Potenzialkompass Rhein-Lahn
Projekt in Lahnstein bringt Menschen in den Job
Anleiter und Dozent Shadi AlHoush (Potenzialkompass) präsentiert die neuen Außenmöbel, die die Teilnehmer gebaut haben, darunter ein Tisch, der mit Epoxit gegossen wurde.
Sabine Christensen

Menschen mit Defiziten, ganz egal ob körperlicher oder psychischer Natur, haben es schwer, einen Job zu finden. Das Projekt Potenzialkompass Rhein-Lahn in Lahnstein setzt genau hier erfolgreich an.

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Vier in diesem Jahr, acht in 2024: Die Zahl derer, die durch die Arbeit seines Teams wieder in Lohn und Brot steht und einen Job gefunden hat, kann sich durchaus sehen lassen, findet Christian Muth. Und so hatte der Leiter des Projekts „Potenzialkompass Rhein-Lahn – Gemeinsam zum Ziel“ allen Grund zum Strahlen, als man kürzlich zum Tag der offenen Tür in die Räumlichkeiten in der Kölner Straße lud. Zahlreiche Gäste, wie Lahnsteins Oberbürgermeister Lennart Siefert, gleichzeitig auch Schirmherr des Projektes, sowie Vertreter des Jobcenters und der gesetzlichen Krankenversicherung waren gekommen, um sich von Muth und seinem Team über die Arbeit informieren zu lassen. Auch das Schwesterprojekt „Frauen aktiv in die Zukunft“ aus Lahnstein war am Ort vertreten, um sich zu präsentieren – beide Projekte arbeiten dabei eng und übergreifend zusammen.

12 bis 15 Personen werden in dem Projekt betreut

Menschen durch gezielte Förderung und innovative Ansätze dabei unterstützen, ihre individuellen Stärken zu entdecken und ihr Leben in geordnete Bahnen zu lenken: So lautet das Ziel des Projektes „Gemeinsam zum Ziel“, das seit 2020 läuft. Gefördert wird dieses Projekt durch das Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung Rheinland-Pfalz sowie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds Plus und des Jobcenters Rhein-Lahn. Die Umsetzung erfolgt durch das Jobcenter, welches an vier Standorten im Kreisgebiet vertreten ist, in Zusammenarbeit mit der trigon-Beratungsgesellschaft. Projektleiter Christian Muth ist sozialpädagogische Fachkraft in der Erwachsenenbildung bei Trigon, unterstützt wird er durch den Musikpädagogen und Rhythmiktherapeut Shadi AlHoush, Dozent und Anleiter im Projekt. Beide gaben einen Einblick in ihre Arbeit in Lahnstein, wo zwischen 12 und 15 Personen betreut werden. Zugewiesen werden sie durch das Jobcenter Rhein-Lahn.

Projektbereiche können gewechselt werden

Die allermeisten würden hoch motiviert ans Werk gehen, berichtet Muth. „Sie freuen sich, hier zu sein und gemeinsam an Defiziten zu arbeiten.“ Der Unterricht geht täglich von 8 bis 14.30 Uhr, neben klassischem Bewerbungstraining gibt es ganz unterschiedliche Aufgaben: Vom gemeinsamen Zubereiten und Essen von Mahlzeiten, in der Projektwerkstatt, in der nachhaltige Möbel und Dekorationen aus Paletten entstehen, oder im Küchengarten, in dem selbst Gemüse angebaut wird – das Projekt vermittelt handwerkliche, soziale und kreative Fähigkeiten, die sowohl die persönliche Entwicklung als auch den Teamgeist stärken sollen. „Es geht darum, die Leute nicht allein zu lassen und sie fit zu machen, um wieder mehr eigenständig tun zu können“, sagt Muth.

Das Besondere am Potenzialkompass Rhein-Lahn bestehe außerdem darin, dass die Teilnehmer ihre Projektbereiche individuell wechseln könnten, um neue Talente zu entdecken und sich vielseitig zu erproben. „Eigene Konzepte und Ideen sind ausdrücklich erwünscht und werden durch das Projektteam gezielt gefördert“, ergänzt Shadi AlHoush. Auch Workshops zu Themen wie politische Bildung, Medienkompetenz, Nachhaltigkeit sowie soziale oder kommunikative Fähigkeiten finden statt.

Facharztsuche ist sehr schwierig, trotz der Unterstützung

Das Thema Sucht spiele bei vielen Teilnehmern eine Rolle, betonte AlHoush. Hier versuche man, professionelle Hilfe zu besorgen. „Was ehrlicherweise bei der Facharztproblematik ein echtes Problem ist“, so Muth. Es gebe viel zu wenige Psychologen und Suchttherapeuten. „Selbst wir mit unserem großen Netzwerk tun uns da schwer, allein sind die Leute oft verloren.“

Tauschten sich rund um den Tag der offenen Tür aus (von links): OB Lennart Siefert, Christian Muth (Projektleiter trigon /Potenzialkompass) und Gabriele Simon (Vermittlerin vom Jobcenter Rhein-Lahn).
Sabine Christensen

Seit 2020 läuft das Projekt, der Bedarf wird eher größer als kleiner, ergänzt Andreas Gross, Geschäftsführer der trigon. „Die Probleme haben sich verdoppelt in den vergangenen Jahren.“ Die gesellschaftliche Entwicklung generiere immer mehr Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen überfordert mit dem System sind. „Ohne Projekte wie unseres wären noch viel mehr Menschen verloren“, auch deshalb sei es wichtig, die eigene Arbeit der Öffentlichkeit zu zeigen.

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