Es geschah am helllichten Tag: Rund 30 Männer gingen auf dem Domplatz aufeinander los, prügelten mit Schlagstöcken aufeinander ein; auch Messer und Pfefferspray sollen eingesetzt worden sein. Einen Tag später bestätigte die Polizei, dass vier festgenommene und sechs verletzte Männer aus Afghanistan stammen und 16 bis 25 Jahre alt sind. Über die Hintergründe der Gewalttat schweigt die Polizei weiterhin; auch die Staatsanwaltschaft Limburg hat sich dazu bislang nicht weiter öffentlich geäußert.
Nach Informationen dieser Zeitung soll es sich um eine Familienfehde handeln, die schon in Afghanistan zu Konflikten geführt haben soll. Einer der Schwerverletzten soll von einem Mann aus der anderen Familie mehrfach bedroht worden sein und deshalb auch Anzeige bei der Polizei erstattet haben. Er soll auf dem Domplatz von dem gleichen Mann mit einem Messer niedergestochen worden sein, der Täter soll seitdem auf der Flucht sein.
Polizei reagiert mit verstärkten Kontrollen
Polizeisprecher David Ausbüttel bestätigte auf Anfrage, der Vorfall auf dem Domplatz sei verantwortlich für eine großflächige, mehrstündige Polizeikontrolle bis in die späten Abendstunden am Donnerstag in der Innenstadt. Es gehe dabei darum, mehr Polizeipräsenz zu zeigen. Das ist schon seit vielen Jahren eine Hauptforderung der ehrenamtlichen und hauptamtlichen Stadtpolitiker in Limburg. Die Gewalttat auf dem Domplatz hat viele Bürger schockiert und passiert ausgerechnet mitten in der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs, in der darüber gestritten wird, wie die Politik mit dem Thema Migration umgehen soll.
Zwei repräsentative Studien über das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger in Limburg haben schon 2018 und 2023 deutlich gemacht, dass sich zu viele Bürger vor allem in den späten Abend- und Nachtstunden in der Limburger Innenstadt unsicher fühlen, dass es dort zu viele „Angsträume“ wie zum Beispiel den Bahnhofsplatz gibt. Da dort mit Drogen gehandelt wird, reagierte die Polizei und verstärkten Großkontrollen, was zu einem Verdrängungseffekt führte: Die Dealer tauchten an anderen Stellen in der Stadt wieder auf. Dazu kommen immer wieder Meldungen über Gewalttaten in der Limburger Innenstadt.
„Ziemlich üble Gewalttaten“ unter Jugendlichen
Zwei Tage vor der Gewalttat auf dem Domplatz hatte auch der Ortsbeirat Kernstadt über das Thema Sicherheit in der Innenstadt gesprochen. Barbara Sylla-Belok (Grüne) erklärte, sie lese vermehrt von „ziemlich üblen Gewalttaten“ unter Jugendlichen. Das nehme offenbar zu. Es gebe zudem immer mehr „unerfreuliche Ecken und Begegnungen“ zu späterer Stunde. Im März 2024 hatten die Stadt und die Polizei ein Zehn-Punkte-Papier für mehr Sicherheit präsentiert und damals unter anderem die Einführung einer Waffenverbotszone angekündigt. Seit August 2024 sind weite Teile der Innenstadt inklusive des Bahnhofsplatzes zu einer Waffenverbotszone erklärt worden. Das gibt der Polizei bei Kontrollen die Möglichkeit, längere Messer einzukassieren.
Schardt-Sauer (FDP) äußert Zweifel am Erfolg der Maßnahmen
Dieangespannte Sicherheitslage in Limburg bleibe ein zentrales Thema, das vieleBürger beschäftigt, sagt die Limburger Landtagsabgeordnete Marion Schardt-Sauer (FDP). Obwohl die Landesregierung ihre „Innenstadtoffensive“ alsErfolg verkaufe und mit Festnahmen sowie Kontrollen werbe, „gibt es weiterkritische Stimmen und Zweifel an der tatsächlichen und langfristigenWirksamkeit dieser Maßnahmen“, so Schardt-Sauer. Sie will nun wissen, was durch die Offensive tatsächlich erreichtwurde, „sowohl messbar als auch im subjektiven Sicherheitsempfinden“ derBürger. Außerdem fordert sie „Aufklärung überInformationen zu strukturellen Veränderungen bei der Polizei“: Sie will wissen,ob die operative Einheit der Limburger Polizei tatsächlich nach Wiesbadenverlegt worden sei. „Sollte dies zutreffen, muss die Landesregierung erklären,wie die wohl geplante Zentralisierung und der Abzug zentraler Ressourcen miteiner glaubwürdigen Stärkung der Sicherheitslage in Limburg vereinbar ist.“