150 Zuschauer bei der Podiumsdiskussion von Kolping St. Martin zur Kommunalwahl
Podiumsdiskussion von Kolping: Bürger machen sich ein Bild der Spitzenkandidaten
Diskutierten engagiert und wollen sich auch in den kommenden Jahren für die Belange Lahnsteins einsetzen (von links): Jutta Niel (Grüne), Jochen Sachsenhauser (SPD), Reiner Burkard (FBL), Stefanie Muno-Meier (ULL) und Johannes Lauer (CDU). Fotos: Tobias Lui
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Lahnstein. In etwas mehr als drei Wochen, am Sonntag, 9. Juni, sind rund 14.000 Wahlberechtigte in der Stadt dazu aufgerufen, neben Kreistag und Europarat auch ihre Vertreter für den Lahnsteiner Stadtrat zu bestimmen. Seit Wochen werben CDU, SPD, Unabhängige Liste (ULL), Grüne, Freie Bürgerliste (FBL) und FDP um Stimmen.

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Rund 150 Bürgerinnen und Bürger kamen nun im katholischen Pfarrzentrum zusammen, um die Spitzenkandidaten kennenzulernen: Moderator Thomas J. Scheid fühlte ihnen rund zwei Stunden auf den Zahn. Dabei ging es vor allem um „heiße“ kommunalpolitische Themen der vergangenen Wochen: Buga, Wohnmobilstellplatz, Löhnberger Mühle, Jugendkulturzentrum und die Situation der Kindertagesstätten.

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Wie immer top vorbereitet: Moderator Thomas J. Scheid
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Ein kleines Jubiläum für Thomas J. Scheid: Vor fast exakt 30 Jahren moderierte der Politologe zum ersten Mal eine Podiumsdiskussion der Kolpingfamilie St. Marin – auch damals ging es um den Stadtrat. Doch egal ob Rats-, Oberbürgermeister-, Landtags- oder Bundestagswahlen – schon viele mehr oder weniger ambitionierte Kommunalpolitiker mussten sich den teils scharfen Fragen des Politilogen stellen, der gern Tacheles von den Kandidaten hören möchte.

Diesmal waren mit Johannes Lauer (CDU), Jochen Sachsenhauser (SPD), Stefanie Muno-Meier (ULL), Jutta Niel (Grüne), Reiner Burkard (FBL) und Sascha Weinbach (FDP) gleich sechs Kandidaten auf dem Podium – logisch, dass bei zwei Stunden Gesamtzeit nur ein Streifzug durch die politische Gemengelange am Rhein-Lahn-Eck möglich war.

Kitas: Wenn ab 2028 das Kitagesetz in Kraft tritt und jedes Kind ab einem Jahr ein Recht auf einen Platz hat, fehlen in Lahnstein rund 130 Kitaplätze. Die Verwaltung würde gern die Kita Arche Noah auf die benachbarten Räumlichkeiten des Jugendkulturzentrums (Jukz) in der Wilhelmstraße ausdehnen. Die Jukz-Angebote wiederum sollen perspektivisch im Pfarrzentrum am Europaplatz untergebracht werden, welches die Stadt gern von der Kirche erwerben möchte. Doch der Jukz-Förderverein und die meisten Parteien laufen Sturm dagegen – entsprechend gegensätzlich argumentierten die Kandidaten am Montagabend.

ULL: Optimale Räume für beide finden

Die ULL fordert einen Ausbau der Arche – von einer „Kampfansage“ an das Jukz wollte Stefanie Muno-Meier auf Nachfrage Scheids aber nichts wissen. „Es geht nicht darum, Kinder und Jugendliche gegeneinander auszuspielen, sondern darum, optimale Räume für beide zu finden“, erklärte sie. Es brauche ein Gesamtkonzept, erst dann könne man Entscheidungen für Örtlichkeiten treffen. Für Reiner Burkard (FBL) ist das Pfarrzentrum hingegen keine Option – „denn es würde bis 2026 oder 2027 dauern, bis dieses entsprechend saniert wäre“, vermutet Burkard. „Das hilft uns jetzt nicht weiter.“ Die Verwaltung sei gefragt, Lösungen zu finden.

