide Weingüter haben Nachfolger. Während im Hause Massengeil-Beck Sohn Christopher Beck in den Startlöchern steht, hat Helge Ehmann seinen Betrieb bereits im August 2024 an Wilhelm Süß übergeben. „Wir sind dankbar, dass hier schon so viel bewegt wurde. Das erleichtert uns sehr den Einstieg und ist auch eine wichtige Voraussetzung dafür, dass wir zusammenarbeiten können“, betonte Süß. „Ich bin froh, dass das hier so gut klappt.“

„Der Lahnwein wird künftig eine starke Stimme im Europäischen Parlament haben.“
Europa-Abgeordnete Katharina Barley

Zusammenarbeit, Zusammenhalt, Gemeinschaft – dass diese Begriffe „verdächtig“ oft zu hören waren, fiel auch den Weinmajestäten auf. Zum Beispiel Charlotte Weihl, der amtierenden Deutschen Weinkönigin, die glaubhaft versicherte: „Ich bin dankbar, dass ich den Mittelrhein gemeinsam mit den Winzern noch einmal ganz anders kennen und lieben lernen darf.“ Man werde auf jeden Fall wiederkommen, kündigte auch Mittelrhein-Weinkönig Felix Grün an. Dazu gab’s noch ein positives Signal aus der Politik: „Der Lahnwein wird künftig eine starke Stimme im Europäischen Parlament haben“, versprach Katarina Barley.

Dann ging man sozusagen zum praktischen Teil über. Noch schnell mit den Köstlichkeiten von dem Büfett gestärkt, das der Verkehrsverein Obernhof-Arnstein rund um Andrea Lotz vorbereitet hatte, dann machte sich ein Teil der Besucher samt Weinhoheiten auf den Weg über das Kippelchen nach Oberhof auf. Unterwegs lernten die Ehrengäste das Projekt Bürgerweinberg aus der direkten Anschauung heraus kennen – und bekamen von Karl Friedrich Merz, dem Ersten Vorsitzenden des Vereins geweinschaft, sogar eine Reben-Ehren-Patenschaftsurkunde in die Hand gedrückt. Besuche und persönliche Gespräche in den Weingütern Massengeil-Beck und Schreiberlay rundeten den royalen Tag ab.

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