Der „Abschluss einer Zweckvereinbarung zwischen der Verbandsgemeinde Nastätten und der Stadt Nastätten, der Ortsgemeinde Diethardt, Weidenbach und Strüth im Zusammenhang mit dem Bau der Radwegeverbindung Vogtei-Nastätten“ würde noch warten müssen.
Wie Stadtbürgermeister Marco Ludwig erklärte, hatten die Nastätter Ratsfraktionen gemeinsam beschlossen, die Naturschutz-Thematik rund um den geplanten Weg zunächst noch einmal ausführlich zu besprechen und sich offene Fragen beantworten zu lassen. Dazu war eigens Gutachterin Francesca Schäfer vom Bopparder Planungsbüro „Stadt-Land-plus“ nach Nastätten gekommen, die den Fachbeitrag Naturschutz für den Radweg erstellt. Und – das machte der Bürgermeister klar: „Die Stadt wird ihre Fragen in der gebotenen Sorgfalt klären und klären lassen.“
Zuletzt hatte es nämlich einigen Wirbel um diesen Weg gegeben, nachdem unsere Zeitung in dem Artikel „Rasen oder radeln? Neuer Radweg Vogtei-Nastätten braucht noch Zeit“ über die Verschiebung des Beschlusses des Nastätter Rates berichtet hatte und über die Gründe dafür. Mit einem „Offenen Brief“, der in dieser Zeitung am 17. Dezember thematisiert wurde, meldete sich eine Gruppe der „Ideengeber, Initiatoren und Wegbereiter für den Mühlbach-Radweg“ zu Wort und warf dem Nastätter Rat und Bürgermeister vor, den Weg „auszubremsen“.
Nastätten. Was schon zwei Jahre lang hin und her beraten wurde, muss man jetzt nicht übers Knie brechen: Mit dieser Einstellung wurde bei der letzten Sitzung des Nastätter Rats ein nächster Schritt zur Umsetzung der projektierten „Radwegeverbindung Vogtei-Nastätten“ vertagt. Auch zum Nutzen und ...Rasen oder radeln? Neuer Radweg Vogtei-Nastätten braucht noch Zeit
Nastätten. Als „Ideengeber, Initiatoren und Wegbereiter für den Mühlbach-Radweg von der hessischen Landesgrenze über die Vogtei bis nach Nastätten haben wir mit reichlich Verwunderung die Beratungen im Nastätter Stadtrat aufgenommen“, heißt es eingangs in einem offenen Brief, der unsere Zeitung am ...Bremst Nastätter Stadtrat den Radweg aus? – „Reichlich Verwunderung“ bei Initiatoren
Da beschäftige sich die Stadt mit einer Wegeführung, die nicht auf Nastätter, sondern auf Diethardter Gebiet liege, und von dieser Gemeinde ebenso wie von Strüth und Weidenbach befürwortet werde. Da würden Fragen aufgeworfen, die bereits in einem Gutachten beantwortet seien, das dem Stadtrat vorliege. Dies alles verzögere aus Sicht der Unterzeichner – darunter auch Diethardts Bürgermeisterin Reek-Berghäuser – einen dringend benötigten „ersten Baustein zur Mobilitätswende im Blauen Ländchen“.
Diese Vorwürfe der Verzögerung wollte man in Nastätten nun gar nicht gerne auf sich sitzen lassen. Bürgermeister Ludwig hatte dazu eine ganze Liste von Argumenten in petto. Wie er rekapitulierte, hatte die Stadt damals als eine der ersten den Grundsatzbeschluss pro Radweg getroffen. Die Stadt musste auch bei der Verteilung der Kosten einige Kröten schlucken und hat nun – bei niedrigerem Ausbaubedarf als andere – den höchsten finanziellen Eigenanteil an der Maßnahme zu tragen.
Laut der aktuellen Schätzung vom Juni 2022 soll die Gesamtstrecke 1,3 Millionen Euro kosten. Von dieser Summe entfallen auf die Gemeinde Strüth mit 1000 Metern Ausbaustrecke 22.000 Euro (die VG schießt 50.000 Euro dazu), auf Weidenbach mit 300 Metern Ausbaustrecke 5800 Euro (die VG schießt 13.000 Euro dazu), auf Diethardt mit 1,8 Kilometern Ausbaustrecke 37.000 Euro (die VG schießt 100.000 Euro dazu) und auf die Stadt Nastätten mit 750 Metern Ausbaustrecke 84.000 Euro (die VG schießt 58.000 Euro dazu).
Eine Verzögerung gibt es nicht, nur den Wunsch nach Klarheit.
Nastättens Bürgermeister Marco Ludwig reagiert auf Vorwürfe, die Stadt wolle den neuen Radweg ausbremsen.
