Seit 2006 bereits ein Thema
Neues Schloss in Diez: Eine Allee ins Nirgendwo?
Die Baumallee wurde als repräsentative Zufahrt zum Neuen Schloss geplant. Dort und an anderen Stellen weisen handgemalte Schilder darauf hin, dass es sich bei dem Grundstück um Privatgelände handelt.
Johannes Koenig

Diez hat bereits zwei Schlösser, wenn es nach Investor Marcus Frey geht, käme noch ein drittes hinzu. Jedoch stocken die Pläne, die erstmals 2006 im Stadtrat präsentiert wurden.

„Was ist eigentlich aus dem Neuen Schloss geworden?“ Das wollte vor einigen Wochen Herbert Pechmann (FDP) in einer Sitzung des Diezer Bauausschusses wissen. Seit 2006 beschäftigt sich die Stadtpolitik mit der vom Bauherren Marcus Frey forcierten Idee, neben dem historischen Grafenschloss und dem Barockschloss Oranienstein auf den Feldern zwischen Freiendiez und Holzheim einen Schlossneubau zu errichten. Noch heute erinnern sich Ratsmitglieder an Freys damalige Begründung: „Ich habe überlegt, was ich schaffen kann, damit etwas noch in 100 Jahren an mich erinnert“, lautet das oft genannte Zitat. Daher sollte das Schloss auch eine Nutzungsdauer von über 500 Jahren aufweisen. 2007 überzeugte Frey den Rat, dem Standort den Wohnplatznamen Sonnenberg zu geben, da er „ganztägig besonnt ist“. Ende 2009 sollte der etwa 100 Meter lange, 25 Meter breite und 23 Meter hohe Prachtbau fertiggestellt sein. Seit Jahren herrscht aber nun rund um das ambitionierte Projekt fast völlige Funkstille.

„Es ist keine Frage ,ob’, es ist nur eine Frage ,wann’.“
Immer wieder betonte Marcus Frey bisher, dass das Neue Schloss gebaut wird.

In den Fokus der Öffentlichkeit kam das Vorhaben noch einmal vor zehn Jahren, als im Dezember 2014 der auf dem Gelände stehende Werbe- und Aussichtsturm abbrannte. Danach gab es noch vereinzelte Äußerungen Freys, wonach er an dem Schlossbau weiter festhält, passiert ist seitdem aber nichts. Lediglich die das Gelände prägende Baumallee und weitere kleinere Abschnitte des Privatgrundstücks werden sichtbar weiter gepflegt, während dagegen die große benachbarte Baugrube allmählich zuwächst. Dennoch scheint der Traum vom Schloss noch nicht ganz ausgeträumt zu sein, denn die Internetseite des Projekts ist weiter abrufbar und mit dem Copyright 2023 datiert – möglicherweise wurde sie in dem Jahr neu aufgesetzt. Besuchern präsentiert sich dort eine detaillierte und wortgewaltige, mit zahlreichen Computergrafiken bebilderte Vision, wie das Schloss einmal aussehen könnte.

4,5 Millionen Euro bereits investiert

Die Konzepte rund um die Nutzung änderten sich jedoch mit der Zeit. Der ursprüngliche Plan war wohl, Notare, Anwälte, Steuerberater und Existenzgründer an den Diezer Stadtrand zu locken, die von der verkehrsgünstigen Anbindung der Region durch die A3 und die ICE-Strecke Köln-Frankfurt profitieren. Eine erfolgreiche Finanzierung des anfänglich rund 12 Millionen teuren Projekts ließ aber auf sich warten. Um das Jahr 2010 herum wurde daher das Konzept geändert: Statt Existenzgründern oder Anwälten sollte nun wohlhabenden Senioren das Anwesen schmackhaft gemacht werden. „60 exklusive Mietwohnungen“ mit 62 bis 400 Quadratmetern Wohnfläche und Raumhöhen von bis zu 5 Metern verspricht die Internetseite noch heute. „Die geplante Gesamtanlage soll selbst die höchsten Qualitätsansprüche des ’Premium-Wohnens’ übertreffen“, lautete das dort gemachte Versprechen. Die geschätzten Baukosten lagen wohl bereits bei mehr als 20 Millionen Euro. 4,5 Millionen Euro hat Frey nach eigenen Angaben schon selbst investiert. Denn neben dem üppigen Landkauf für das geplante Schloss mit angrenzendem sieben Hektar Park fanden auf dem Gelände umfangreiche Erdarbeiten statt. Auch eine 31 Meter lange Rundmauer um den sogenannten Diezer Platz wurde bereits gebaut.

Die abgesperrte, aber von einem benachbarten Wirtschaftsweg einsehbare Baugrube wächst allmählich zu. Das Gebiet ist bei Spaziergängern und Hundebesitzern sehr beliebt.
Johannes Koenig

„Da ist eine Menge Geld im Boden versenkt worden“, so die Beobachtung eines Ratsmitglieds. Dennoch hatte Frey sich immer wieder zuversichtlich gezeigt, das Schloss bauen zu können. „Es ist keine Frage ,ob’, es ist nur eine Frage ,wann’“, wurde der Unternehmer nach einer Ratssitzung zitiert. Zusätzlich sollte das Areal auch als Eventlocation für Veranstaltungen mit bis zu 400 Teilnehmern zur Verfügung stehen, so der Plan. Ideen, aus denen bisher aber nichts geworden ist. Wie also ist der planungs- und genehmigungsrechtliche Stand des Grundstücks? „Die Baugenehmigungen sind ausgelaufen“, schreibt die Verwaltung der Verbandsgemeinde (VG) Diez auf Anfrage. Einen gültigen Bebauungsplan (B-Plan) gibt es auch nicht mehr, sodass es sich bei dem Gebiet wieder um eine landwirtschaftliche Fläche handelt. „Das sagen wir auch den Projektentwicklern, die anrufen“, stellte Stadtbürgermeisterin Annette Wick im Ausschuss fest. Sobald sie hören, dass es keinen B-Plan gibt, endet das Interesse jedoch schlagartig. Was also sind die Optionen, könnte man wieder beantragen, dort Apartmentwohnungen zu errichten?

Diez hat bereits mehrere Wohngebiete

„Dies könnte der Eigentümer tatsächlich beantragen“, so die Verwaltung. „Hierfür müsste seitens der Verbandsgemeinde der Flächennutzungsplan geändert und von der Stadt Diez ein Bebauungsplan aufgestellt werden.“ Eine Änderung des Flächennutzungsplanes würde gleichzeitig bedeuten, dass im Rahmen der Regionalplanung bereits ausgewiesene Wohnbauflächen in anderen Stadtvierteln reduziert werden müssten. Denn da hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. So befindet sich direkt unterhalb des Sonnenbergs der dritte und letzte Bauabschnitt des Neubaugebiets Hohe Straße II. In der Nachbarschaft laufen bereits erste Planungen für ein weiteres Baugebiet. Daher dürfte das Interesse der Stadt, ausgewiesene Wohnflächen wieder abzugeben, überschaubar groß sein. Auf eine bereits vor Wochen über seine Internetseite gestellte Anfrage zu seinen weiteren Plänen hat Marcus Frey bisher noch nicht geantwortet.

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