Rechtsanwalt: Pachtverträge sind "als schwebend unwirksam zu betrachten" - EVM kontert: Verträge sind rechtswirksam
Projekt auf Lahnsteins Höhen: Vergaberechtliche Bedenken bei Windrädern
Das Bündnis Kulturlandschaft Romantischer Rhein hat in einer eigenen Fotomontage dargestellt, wie die geplanten Windräder von der anderen Rheinseite mit Blick auf Braubach und die Marksburg aussehen. Nach Mitteilung der Initiatoren soll die Animation maßstabsgerecht sein. Illustration: Bündnis Kulturlandschaft Romantischer Rhein
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Im Auftrag des Bündnisses Kulturlandschaft Romantischer Rhein hat ein Fachanwalt Bedenken gegenüber den geplanten Windrädern auf den Lahnsteiner Höhen geäußert: Er kritisiert in einem Schreiben an die Stadtverwaltung Lahnstein unter anderem die Vergabepraxis der Stadt Lahnstein.

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Ferdinand L. Normande Abbate ist Fachanwalt für Vergaberecht in der Koblenzer Rechtsanwaltskanzlei Dr. Krist & Kollegen. Er sagt, er sehe „erhebliche vergaberechtliche Bedenken an der rechtlichen Einordnung des Fachbereichs 2 – Finanzen in der Beschlussvorlage vom 6. Juni 2023 (...), wonach ,wettbewerbsrechtlich‘ für die Investorenauswahl angeblich keine ,Ausschreibungspflicht‘ besteht.“

Denn „nach dem europäischen Vergaberecht gilt die formale Vergabepflicht für Bauaufträge mit einem Gesamtauftragswert ab 5,538 Millionen Euro netto. Dieser Wert dürfte (...) in Bezug auf das vorliegende ,Windenergieprojekt‘ erreicht beziehungsweise überschritten sein. Grundsätzlich vergabepflichtig sind nach dem europäischen Vergaberecht auch Verträge über eine dem öffentlichen Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugutekommende Bauleistung Dritter (...).“

Wirtschaftlicher Vorteil für die Stadt

Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Vorteil liege nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs unter anderem dann vor, wenn der öffentliche Auftraggeber, also die Kommune, einen wirtschaftlichen Vorteil aus der Nutzung der Bauleistung zieht. Bei heute üblichen Pachtverträgen sei diese Voraussetzung erfüllt, da die Kommune einen prozentualen Anteil der Einspeisevergütung erhält und die eventuell garantierten Mindestpachten von der Leistung der Windenergieanlage und nicht vom Grundstück an sich abhängen. Ein wirtschaftlicher Vorteil dürfte damit eindeutig zu bejahen sein, zumal sich die Stadt genau dies auch ausrechnet.

Weiter heißt es in dem Anwaltsschreiben an die Stadtverwaltung: „Sollte das Vergaberecht bei der Investorenauswahl nicht beachtet worden sein, wovon wir auf der Grundlage der rechtlichen Einschätzung des Fachbereichs 2 – Finanzen in besagter Beschlussvorlage ausgehen müssen, ist der beziehungsweise sind die bereits abgeschlossenen Pachtverträge (...) nach dem gegenwärtigen, uns zur Verfügung stehenden Kenntnisstand als schwebend unwirksam zu betrachten. Wir bitten hier um dringende Aufklärung, andernfalls werden wir den Vorgang an die zuständigen Kontroll- und Aufsichtsgremien weiterleiten.“

Stadt gibt keine Stellungnahme ab

Zur Vergabepraxis gibt die Stadt Lahnstein auf Anfrage unserer Zeitung keine Stellungnahme ab. Die EVM hingegen möchte zum Vorwurf des nicht eingehaltenen Vergabeverfahrens „natürlich auch Stellung beziehen“. Eine Sprecherin des Unternehmens führt aus: „Juristisch handelt es sich bei den geschlossenen Verträgen um Pachtverträge und nicht um einen Bauvertrag. Der Abschluss derartiger Verträge unterliegt nicht dem europäischen Vergaberecht. Die Verträge sind daher rechtswirksam geschlossen worden.“

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