5,586 Millionen Euro Minus im Entwurf der Verwaltung - Aufsichtsbehörde verlangt Ausgleich - Ideen sind gefragt
Neuer Haushalt für Lahnstein: Eiertanz mit der Aufsichtsbehörde droht
Rund 12 Millionen Euro sind im Haushaltsentwurf 2024 für die Sanierung der Schillerschule in Niederlahnstein vorgesehen. Foto: Tobias Lui
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Deprimierende Aussichten für Lahnstein: Wenn es Ratsfraktionen und Verwaltung in den kommenden drei Wochen nicht gelingt, Ideen zu entwickeln, wie man knapp 6 Millionen Euro einsparen (oder mehr einnehmen) kann, droht ein nicht genehmigter Haushalt. Dann käme es zu einer „vorläufigen Haushaltsführung“, was – unter anderem – jegliche freiwilligen Leistungen der Stadt stoppen würde.

Rund 12 Millionen Euro sind im Haushaltsentwurf 2024 für die Sanierung der Schillerschule in Niederlahnstein vorgesehen. Foto: Tobias Lui
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Kein schönes Szenario, das in der jüngsten Stadtratssitzung skizziert wurde. Oberbürgermeister Lennart Siefert brachte den Haushaltsentwurf 2024 ein.

Deprimierende Zahlen

Die Zahlen sind ernüchternd: Ein Loch von 5,586 Millionen Euro im Ergebnishaushalt (erwartete Aufwendungen und Erträge), eines von 7,624 Millionen Euro im Finanzhaushalt (geplante Ein- und Auszahlungen): Wie in so vielen anderen Kommunen im Land ist auch die Finanzsituation der Stadt Lahnstein dramatisch, der Haushaltsplanentwurf für das kommende Jahr steht auf tönernen Füßen.

Schon im Vorjahr hatte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) den Haushalt erst Ende April genehmigt – nachdem der Stadtrat diverse Bauvorhaben verschoben und den Gewerbesteuersatz um 30 Prozentpunkte angehoben hatte. Am Ende stand im Ergebnishaushalt ein Plus von 144.000 Euro. Wie ein solcher Ausgleich, den die Gemeindehaushaltsverordnung vorschreibt, aber im neuen Jahr gelingen soll, weiß so recht niemand.

„Nach der Begeisterung im vergangenen Jahr ist nun Ernüchterung eingekehrt“, erklärte OB Lennart Siefert bei der Vorstellung des Planentwurfs der Verwaltung. Im laufenden Haushaltsjahr hatte Lahnstein noch von einer deutlich höheren Schlüsselzuweisung durch das Land profitiert – für den Haushalt 2024 gibt es rund 2,5 Millionen Euro weniger an Zuwendungen und Transferumlagen. Gleichzeitig steigen beispielsweise die Personalkosten der Stadt um etwa 2,58 Millionen Euro an. Die Gründe: Tarifabschlüsse und neue Stellen wie für die geplante Kita im Wohngebiet Rheinquartier.

Die Kreisumlage, die die Stadt zahlen muss, übersteigt mit 10,87 Millionen Euro deutlich die eigenen Gewerbesteuereinnahmen (knapp 8 Millionen Euro). Wird der Haushalt in dieser Form verabschiedet und genehmigt, würde Lahnsteins Schuldenstand bis Ende 2024 auf 43,26 Millionen Euro (2023: 41,377) ansteigen.

Als größte Investitionen im kommenden Jahr im Bereich der Pflichtaufgaben finden sich 12 Millionen Euro für die Sanierung der Schillerschule im Haushalt, außerdem 3,55 Millionen für die Sanierung der Kita Kastanienplatz. Im Bereich der Straßen ist die Sanierung von Hohenrhein mit 4,864 Millionen größter Ausgabenposten. Weitere 3,4 Millionen kostet die Sanierung des Alten Rathauses.

Mit satten 7,85 Millionen Euro schlägt der Bau der geplanten Lahnquerung im kommenden Haushaltsjahr zu Buche. Alles wichtige Maßnahmen, für die es allerdings einen genehmigten Haushalt braucht. Doch bei diesen Zahlen erscheint eine Genehmigung durch die ADD extrem unwahrscheinlich: Schließlich ist Lahnstein im Vorjahr dem Programm zur Entschuldung der Kommunen beigetreten (Siefert: „Eine gute Vorleistung des Landes“) – ausgeglichene Haushalte sind spätestens jetzt oberste Pflicht.

Damoklesschwert vorläufige Haushaltsführung

„Doch das Gesetz zum Haushaltsausgleich galt auch davor schon“, erklärte Siefert im Rat. „Die ADD hat in der Vergangenheit wegen der schwierigen Situation der Kommunen nur vielfach ein Auge zugedrückt.“ Doch der Rechnungshof machte dem Innenministerium zuletzt Druck, sodass die Daumenschrauben angezogen werden. Siefert ist überzeugt: „Wenn wir keinen ausgeglichenen Haushalt hinkriegen, gibt es keine Genehmigung – und dann wären wir in einer vorläufigen Haushaltsführung.“

OB Siefert bei seiner Haushaltsrede im Stadtrat. Foto: Dreiser/Stadt Lahnstein
stadt lahnstein

Tritt diese tatsächlich in Kraft, darf die Stadt nur noch Ausgaben tätigen, für die sie rechtlich verpflichtet ist. „In diesem Fall dürften zum Beispiel keine Auszahlungen im freiwilligen Bereich mehr getätigt werden“, so der Oberbürgermeister. Ein Horrorszenario: Bäder, Theater, Jukz – alles bliebe geschlossen, Vereine würden keine Zuschüsse mehr bekommen. Um dieses Szenario zu verhindern, sind Verwaltung und Ratsfraktionen gefragt: Gibt es neben einer erneuten Erhöhung der Gewerbe- oder Grundsteuer auch andere Möglichkeiten? Wo kann gespart werden? Sucht man die Konfrontation mit dem Land und geht das Risiko eines nicht genehmigten Haushaltes ein? Oder ist die ADD noch gesprächsbereit, wenn Bemühungen anerkannt werden, das Defizit zu halbieren?

Eindringlicher Appell an die ADD

Die Verwaltung hatte bereits ein Vorgespräch mit den Verantwortlichen der ADD in Trier, berichtet Siefert. „In eindringlichen Worten habe ich die aktuelle Situation geschildert und die bereits vorgenommenen Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung vorgestellt.“ Er habe auch deutlich gemacht, dass Lahnstein in den vergangenen Jahren bereits mehrmals die Grundsteuer und im Vorjahr auch die Gewerbesteuer erhöht hat. „Zudem arbeiten wir an einer perspektivischen Verbesserung unserer Einnahmesituation, beispielsweise durch den geplanten Windpark.“

Die bisherige Genehmigungspraxis nicht ausgeglichener Haushalte habe zur Entwicklung der aktuellen Finanzsituation beigetragen, zeigt er sich überzeugt. Eine Streichung auch freiwilliger Leistungen sei nicht vertretbar „und der Bürgerschaft auch nicht vermittelbar“.

Die endgültige Beschlussfassung über Haushaltssatzung und Haushaltsplan ist in der Sitzung des Stadtrates am 15. Januar vorgesehen. Zuvor aber, am 18. Dezember, ist die Kommunalpolitik im Rahmen der ganztägigen Haushaltsberatungen des Haupt- und Finanzausschusses gefragt.

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