Rechnungshof schreibt deutliche Worte an die Verwaltung der VG Loreley: Finanzprüfer erachten Forstbachstraße 14 als nicht geeignet
Rechnungshof sagt „Nein“ zur Forstbachstraße 14: Aber wo soll die Feuerwehr St. Goarshausen hin?
Für mehr als 150.000 Euro hat die Stadt St. Goarshausen auf Anraten der Verbandsgemeindeverwaltung das Grundstück Forstbachstraße 14 gekauft, damit dort ein neues Feuerwehrgerätehaus gebaut werden kann. Dabei spielt der Landesrechnungshof jedoch nicht mit. Unter anderem seien die Kosten zu hoch. Aber was ist die Alternative? Foto: Markus Eschenauer
Markus Eschenauer

St. Goarshausen/VG Loreley. Wenn der Rat der Verbandsgemeinde (VG) Loreley am Dienstag, 7. Januar, zusammenkommt, steht auch ein Dauerthema auf der Tagesordnung. Und das hat es in sich.

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Für mehr als 150.000 Euro hat die Stadt St. Goarshausen auf Anraten der Verbandsgemeindeverwaltung das Grundstück Forstbachstraße 14 gekauft, damit dort ein neues Feuerwehrgerätehaus gebaut werden kann. Dabei spielt der Landesrechnungshof jedoch nicht mit. Unter anderem seien die Kosten zu hoch. Aber was ist die Alternative? Foto: Markus Eschenauer
Markus Eschenauer

„Sachstandsbericht über das weitere Vorgehen Neubau Feuerwehrgerätehaus St. Goarshausen“ ist in der Bekanntmachung unter nicht-öffentlich aufgeführt. Hintergrund ist ein Schreiben des Landesrechnungshofs – und das dürfte weder der Verwaltung noch der Stadt St. Goarshausen noch den Feuerwehrleuten gefallen. Denn hinter dem Neubau eines Gerätehauses in der Forstbachstraße 14 ist damit das Fragezeichen noch größer geworden.

Post aus Speyer kann für Kommunen nichts Gutes bedeuten. Dort hat der Landesrechnungshof seinen Hauptsitz. Dort wirft die oberste Finanzprüfungsbehörde in Rheinland-Pfalz einen Blick auf die Haushaltsführung der Gemeinden. Auch das geplante Feuerwehrgerätehaus auf dem Grundstück Forstbachstraße 14 in St. Goarshausen beschäftigt den Landesrechnungshof schon seit einiger Zeit – und intensiv.

Versehen mit dem Datum 9. Dezember schickte die Prüfbehörde nun ein Schreiben hinauf ins Welterbetal. Adressat war Bürgermeister Werner Groß. Abdrucke gingen an das rheinland-pfälzische Innenministerium, die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), die Kreisverwaltung und die Stadt St. Goarshausen. Außerdem bat der Landesrechnungshof in dem Brief darum, das Schreiben inklusive Anlagen dem Verbandsgemeinderat bis zur nächsten Sitzung zur Kenntnis zu geben. Eine Sondersitzung mit Fraktionsvorsitzenden und Beigeordneten im VG-Rat war bereits kurz vor Weihnachten einberufen worden.

Auf fünf Seiten geht die Prüfbehörde auf den Erwerb und den Wert des Grundstückes Forstbachstraße 14 ein, analysiert die Planung eines neuen Feuerwehrgerätehauses an dieser Stelle und erläutert die möglichen Alternativen. Die abschließende Bewertung ist eindeutig:

„Die vorgesehene Planung verstößt gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Aus diesen Gründen ist auch eine Förderung der Baureifmachung des Grundstücks Forstbachstraße 14 und eines darauf geplanten Neubaus eines Feuerwehrgerätehauses nicht vertretbar. Aufgrund des rechtswidrigen Erwerbs des Grundstücks Forstbachstraße 14 und des nichtigen Kaufvertrags ist nach Auffassung des Rechnungshofes eine Rückabwicklung geboten.“ Seit Jahren schon soll die St. Goarshausener Feuerwehr ein neues Gerätehaus bekommen. Der aktuelle Standort ist untragbar – in dieser Sache sind sich alle Beteiligten einig. Die entscheidende Frage ist: Wo? Einen möglichen Standort und damit die Hoffnung auf einen Neubau hatte man in der Forstbachstraße 14 gefunden. Doch geht es nach der Einschätzung des Landesrechnungshofs, ist die Sache klar: Die Forstbachstraße 14 sollte es aus mehreren Gründen nicht sein.

