Teure Entscheidung 
Realschulen plus gehen an den Rhein-Lahn-Kreis
Die Loreleyschule in St. Goarshausen ist als Verbundschule ein besonderer Fall. Ob die Schulen getrennt werden, muss die Verwaltung nun mit der ADD austüfteln.
Marvin Gollnow

Der Kreistag hat entschieden: Der Rhein-Lahn-Kreis wird künftig Träger der drei Realschulen plus in Bad Ems, Hahnstätten und St. Goarshausen. Trotz hitziger Debatte und hoher finanzieller Belastung fiel die Entscheidung mit klarer Mehrheit.

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Nun ist es amtlich: Der Rhein-Lahn-Kreis soll die drei Realschulen plus in Hahnstätten, Bad Ems und St. Goarshausen von den bisherigen Trägern, den Verbandsgemeinden Bad Ems-Nassau, Aar-Einrich und Loreley, übernehmen. Das entschied kürzlich der Kreistag mit der Mehrheit von 33 Ja-Stimmen. Sechs Gegenstimmen kamen von der AfD, eine Enthaltung von den Freien Wählern.

Dass die Entscheidung nicht ohne Murren durch das Gremium gehen würde, darauf ließ bereits eine recht hitzige Diskussion im Kreisausschuss deuten. Dort hatte die Verwaltung einen Beschlussvorschlag vorgelegt, der die Übernahme der Schulen aus Kostengründen nicht empfahl. Schließlich kämen pro Jahr 2,1 Millionen Euro auf den mit 28 Millionen Euro im Minus steckenden Kreis zu. Für dringend anstehende Sanierungen veranschlagte man weitere 11,1 Millionen Euro. Außerdem würden Ausgleichszahlungen an die VGs in Höhe von 2,8 Millionen Euro fällig. Doch der Ausschuss war sich bis auf die AfD einig: Die Schulen sollen an den Kreis gehen, schon allein aus Fairnessgründen, damit die drei VGs Bad Ems-Nassau, Aar-Einrich und Loreley die Kosten für die Bildungseinrichtungen nicht allein tragen müssen. Schließlich liegen alle übrigen weiterführenden Schulen bereits in Kreishand und werden gemeinsam getragen. Man empfahl dem Kreistag die Übernahme.

„Wir wollen jetzt nicht die Übernahme beschließen und dann doch wieder auf Geldsuche im Haushalt gehen.“
Für Manuel Liguori muss die Finanzierung der Übernahme gesichert sein

Bis zur Kreistagssitzung hatten sich SPD, FWG und CDU unterdessen abgestimmt und einen gemeinsamen Antrag vorgelegt. „Wir bleiben dabei, die Schulen übernehmen zu wollen. Aber die Ausgleichszahlungen sollen nicht erfolgen, auch soll ein verbindlicher Ablaufplan festgelegt und eine Lösung für die Loreleyschule als Verbundschule gefunden werden“, erläuterte CDU-Fraktionschef Jens Güllering. Man wolle keine feindliche Übernahme vollziehen, sondern den bisherigen Trägern ein Angebot machen, die Schulen ab dem Schuljahr 2026/2027 zu übernehmen. Die Finanzierung solle „auch aus Umlagemitteln erfolgen“. Dieses kleine „auch“ brachte Unruhe in die Diskussion. Schließlich wollte die SPD festgezurrt haben, dass die Übernahme der Schulen unbedingt aus einer Umlageerhöhung für die Verbandsgemeinden finanziert wird – ohne Schlupflöcher. „Wir wollen jetzt nicht die Übernahme beschließen und dann doch wieder auf Geldsuche im Haushalt gehen. Uns muss klar sein, dass wir im Herbst die Umlage erhöhen, um das Ganze hier zu finanzieren“, betonte Manuel Liguori.

Zum Antrag hielt Landrat Jörg Denninghoff dagegen: „2026/2027 ist völlig realitätsfremd. Wir brauchen für einen Trägerwechsel eine geregelte Kostenstruktur, die einen genehmigten Haushalt voraussetzt, hinter den ich ein dickes Fragezeichen setzen würde“, so der Verwaltungschef. „Und dass die Mehrkosten aus der Umlage finanziert werden – ja, woraus denn sonst? Wir haben keine anderen Quellen.“ Zur Causa Verbundschule Loreley habe man bereits eine Terminanfrage bei der ADD laufen.

Es geht bei der Übernahme um mehr als nur Geld

„Bei allem Streit ums Geld dürfen wir nicht vergessen, dass wir mit dem Bildungskonzept Rhein-Lahn eine sinnvolle Entscheidung getroffen haben“, betonte Harald Gemmer gegenüber unserer Zeitung. Schließlich wollte man damit Synergien schaffen. „Zum Beispiel ist die Schule in Katzenelnbogen völlig überlastet, die in Hahnstätten unterbesetzt. Sind beide Schulen bei einem Träger, könnte man hier die Schüler besser verteilen und beide Einrichtungen erhalten“, deshalb ginge es um mehr als um Geld, das sei ihm wichtig.

Schlussendlich passte man den Antrag der drei Parteien an und beschloss die Übernahme der Trägerschaft der drei Schulen. Auf die Zahlung von Ausgleichsleistungen soll verzichtet werden. Für die Umsetzung bittet der Kreistag baldmöglichst um Vorlage eines entsprechenden Zeitplans. 2026/2027 ist erst mal vom Tisch. „Der Kreistag ist sich bewusst, dass die Mehrkosten, die dem Rhein-Lahn-Kreis entstehen, durch diesen auch aus Umlagemitteln zu tragen sind“, heißt es weiter. Das „auch“ ist geblieben, wo es herkommen soll, wird die nächste Haushaltsberatung zeigen.

AfD-Antrag auf Klage gegen das Land fällt durch

Die Prüfung einer Klage des Kreises gegen das Land RLP wegen Verstoß gegen das Konnexitätsprinzip beantragte die AfD-Fraktion. Das Konnexitätsprinzip verpflichtet Bund und Land, den Kommunen die finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Umsetzung von übertragenen Aufgaben erforderlich sind. In der Praxis würden jedoch immer wieder neue Verpflichtungen an die Kommunen weitergereicht, ohne dass die finanziellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, so zum Beispiel bei der Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten, Schulsozialarbeit, Digitalisierung der Schulen und Kosten für den ÖPNV. Nach Auskunft von Landrat Denninghoff müssten jedoch zum einen die angeführten Beispiele in einzelne Klagen verpackt werden, „das löst erhebliche Kosten aus“, zum anderen gebe es bereits ähnliche Klagen anderer Landkreise, „da sollten wir abwarten, ob diese als Musterklagen durchgehen“, empfahl Denninghoff. Bis auf die antragstellende Fraktion lehnte der Kreistag den Antrag ab.

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