Das Fazit: Rechnerisch reichen die Möglichkeiten aus, aber künftig werden einige Anlieger wohl längere Wege zu Fuß zurücklegen müssen. Allerdings können einige Bewohner möglicherweise aktiv dazu beitragen, dass dies möglichst wenige betrifft.
Rund 800 Menschen leben in Nassau im Bereich zwischen Obertal und dem Wendepunkt im Kaltbachtal. Auf diesen Bereich legte Verkehrsplaner Patrick Berens zunächst sein Augenmerk, weil dort durch die Sanierung einiger Straßen und den Bau des Betreuten Wohnens in absehbarer Zeit große Maßnahmen anstehen. Genau 502 Stellplätze gibt es nach Zählung der Experten dort. Davon befinden sich 166 in privatem Eigentum, 336 auf öffentlichem Grund und Boden. Von letzteren sind lediglich 20 bewirtschaftet, sprich, man darf dort nur mit Parkscheibe stehen. Hinzu kommen 249 Garagen. Deren hohe Zahl überraschte sogar den Fachmann wie dieser einräumte. „Fast jedes Haus hat eine“, stellte er fest. In eine Bewertung der Stellplatzkapazität gehen diese jedoch nicht ein. Schließlich zeige die Erfahrung, dass viele Garagen eher Ersatz für Keller- und Stauraum sind. Auf wie viele diese Annahme tatsächlich zutrifft, wisse man aber nicht.
Um den Bedarf an Parkraum abzuschätzen, erfasste der Verkehrsgutachter auch, wie viele Betriebe, Läden, Praxen und ähnliche Einrichtungen im jeweiligen Gebiet vorhanden sind, deren Kunden und Mitarbeiter einen Parkplatz benötigen. Für das untersuchte Quartier rund um den Kaltbach ergaben sich 205 Einwohner in der Straße Kaltbachtal, 150 in der Kaltbachstraße sowie 280 in der Hömberger Straße und den nördlich davon gelegenen Straßen. Ein Laden, acht Büros, Dienstleister und Handwerksbetriebe mit knapp 30 Arbeitsplätzen wurden ebenso registriert wie zwei Gästehäuser. Anhand eines standardisierten Verfahrens ermittelte der Planer, dass für die Einwohner in den Mittagsstunden eine Stellplatzbedarf für 95 Fahrzeuge besteht, nachts für etwa 185 Fahrzeuge. Der Bedarf für Kunden im untersuchten Bereich ist mit einem Stellplatz quasi zu vernachlässigen, für Handwerk und Dienstleistungen sind tagsüber etwa 15 Parkplätze notwendig. Für Praxen ist der Bedarf mit 35 Stellplätzen deutlich größer. Das Kulturhaus mit Bücherei, Touristik und Stadtarchiv wird mit 25 nachgefragten Stellplätzen kalkuliert.
Unterm Strich ergibt die Rechnung des Verkehrsgutachters, dass mehr als genug Parkplätze in dem untersuchten Gebiet zur Verfügung stehen. Bei einem Bedarf von 178 Stellplätzen stehen über Tag noch einmal so viele Flächen zur Verfügung. Der nachts höhere Bedarf von fast 200 Plätzen kann nicht nur gedeckt werden. Es besteht im gesamten Gebiet ein Überschuss von 200 weiteren Stellplätzen. Kurz: Es gibt doppelt so viele Stellflächen wie notwendig. Allerdings könnte nach Ansicht des Gutachters im Straßenbild noch mehr „Luft“ sein. Bei den Begehungen stellte man nämlich fest, dass nur wenige private Stellflächen belegt waren. Stattdessen parken offenbar viele Menschen am Straßenrand. Als Gründe nennt der Gutachter Bequemlichkeit und die Tatsache, dass viele Grundstückszufahrten sehr eng sind. Mit einem Appell an die Anlieger, vorhandene private Stellflächen stärker zu nutzen, könne man den im öffentlichen Bereich notwendigen Parkraum reduzieren.
Für die neue Anordnung von Stellflächen nach der Sanierung der Straßen rund um den Kaltbach ist die Erkenntnis, dass generell genug Plätze vorhanden sind, eine wichtige Erkenntnis. So nämlich lassen sich die erforderlichen Plätze versetzt anordnen, um die vom Stadtrat gewünschte Verkehrsberuhigung zu erreichen. Diese sollen dann auf der Straßenoberfläche markiert und das Parken außerhalb der Markierungen verboten werden. Das werde nicht auf Kosten der Stellplatzzahl gehen. „Wir versuchen, den Status quo beizubehalten und die Plätze nur ein wenig umzuorganisieren“, sagte Planer Patrick Berens. Für die Umsetzung zeichnet sich Jutta Schmidt-Eversheim verantwortlich. Die Planerin sieht für die Straßen, in denen derzeit meist nur an einer Seite geparkt wird, wechselseitige Stellflächen vor. Damit soll das Tempo des fließenden Verkehrs gedrosselt werden. In der Tempo-30-Zone werde zudem an Einmündungen durch Haifischzahn-Markierungen auf die Rechts-vor-links-Regelung aufmerksam gemacht.
Für einen Probezeitraum sollen die Stellflächen nach Vorschlag des Ordnungsamtes der Verbandsgemeinde provisorisch mit gelbem Klebeband auf der Fahrbahn markiert werden. So könne nachgebessert werden, wenn sich in der Praxis Probleme offenbaren. Laut Planerin Jutta Schmidt-Eversheim werden künftig in Kaltbachstraße und Westerwaldstraße genauso viele Stellplätze im öffentlichen Raum bereitstehen wie zurzeit. „Es gibt keinerlei Verschlechterung“, sagte sie in der Sitzung des Bauausschusses.