Was aus dem Gelände in der Forstbachstraße 14 wird, ist aktuell überhaupt noch nicht klar. Foto: Markus Eschenauer
Markus Eschenauer

Im Zuge der Prüfung der Standortwahl und der Planung hat die Finanzprüfungsbehörde nach eigenen Angaben wiederholt Bedenken gegenüber der Forstbachstraße 14 dargelegt. Auch für Bürgermeister Groß kam die schriftliche Einschätzung des Rechnungshofs nicht überraschend. Andeutungen in die Richtung seien vor einiger Zeit bereits bei einem Besuch in Speyer gemacht worden. Es sei von Beginn an klar gewesen, dass der Standort kein einfacher ist, betont Groß, aber es gebe keine grüne Wiese, es gebe keine Alternative. Mit der Forstbachstraße 14, im Zusammenspiel mit der Städtebauförderung, habe man eine geeignete Lösung gefunden. „Das wird jetzt kaputtgemacht“, sagt Groß – und zwar ohne einen Ausweg aufzuzeigen.

Was bemängelt der Landesrechnungshof konkret? Die Vorbehalte gegen den Standort Forstbachstraße 14 werden unter drei Punkten zusammen.

1Grunderwerb Forstbachstraße 14: Im Februar 2012 gab die Verbandsgemeindeverwaltung Loreley ein Gutachten über die Baureifmachung des Grundstücksstücks Forstbachstraße in Auftrag. Dieses wies Kosten von 820.000 Euro aus. In dem Gutachten hieß es bereits damals: „Die unregelmäßige Grundstücksform des Flurgrundstücks verringert die Bebaubarkeit und erschwert somit die Planung eines Neubaus. Aufgrund dessen und der zusätzlichen Problematik mit der Bachüberbauung sowie der Stützwandsanierung ist es somit fraglich, ob ein Feuerwehrgerätehaus an dieser Stelle realisierbar ist.“ Der Rechnungshof zitiert hier aus Seite 8 und erklärt anschließend: „Gleichwohl hielt die Verbandsgemeindeverwaltung an dem Standort fest.“

Bis August 2016 verdoppelten sich laut Rechnungshof die Kosten für die Baureifmachung auf 1,6 Millionen Euro. Beraten von der VG kaufte die Stadt St. Goarshausen das Grundstück am 21. November 2016 zum Preis von 155.000 Euro. Seitdem sind die Kosten für die Baureifmachung weiter gestiegen. Zusammen mit dem Kaufpreis für das Grundstück kommt man laut Rechnungshof auf rund 2,2 Millionen Euro. Nimmt man jetzt den aktuellen Bodenwert zur Hand, wird es spannend: „Danach würde einem Aufwand von 2,2 Millionen Euro ein baureifes Grundstück mit einem Wert von rund 50.000 Euro gegenüberstehen.“

Die Verbandsgemeindeverwaltung ging davon aus, dass die Baureifmachung zu 90 Prozent vom Land gefördert wird, da sich das Grundstück in einem städtebaulichen Sanierungsgebiet befindet. Dazu schreibt der Rechnungshof: „In einem städtebaulichen Sanierungsgebiet darf nach Paragraf 153 Absatz 1 und 3 Baugesetzbuch kein höherer Kaufpreis als der sanierungsunbeeinflusste Verkehrswert vereinbart werden. Nach Ansicht des Rechnungshofes hat die VG jedoch versäumt, den Verkehrswert des Grundstücks ordnungsgemäß zu ermitteln. Bereits 2013 war offenkundig, dass die Forstbachstraße 14 mit hohen Verlusten verbunden sein würde. Dieses Ergebnis teilte der Gutachterausschuss damals in einer Stellungnahme mit. Bestätigt wurde diese Einschätzung im Frühjahr dieses Jahres: „Der Gutachterausschuss hat das Grundstück am 3. Mai 2019 mit einem symbolischen Wert 1 Euro bewertet. [...] Tatsächlich weist das Objekt Forstbachstraße 14 sogar einen negativen Ertragswert von 15.970 Euro auf.“ Die Verbandsgemeindeverwaltung beziffert den Wert laut Schreiben vom 8. August 2019 auf 153.000 Euro. Dies ist laut Rechnungshof jedoch nachvollziehbar widerlegt worden. Demnach bleibt es beim Verkehrswert von 1 Euro. Ob sich der Wert des Grundstücks durch eine Sanierung erhöht, spiele dabei keine Rolle. „Entscheidend ist, dass kein höherer Kaufpreis als der sanierungsunbeeinflusste Verkehrswert gezahlt werden darf.“ Für den Rechnungshof ist somit klar, dass der Erwerb der Liegenschaft rechtswidrig war und der Kaufvertrag nichtig ist.

