Strecke Zollhaus-Allendorf
Raser auf der Schliem: Die Angst fährt auf der B274 mit
„Leise fahren, Lärm ersparen“: Diese Aussage stößt in der Raserszene auf pure Ignoranz. Selbst die zwischenzeitliche Reduzierung auf 70 km/h konnte die Raser nicht davon abhalten, die Strecke im Höllentempo zu befahren. Foto: Uli Pohl
Uli Pohl

Die Motorradsaison hat begonnen. Biker genießen die gemütliche Ausfahrt. Ganz anders setzt sich jedoch ein kleiner Teil der Motorradszene in Bewegung. Raser gefährden dabei sich und andere Verkehrsteilnehmer. So auch zwischen Allendorf und Zollhaus. 

Die Angst ist bei Pendlern, die auf der B274 (Schliem) zwischen Zollhaus und Allendorf unterwegs sind, wieder ein ständiger Begleiter. Viele der Verkehrsteilnehmer fragen sich bereits, wann der nächste Unfall geschieht, an dem Raser der Motorradszene beteiligt sind. Mit Beginn der wärmeren und trockenen Jahreszeit herrscht auf der Schliem Hochbetrieb. Im Höllentempo rasen Motorräder zwischen Zollhaus und Allendorf hin und her, schneiden die engen Kurven, überholen an unübersichtlichen Stellen und gefährden somit alle anderen, die auf der Strecke unterwegs sind – sei es mit dem Pkw, Lkw, landwirtschaftlichen Fahrzeugen oder mit dem Fahrrad. Inzwischen sind nicht nur die Pendler verzweifelt, auch Anwohner, die sich seit Jahren über den zunehmenden Raser-Tourismus beklagen, finden keine Worte mehr, dass bisher noch nichts Entscheidendes dazu beigetragen hat, die Szene von der Schliem zu vertreiben.

Bisher drei Todesopfer

Der bereits dritte tödliche Unfall auf der Strecke im vergangenen Sommer setzte erstmals eine konkrete Diskussion über ein mögliches Fahrverbot für Motorräder am Wochenende in Gang. Bei dem Unfall im August kam ein 34-jähriger Motorradfahrer ums Leben, zufällig vorbeifahrende Autofahrer aus der Region leisteten noch Erste Hilfe, bevor Notarzt und Rettungswagen eintrafen. Der Mann verstarb noch an der Unfallstelle. Für die Ersthelfer waren es Minuten, die ihnen noch ihr Leben lang in unangenehmer Erinnerung bleiben werden.

Zuvor starben bei Unfällen bereits zwei weitere Motorradfahrer, darunter auch ein junger Mann aus der heimischen Region. Hinzu kamen mehrere Unfälle unter Beteiligung von Motorrädern und Pkw mit zum Teil lebensgefährlichen Verletzungen für Fahrer oder Beifahrer. Doch all diese erschütternden Ereignisse halten die Raser nicht davon ab, auf der Schliem im Höllentempo zwischen Aartal und Einrich unterwegs zu sein. Bereits am Abend nach dem tödlichen Unfall im vergangenen August waren sie wieder auf der Schliem im rasanten Tempo unterwegs.

Verbot für Motorradfahrer am Wochenende

Lars Denninghoff, Bürgermeister der VG Aar-Einrich, berichtete in der Ratssitzung zum Ende des vergangenen Jahres, dass ein Verbot für Motorräder am Wochenende geprüft werde. Jetzt, fünf Monate später, liege das Verbot zur Bearbeitung beim Landesbetrieb Mobilität vor. Eine Antwort stehe noch aus, wie Lars Denninghoff zuletzt berichtete. Auch Landrat Jörg Denninghoff schaltete sich als Vermittler zwischen den Behörden ein. Doch dieses Verbot trifft auch all die Motorradfahrer, die sich an die Vorgaben halten und die Schliem während ihres Wochenendausflugs befahren.

Mahnende Schilder am Straßenrand, auf denen auf die Tempo- und Lärmreduzierung hingewiesen wird, finden bei den Rasern ebenso wenig Beachtung wie die zwischenzeitliche Geschwindigkeitsreduzierung auf 70 Kilometer pro Stunde: Beides wird von den Rasern ignoriert. Ungeklärt bleibt jedoch, warum die Anordnung zu Tempo 70 mit dem Abmontieren der Schilder im oberen Teil der Schliem inzwischen wieder außer Kraft gesetzt ist, denn durch Kontrollen und Tempomessungen hätte die Polizei zumindest eine Handhabe, bei Tempomessungen gegen die Raserszene vorzugehen.

Schnelles Handeln der Behörden erforderlich

Doch wie geht es nun weiter? Die Polizeiinspektion Diez, die für die Schliem zuständig ist, ist personell nicht in der Lage, die Motorradszene dauerhaft zu kontrollieren. Ein wenig Hoffnung gibt ein neu aufgestellter Zweiradkontrolltrupp der Polizeidirektion Montabaur. Der war am vergangenen Wochenende erstmals im Rhein-Lahn-Kreis im Einsatz. Eine Strecke, die der Kontrolltrupp dabei ins Visier nimmt, ist die Schliem. Wie Landrat Jörg Denninghoff im Gespräch mit unserer Zeitung berichtet, würden weitere Maßnahmen geprüft, die der Raserszene den „Spaß“ an der für sie und andere Verkehrsteilnehmer gefährlichen Fahrt auf der Strecke zwischen Zollhaus und Allendorf verderben sollen. Bleibt nur zu hoffen, dass diese Maßnahmen rasch umgesetzt werden, bevor das nächste Todesopfer oder Schwerverletzte auf der Schliem zu beklagen ist.

Drei neue Kontrolltrupps

Im Rahmen der Neuorganisation der Verkehrssicherheitsarbeit der Polizeidirektion Montabaur wurden drei neue Kontrolltrupps ins Leben gerufen. Wie die Pressestelle mitteilt, wurde zur Kontrolle von Lkw und Transportern ein „Schwerlastkontrolltrupp“ gegründet. Die Zunahme von (illegal) veränderten Fahrzeugen führte dazu, dass erstmals ein „Tuningkontrolltrupp“ ins Leben gerufen wurde. Mit dem dritten „Zweiradkontrolltrupp“ nimmt die Polizei die Motorradfahrer ins Visier: Im Bereich der Polizeidirektion werden viele Biker durch die kurvenreichen Strecken angelockt. Um die Verkehrssicherheit zu überprüfen, fand jetzt die erste Kontrolle an der B260 in Singhofen statt. Dabei wurden 76 Motorräder kontrolliert. An 18 Fahrzeugen wurden Mängel festgestellt. Es gab zwölf Verwarnungen und eine Ordnungswidrigkeitsanzeige. In einem Fall wurde die Weiterfahrt untersagt. Die Kontrolle stieß bei den Bikern auf ein positives Echo. Die Polizei kündigt weitere Einsätze aller Kontrolltrupps an. red/up

Top-News aus der Region