Wie Ludwig darlegte, steigerten sich die Kosten seit der ersten Schätzung im Mai 2021 – damals standen noch 840.000 Euro im Raum – um inzwischen fast eine halbe Million. Dazu der Stadtbürgermeister mit Nachdruck: „Es gibt keine Aktivitäten seitens der Stadt, die zu einer zeitlichen Verzögerung geführt haben.“ Auch diesmal bleibe bis zum Frühjahr Zeit zum Beantragen der Förderung. Der „unsägliche Zeitverzug ist durch das Verpassen des Förderantrags 12/2021 entstanden. Damals fehlte der Beschluss der OG Diethardt.“
Was die offenen Fragen zu dem angesprochenen Gutachten beziehungsweise dem „Fachbeitrag Naturschutz“ des beauftragten Planungsbüros „Stadt-Land-plus“ angehe: Hier habe der Rat der Stadt Nastätten, auf deren Gebiet die „einzige belassene biotopartige Fläche liegt“, noch etliche Fragen, die vor der November-Sitzung des Gremiums eben nicht oder zu kurzfristig beantwortet worden waren; die letzte Antwort kam sogar erst Anfang Dezember bei den Räten an, rekapitulierte der Bürgermeister den Ablauf des Geschehens. Darüber müsse nun noch einmal geredet werden.
Aus dem Gremium kamen ebenfalls kritische Stimmen. So wandte sich CDU-Stadtrat Martin Gasteyer gegen die Argumentation der Verfasser des Offenen Briefes, die er „ein bisschen drüber“ fand. „Als ob wir hier das Thema Umwelt und Mobilität nicht verstanden hätten. Ich kann nur sagen: Doch, das haben wir durchaus verstanden.“
Auch Anke Sorg von der FWG nahm die Sache persönlich: „Ich fühle mich als Stadträtin angegriffen. Ich bin selbst Radfahrerin und durchaus umweltbewusst. Aber wir müssen im Rat, dazu haben wir dieses Mandat, mit Steuergeldern bewusst und sorgfältig umgehen. Und dafür brauchen wir Zeit für Gespräche und Abwägung.“
In der Aussprache wurde zunächst deutlich, dass der Fachbeitrag in vielen Bereichen eine reine Vorprüfung ist und noch keine endgültigen Antworten liefern kann. Dies bestätigte auch Gutachterin Francesca Schäfer. Schwarzstorch, Wildkatze und Co. kommen darin nicht vor.
Daher war man sich im Stadtrat hinsichtlich der Streckenführung einig, vor einer Festlegung noch einmal mit der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) die möglichen Varianten zu besprechen. So werde vermieden, nach dem endgültigen Gutachten wieder neu entscheiden zu müssen. Der Förderantrag soll ungeachtet dessen für beide Varianten gestellt werden. Anfang Januar soll dazu ein Gespräch mit VG-Bürgermeister Güllering stattfinden.
Weiter brauche man Klarheit über Kosten und Lage der nötigen Ausgleichsflächen. „Wir lehnen heute Abend den Abschluss der Zweckvereinbarung nicht ab – trotz der Emotionen“, resümierte der Stadtchef. „Allerdings lassen wir uns auch nicht bei unserem Wunsch nach umfassender Sachverhaltsermittlung unter Druck setzen. Eine Verzögerung gibt es nicht, nur den Wunsch nach Klarheit.“
Zum Thema Fachbeitrag Naturschutz für Radweg von Nastätten über die Vogtei-Gemeinden bis zum Anschluss an das hessische Radwegenetz
Das mit der Naturschutz- und Landschaftsplanung für den Radweg Nastätten-Vogtei (Diethardt, Strüth, Weidenbach) beauftragte Planungsbüro „Stadt-Land-plus“ zu seinem Auftrag:
„Um die Stadt Nastätten und die umliegenden Gemeinden im Rhein-Lahn-Kreis an bestehende Radwege in Hessen anzubinden, sind abschnittsweise Baumaßnahmen erforderlich. Mögliche Auswirkungen des Projektes auf Natur und Umwelt sind dabei vorab zu ermitteln und in den Entscheidungsprozess zur Routenfindung miteinzubeziehen. Dazu haben wir eine Biotoptypenkartierung durchgeführt und einen Fachbeitrag Naturschutz mit Artenschutzrechtlicher Vorprüfung erarbeitet, der den weiteren Entscheidungsprozess unterstützt und Möglichkeiten zur umweltverträglichen Umsetzung des Projektes aufzeigt.“
Ein solcher Fachbeitrag wird laut Landesnaturschutzgesetz (Paragrafen 10 bis 13) nötig, wenn Eingriffe in Natur und Landschaft geplant sind, die die Pflanzen- und Tierwelt, den Boden, den Wasserhaushalt, das Klima oder das Landschaftsbild stark beeinträchtigen.
Das kann das Fällen eines Baumes sein, der die Landschaft prägt, oder größere Aufschüttungen mit Erdaushub; auch Gerätehütten und Pferdeunterstände außerhalb der Ortslage gehören dazu und die Beseitigung von Bäumen und Sträuchern an Bächen.
Ob ein Eingriff in Natur und Landschaft vorliegt, wird von der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) geprüft.
Bei größeren Eingriffen durch Behörden und öffentliche Stellen werden Fachbeiträge zum Naturschutz generell erstellt, die den Eingriff bewerten und Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen festlegen lassen.
Bei der jüngsten Sitzung des Stadtrates Nastätten beantwortete die „Stadt-Land-plus“-Gutachterin Francesca Schäfer Fragen der Stadträte zu ihrem Fachbeitrag.