Das Interesse an der Podiumsdiskussion war groß.
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Etwas überraschend zeigte sich Jochen Sachsenhauser (SPD) durchaus offen für die Option Pfarrzentrum („Das könnte Sinn machen“), machte aber gleichzeitig deutlich, dass die SPD eigentlich für den Verbleib des Jukz in der Wilhelmstraße plädiere. Für eine abschließende Bewertung sei es aber zu früh, „erst müssen mal alle Zahlen auf dem Tisch liegen“, so Sachsenhauser. „Es geht schließlich darum, die beste Lösung für alle zu finden.“

Lauer: Jukz da lassen, wo es ist

Gegen einen Kauf des Pfarrzentrums sprach sich FDP-Spitzenkandidat Sascha Weinbach aus („Das wäre ein Fass ohne Boden“) – die Grüne Jutta Niel brachte einen anderen Vorschlag in die Diskussion ein: Die Kita Arche Noah könnte vierzügig in die Räumlichkeiten der Bücherei am Kaiserplatz wandern (benachbart mit der Kita Einsteinchen), die Bibliothek übergangsweise in die (leeren) Räume des Stadthallenrestaurants wechseln und nach einem Umbau dann ins ehemalige Arche-Noah-Gebäude.“ Für CDU-Spitzenkandidat Johannes Lauer steht ebenfalls „felsenfest“ fest, dass das Jukz an seinem angestammten Platz bleiben muss. „Beim Thema Kita sind wir offen, allerdings werden wir meiner Meinung nach nicht um einen Neubau herumkommen.“

Bundesgartenschau (Buga): Hotelier Reinhold Weiland und Wohnmobilstellplatzbetreiberehepaar Mohr machen seit Wochen Stimmung gegen Kommunalpolitik, Verwaltung und Buga-Gesellschaft: Weiland kritisiert die gescheiterte Erweiterung seines Hotels, Ehepaar Mohr das Ende ihres Stellplatzes Ende 2026 („touristischer Selbstmord“). Beide nutzten die Podiumsdiskussion für kritische Fragen. Jochen Sachsenhauser (SPD) verwies auf die zentrale Bedeutung des Bahnhofsvorplatzes für die Stadtentwicklung (den Weiland gern gekauft hätte) und machte deutlich, dass die Buga nun mal Planungshoheit für die Bugaflächen habe.

Reiner Burkard (FBL) wiederum warnte davor, alles der Buga unterordnen. „Diese ist nach einem halben Jahr weg“, sagte Burkard und warb dafür, in Sachen Stellplatz eine Kompromisslösung zu finden. Für Johannes Lauer (CDU) ist ein Hauptproblem der Buga in Lahnstein die Kommunikation. „Wir müssen die großen Chancen erkennen und dies auch offensiver kommunizieren.“

Burkard: Nächste Jahre wird sich nichts tun

Löhnberger Mühle: Immobilienentwickler CG Elementum möchte rund um die historische Getreidemühle ein Wohngebiet entwickeln. Zuletzt sorgte die sehr kritische landeslandesplanerische Stellungnahme des Kreises für viele lange Gesichter, „diese klingt wie ein Blattschuss für die bisherigen Planungen“, bilanzierte Thomas Scheid. Johannes Lauer (CDU) hätte „mit dieser Fülle an Widerständen gerade von Landesseite nicht gerechnet“, erklärte er. „Jetzt gilt es, diese Bedenken ausräumen beziehungsweise vom Entwickler nachzubessern zu lassen.“ Für Sascha Weinbach (FDP) steht fest, „dass es dieses beeindruckende Gebäude verdient hat, dass hier etwas entsteht.“

Der Ball liege nun beim Entwickler. Auch Stefanie Muno-Meier (ULL) sieht dies so: „Ich glaube nicht, dass irgendwer das Gelände so belassen möchte, wie es gerade ist.“ Die Schwierigkeiten mit der Planungsbehörde könne man lösen, zeigte sie sich optimistisch. Ganz im Gegenteil zu Reiner Burkard (FBL). „Ich habe große Bedenken und glaube nicht, dass dort die nächsten Jahre etwas passiert.“

Nach zwei Stunden war die kurzweilige Veranstaltung beendet. Der Kolpingvorsitzende Markus Schild bedankte sich für bei Podium wie Moderation – und bei den knapp 150 Zuschauern. Denn auch wenn die meisten Besucher ihre Wahlentscheidung bereits vor der Veranstaltung getroffen haben dürften, zeigte das große Interesse doch, dass Kommunalpolitik vielen eben doch nicht egal ist. Ein gutes Zeichen für die Demokratie in herausfordernden Zeiten.

Von Tobias Lui

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