Fest steht – und da sind sich alle einig: Die Feuerwehr St. Goarshausen benötigt ein neues Gerätehaus. Die Zustände in der Dolkstraße neben dem Verwaltungsgebäude sind nicht tragbar. Fotos: Markus Eschenauer
Markus Eschenauer

2Planung des Feuerwehrgerätehauses: Bereits im Februar 2012 hatte ein Ingenieurbüro infrage gestellt, ob sich das Grundstück Forstbachstraße 14 für ein neues Gerätehaus eigne. Grundstücksform, eingeschränkte Bebaubarkeit, Problematik der Bachüberbauung und Stützwandsanierung führt der Rechnungshof auf. Bei der späteren Planung tauchen all diese Probleme wieder auf und verursachen unter anderem Bauwerkskosten, die 40 Prozent über dem Durchschnitt liegen. Der aufgegliederte Bau führe außerdem zu höheren Betriebs- und Unterhaltungskosten. Darüber hinaus weise der Entwurf zahlreiche funktionale Probleme auf, und die Planung verstoße in Teilen sogar Anforderungen an Feuerwehrgerätehäuser (DIN 14092) sowie gegen Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Rechnungshof nennt Beispiele:

  • An- und Abfahrtswege der Feuerwehrfahrzeuge kreuzen Zufahrten zu den Parkplätzen der einrückenden Wehrleute.
  • Zufahrt zu vier Parkplätzen führt direkt am Haupteingang vorbei.
  • Oder auch: Drei Feuerwehrfahrzeuge werden beim Ausrücken durch Stützmauern behindert.

Im abschließenden Satz zu diesem Punkt macht der Landesrechnungshof deutlich, dass an dieser Stelle kein Gerätehaus gebaut werden sollte: „Die Weiterverfolgung des vorliegenden Entwurfs mit den unvertretbar hohen Kosten für die Baureifmachung, den zu erwartenden hohen Bau-, Betriebs- und Unterhaltungskosten sowie den funktionalen Mängeln steht nicht im Einklang mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.“

3Alternativen: „Im Zuge der planungsbegleitenden Prüfung haben das Ministerium des Innern und für Sport, die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion sowie der Rechnungshof der Verbandsgemeinde zwei Alternativen zum Standort Forstbachstraße 14 aufgezeigt“, heißt es in dem Schreiben. Beide, in der Vergangenheit bereits diskutiert, werden noch einmal erläutert. Die erste Variante sah die Beibehaltung von zwei Standorten vor. Dabei sollte die Wache in Wellmich saniert und in St. Goarshausen ein Neubau auf dem ehemaligen Bauhofgelände realisiert werden.

Eine vorgeschlagene Alternative vonseiten des Landesrechnungshofs: Ein Neubau auf dem ehemaligen Bauhofgelände in der Nastätter Straße...
Markus Eschenauer

...bei gleizeitiger Sanierung des Gerätehauses im Stadtteil Wellmich.
Markus Eschenauer

Die Verbandsgemeindeverwaltung habe den Vorschlag abgelehnt, „da dies dem Ziel, die Feuerwehr an einem Standort zu konzentrieren, zuwiderlaufe“. Das zuständige Referat der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) hält hingegen zwei Standorte aus „feuerwehrtaktischen Gesichtspunkten für geeigneter als die Konzentration“. Darüber hinaus teile die ADD nicht die Auffassung, dass das Bauhofgelände für ein Gerätehaus ungeeignet ist.

Bei der zweiten Variante hat der Rechnungshof den Ankauf eines Grundstücks einer ehemaligen Gärtnerei vorgeschlagen. „Hier wäre die Planung eines kompakten, kostengünstigen und den Zwecken der Feuerwehr entsprechenden Baukörpers möglich gewesen.“ Im August habe die Verwaltung den Rechnungshof darüber informiert, dass eine mündliche Zusage des Eigentümers vorliege, das Grundstück zum Preis von 375.000 Euro zu veräußern. Letztendlich wurde aber doch nichts daraus.

Der Kauf eines Grundstücks in der Nastätter Straße ist kurzfristig gescheitert. Weitere Optionen sind aktuell nicht in Sicht. Foto: Markus Eschenauer
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Welche Konsequenzen das Schreiben hat, wird sich zeigen. Die Verwaltung der Verbandsgemeinde wird jedenfalls nach eigenen Angaben die vom Rechnungshof genannten Aspekte juristisch prüfen lassen. Bürgermeister Groß geht davon aus, dass diese rechtlich keinen Bestand haben werden. Mehr möchte der VG-Chef zum jetzigen Zeitpunkt öffentlich nicht sagen, da noch nicht mit allen Beteiligten gesprochen worden sei. Klar dürfte aber sein: Beschleunigt wurde der Neubau des Gerätehauses in St. Goarshausen nicht.

Von unserem Redakteur Markus Eschenauer

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