Vor knapp zwei Wochen gab es dazu eine weitere Gesprächsrunde zwischen der heimischen Kinderärzteschaft, der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) und dem Landrat des Kreises Limburg-Weilburg, Michael Köberle (CDU). Wie aus Teilnehmerkreisen verlautet, gibt es jetzt Überlegungen, dass das MVZ Weilmünster ein ganz neues MVZ in Limburg gründet, das sich auf die Behandlung von Kindern spezialisiert. Der Vorteil dieser Lösung wäre, dass auf funktionierende Strukturen zurückgegriffen werden könnte, die das MVZ Weilmünster in den 13 Jahren seines Bestehens aufgebaut hat. In einem ersten Anlauf war ein pädiatrisches MVZ als Ableger von Weilmünster von der KVH abgelehnt worden, mit der Begründung, dass eine Filiale nicht größer sein dürfte als die Hauptstelle. Die Rede ist von fünf bis sechs Ärzten, die in dem pädiatrischen MVZ praktizieren sollen.
Kreis muss helfen
Ohne die finanzielle Unterstützung des Landkreises jedoch würde aus dem Plan nichts werden, heißt es von Teilnehmern der Gesprächsrunde. Denn die Mehrkosten für ein unabhängiges MVZ lägen bei mindestens 70.000 Euro gegenüber der ursprünglichen Variante. Zusätzlich ist nun die Rede von einer Finanzspritze für die ersten beiden Jahre, um das neue MVZ ans Laufen zu bringen. Insgesamt steht ein sechsstelliger Betrag im Raum, bis zu 180.000 Euro. Immerhin: Die Limburger Kinderärzteschaft würde diese Lösung wohl mittragen.
Landrat Köberle will zum Stand der Verhandlungen derzeit keine Angaben machen, zeigte aber als vierfacher Vater Verständnis für „die Sorgen und Nöte der Eltern“. „Kinder sind das Wichtigste und Schützenswerteste, das es für eine Familie gibt. Sie nicht ausreichend versorgt zu wissen, führt unweigerlich zu großer Besorgnis“, sagte der Kreischef.
KV ist zuständig
Zugleich verwies er aber darauf, dass der gesetzliche Sicherstellungsauftrag, also die Zuständigkeit für die ausreichende Versorgung mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten (auch Fach- und Kinderärztinnen und -ärzte), alleinige Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen sei. Die Aufsicht darüber liege beim Hessischen Ministerium für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege. Die Einflussmöglichkeiten der Kommunen oder Landkreise seien somit sehr begrenzt.
Wie groß die Besorgnis unter den Eltern ist, zeigt das Beispiel von Carina Heep aus Niederhadamar, deren vierjähriger Sohn Asthmatiker ist und immer wieder unter Krupp-Anfällen leidet. Alle drei Wochen, berichtet die Mutter, bedürfe ihr Sohn einer kinderärztlichen Betreuung, die bisher das Paediatricum in Limburg übernommen hat. „Wir sind dringend auf einen Kinderarzt angewiesen“, sagt Carina Heep. Deshalb erfülle es sie mit Sorge, dass das Paediatricum im Laufe des Jahres von Kassenpatienten auf eine reine Privatpatientenversorgung umstellen wolle. Versuche, einen Kinderarzt im Umkreis von 30 Kilometern zu finden, seien erfolglos geblieben. Selbst in den benachbarten rheinland-pfälzischen Kommunen Diez und Montabaur habe sie vergeblich gesucht.
Eltern sind in Sorge
Im Notfall stehe zwar die Kinderklinik im St.-Vincenz-Krankenhaus zur Verfügung, sagt Heep. „Aber was ist mit den Vorsorgeuntersuchungen und den regelmäßigen Impfungen?“, fragt sie sich. Sollte das geplante Kinder-MVZ scheitern, stünden „mehrere Tausend Kinder auf der Straße“, befürchtet die Niederhadamarerin. Ein Stimmungsbild unter der heimischen Elternschaft vermittelt eine Facebook-Gruppe, die der Limburger Alexander Schäfer im Februar ins Leben gerufen hat. Binnen weniger Wochen hatte die Gruppe 700 Mitglieder, und noch immer werden es mehr. „Ich finde das schockierend“, erläutert Schäfer sein Motiv für die Initiative.
Carina Heep erwartet von der Politik nun tatkräftige Unterstützung: „Ich erwarte von Herrn Köberle, dass da was kommt“, sagt sie. Sie selbst, so berichtet sie, habe sich bereits an die KV Hessen gewandt, sei dort aber „abgewimmelt“ worden. Auch mit ihrer Krankenkasse habe sie telefoniert und auch mit dem Hessischen Kindervorsorgezentrum in Frankfurt am Main – in beiden Fällen ohne Erfolg. „Ich lasse da nicht locker“, sagt Carina Heep. Den Ärzten mache sie überhaupt keinen Vorwurf. Sie wisse, dass manche Mediziner täglich bis zu 50 Anrufe von Patienten auf der Suche nach einem Kinderarzt erhalten. Jetzt seien aus ihrer Sicht die Politik und die KV Hessen am Zuge, das Problem zu lösen.
Für Maike Wenzel aus Dauborn ist die Situation unerträglich. Als sie vor drei Jahren von Mainz in die Region gezogen sei, sei sie „erschrocken“ über die schlechte kinderärztliche Versorgung gewesen. Erst nach längerer Suche sei es ihr gelungen, eine Limburger Kinderarztpraxis zu finden, wo sie mit ihren beiden Kindern aufgenommen wurde. Zeitweilig habe sie sogar erwogen, mit ihrem Kind in die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt zu fahren, auch wenn die Versorgung dort „nur mittelmäßig“ sei. Verärgert ist sie auch über die Reaktion der KV Hessen. „Da gibt es offenbar gar keine Gesprächsbereitschaft mit Patienten“, sagt Maike Wenzel. Sollte es nicht gelingen, das angestrebte Kinder-MVZ in Limburg zu gründen, werde sie notgedrungen ihren Hausarzt bemühen. Nur: „Auch dort sind die Praxen voll.“