Beziehungsstreit wird vor Diezer Amtsgericht zur schlechten Posse
Partnerin mit Baseballschläger bedroht: Wiedersehen vor Gericht
Verhandlungssaal des Amtsgerichts Diez
Till Kronsfoth

Epische Streitereien zum Ende ihrer Beziehung führten nun für einen 39-Jährigen, der sich derzeit in Limburg in Untersuchungshaft befindet, und seine 33-jährige frühere Freundin zu einem Wiedersehen vor dem Amtsgericht Diez.

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Dem Mann wurde vorgeworfen, seine damalige Freundin im Juni des vergangenen Jahres zunächst an einem Badesee bei Hundsangen am Verlassen des Wassers gehindert, Glasflaschen nach ihr geworfen und sie am Badesteg mit Ausrufen wie „Du sollst sterben!“ und „Verreck doch!“ mehrfach mit dem Kopf unter Wasser gedrückt zu haben.

Abends habe er sie dann zu Hause aufgesucht und ihr unter anderem eine Kopfnuss und Ohrfeigen verpasst. Zwei Tage später sei er dann erneut bei ihr aufgetaucht, habe ihr mit einem Baseballschläger gedroht, sie umzubringen, und zur Demonstration ihr iPhone auf einer Couch zertrümmert.

“Alles erstunken und erlogen"

Was sich zunächst alles ganz plausibel anhörte, auch hinsichtlich seiner 24 Einträge im Bundeszentralregister und zweier laufender Bewährungsstrafen wegen einschlägiger ähnlicher Delikte, entwickelte sich dann im Gerichtssaal mehr zu einer schlechten Posse. „Alles erstunken und erlogen“, kommentierte der Angeklagte kurz und hüllte sich ansonsten in Schweigen. Seine Ex-Freundin wiederum verpackte die damaligen Vorgänge und ihre bei der Anzeige bei der Polizei gemachten Vorwürfe in ihrer Zeugenaussage vor Gericht in nebulöse Fabulierungen. Konkret konnte sie sich nur daran erinnern, mehrfach unter Wasser getunkt worden zu sein und dabei nach Luft gerungen zu haben. Alles andere sei ihr nicht mehr so richtig präsent: „Wir haben uns damals beide nichts geschenkt, ich habe mich gewehrt, er hat sich gewehrt, immer wieder kam es zu Handgreiflichkeiten.“ Welche Handgreiflichkeiten das denn konkret gewesen seien, wollte Richter Martin Böhm mehrfach von der Zeugin wissen. „Na, Handgreiflichkeiten halt, da wurde viel rumgefuchtelt und rumgeschrien und gegenseitig beleidigt“, entgegnete sie.

Welche Beleidigungen oder Drohungen denn ausgesprochen worden seien, fragte der Richter. „Ja, Beleidigungen halt, alles so …“, mochte die Befragte nicht ins Detail gehen, „wir waren am See alle betrunken.“ Wer denn „alle“ gewesen seien, so Böhm: „Keine Ahnung, das waren vier oder fünf Freunde von ihm, die Namen kenne ich nicht“, lautete die Antwort. Auch der Baseballschläger verwandelte sich in „irgendwas Langes hatte er in der Hand“ und „als er das auf die Couch warf, hat er zufällig das Handy getroffen“.

Staatsanwalt platzt der Kragen

Als auch detaillierte Nachfragen zu ihrer damaligen Aussage bei der Polizei ihr nicht auf die Sprünge halfen, und die Zeugin nur meinte „Ja, wenn ich das damals so gesagt habe, wird das schon stimmen …“, platzte dem üblicherweise sehr beherrschten Staatsanwalt der Kragen: „Sehen Sie die Kristallkugel hier mitten im Raum?“, fragte er die Zeugin in aller Schärfe, was die verwundert verneinte. „Ich auch nicht!“, polterte er daraufhin los und erinnerte die Zeugin lautstark daran, sich zusammenzureißen, kein Larifari mehr zu erzählen und auf konkrete Fragen auch konkret zu antworten. Die ließ sich davon nur kurz beeindrucken: „Ich kann das nicht mehr so genau sagen, wir haben uns halt gegenseitig gekabbelt.“ Schließlich habe sie an dem Tag Schluss gemacht und die Türschlösser zu ihrer Wohnung austauschen lassen.

Ende einer toxischen Beziehung

Der Verteidiger des Angeklagten schlug in dieselbe Kerbe: „Wir verhandeln hier das Trennungsende einer gegenseitig toxischen Beziehung“, befand er. „Sie haben sich ständig gegenseitig angeschrien und geschlagen. Wer da wann was gesagt oder getan hat, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Jetzt picken wir einen der beiden heraus und klagen ihn an“, bedauerte er, auch mit dem Hinweis darauf, dass es die Staatsanwaltschaft versäumt habe, unbefangene Dritte als Zeugen ausfindig zu machen. Das alles sei nicht beweisbar und sein Mandant daher freizusprechen.

Auch wenn Staatsanwalt und Richter der Zeugin ein erhebliches Desinteresse an der Strafverfolgung attestierten und dass sie mit ihren massiven Erinnerungslücken einen schlechten Eindruck hinterlassen habe, sahen sie zumindest die Körperverletzung am See mit der damit verbundenen Nötigung als erwiesen an. Der Vorwurf der Sachbeschädigung, Beleidigung und Bedrohung sowie die Körperverletzung durch Kopfnuss und Ohrfeigen wurden fallen gelassen. Letztendlich verurteilte Richter Böhm den Angeklagten zu einer Haftstrafe von sechs Monaten. „Wenn das alles nicht stimmt, warum haben sie dann Ihre Freunde vom See nicht als Entlastungszeugen benannt?“, fragte er. Angesichts des mehrfachen Bewährungsversagens des 39-Jährigen konnte er auch keine positive Sozialprognose für eine weitere Bewährung erkennen. Der Verurteilte wird möglicherweise Berufung gegen das Urteil einlegen.

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