Andreas Löffler, neuer Dehoga-Kreisvorsitzender: Eigeninitiative der Betriebe ist ebenso wichtig wie mehr Förderung von Hotellerie und Gastronomie
Neuer Dehoga-Kreisvorsitzender: „Mit der Buga 2029 kommt nicht das Christkind“
Hotel & Restaurant Krone
Andreas Löffler aus Kestert ist neuer Dehoga-Kreisvorsitzender. Bessere Vernetzung und Kommunikation sind seine Ziele. Foto: Sascha Ditscher
Sascha Ditscher

Rhein-Lahn. Er stammt zwar ursprünglich aus dem Vogelsbergkreis, sein Großvater aber ist in der Rüdesheimer Drosselgasse geboren und seine Mutter hatte selbst eine Gaststätte geführt. Den Rhein und auch die Gastronomie hat Andreas Löffler also in den Genen.

In Kestert haben er und seine Familie rund um das Hotel „Zur Krone“ einen Traditionsbetrieb erfolgreich ausgebaut und erweitert. Jüngst zum neuen Kreisvorsitzenden der Dehoga, des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes, gewählt, sprachen wir mit dem 41-Jährigen unter anderem über die Lage der Branche nach der Corona-Pandemie und die spezifische Situation am Rhein sechs Jahre vor der Bundesgartenschau.Sie sind Seiteneinsteiger in der Gastronomie und Hotellerie; während andere aus dem Beruf aussteigen, sind Sie als junger Mensch eingestiegen. Wie kam's dazu?

Andreas Löffler: Nun ja, meine Mutter hatte selbstständig ein Restaurant in Idstein geführt, und da war ich immer dabei: Abwasch, putzen, einkaufen, Salate vorbereiten. Ich habe also quasi als Tellerwäscher angefangen, mir dann auch während des Studiums dadurch immer etwas nebenher verdient, habe dann auch als Mitarbeiter für Caterer bei Events und Messen viel Erfahrung sammeln können.

Das heißt, Sie sind studierter Gastronom?

(lacht) Nein, ganz und gar nicht. Ich habe zunächst Chemielaborant gelernt, dann chemische Verfahrenstechnik studiert, wollte eigentlich später mal in den industriellen Bereich. Dazu aber ist es gar nicht erst gekommen, denn ich habe schnell gemerkt, dass mir dabei der Kontakt zu Menschen fehlt. Ich war ja auch in meiner Wohngemeinschaft immer der Gastgeber, der Herbergsvater, der die anderen eingeladen hat, fürs Essen und Wohlfühlen sorgte. Ich habe dann die Entscheidung getroffen, in die Gastronomie zu gehen, und gesagt: Wenn wir was machen, dann ein Hotel. Nach kurzer Suche bin ich auf das Hotel „Zur Krone“ gestoßen, da die Vorbesitzerin, Frau Chmielewski, verkaufen wollte. Also haben wir den Betrieb auf Mietkauf erworben, da war ich 26, und die ganze Familie, meine Frau, meine Mutter, Vater und die Schwiegermutter, war und ist Teil des Teams.

Hört sich nach viel Risiko und Arbeit an ...

Tatsächlich war ich mit 26 Jahren hoch verschuldet, was wir aber nach und nach abbauen konnten. Und die ersten zehn Jahre waren viel, viel Arbeit für die ganze Familie. Hotellerie und Gastronomie sind kein Achtstundenjob. Morgens muss das Frühstück für die Gäste vorbereitet werden, dann das Mittagessen, anschließend Kaffee und Kuchen und das Abendessen, schließlich steht man bis in die Nacht hinter dem Tresen. Einen Ruhetag gibt's bei uns nicht, wir hatten jahrelang nicht einen Tag Urlaub, für Geburtstage, selbst meinen eigenen, hatte ich keine Zeit, auch nicht für Hochzeiten im Freundeskreis.

Was treibt Sie denn an?

Ich mache das unheimlich gern. Ich freue mich jeden Tag auf meine Gäste, auf die Begegnung mit Menschen, arbeite gern mit meinem Team zusammen. Und ich bin der Typ, der die Arbeit nicht sein lassen kann, denn es gibt ja jeden Tag neue Aufgaben zu erledigen. Hotellerie ist ungeheuer vielseitig. Schließlich haben wir den Betrieb erweitert. Seit 2017 gehört das direkt nebenan gelegene ehemalige Hotel „Goldner Stern“ dazu, wir bieten Parkplätze, einen Wellnessbereich und Appartements an, verfügen über Unterkünfte für Mitarbeiter und sind derzeit dabei, uns weiter zu vergrößern. Nicht zu vergessen: Wir arbeiten im Verbund der Enjoy-Hotels, was uns unter anderem regelmäßig auch Gäste aus den Niederlanden und Benelux ins Haus bringt.

Als Dehoga-Kreisvorsitzender vertreten Sie die Gastronomen und Hoteliers aus dem gesamten Rhein-Lahn-Kreis. Ich habe nicht den Eindruck, dass Betriebe etwa aus dem Diezer Raum viel mit denen am Rhein zu tun haben. Wie beschreiben Sie als Kreisvorsitzender Ihre künftigen Aufgaben?

Zunächst einmal sind Gastronomen in der Regel ja aufgeschlossene und auch gesellige Leute. Andererseits haben die alle einen Fulltime-Job, gerade in der Saison. Wir werden also nach und nach versuchen, wie wir mehr und intensiver miteinander kommunizieren können, um uns zwanglos kennenzulernen. In einer ersten Runde möchte ich die Betriebe besuchen, mich vorstellen. Und dann werden wir sehen, wie wir uns besser austauschen und vielleicht sogar auf neuen Ebenen zusammenarbeiten können. Es wird dabei auch um das Touristische gehen, dass wir gemeinsam bessere Informationen und Angebote für unsere Gäste vorhalten, dass wir zum Beispiel unsere Gäste vom Rhein auch an die Lahn schicken und umgekehrt. Tatsächlich tun das unsere Gäste ja schon heute, wir könnten in Zukunft aber alle mehr davon profitieren, wenn wir besser vernetzt wären.

Ein Thema, das alle Ihre Mitgliedsbetriebe betrifft, ist der Personalmangel. Ein Dauerbrenner?

Natürlich ist das gerade auch in der Saison ein Dauerbrenner. Aber ich spucke jetzt mal in die eigene Suppe: Es ist auch deshalb ein Problem, weil lange keiner mehr ausgebildet hat, weil schlecht bezahlt wurde und manch einer auch schlecht mit den Leuten umgegangen ist. Insofern habe ich es sehr befürwortet, dass die Dehoga bei der Anpassung der Gehälter ganz vorn dabei war. Und ich beobachte auch, dass etliche Betriebe wieder mehr ausbilden wollen. Es wird ja auch Zeit, denn das müssen wir selbst tun, das macht niemand für uns. Da müssen wir uns dann aber auch die Zeit nehmen, den jungen Menschen etwas beizubringen. Wenn ich gute Mitarbeiter haben will, muss ich sie auch gut ausbilden. Und ich muss meine Leute gut und fair behandeln, muss mich als Chef diesbezüglich auch mal selbst hinterfragen, denn ich bin natürlich ein Teil des Teams.

Schließlich wird gerade für unsere Branche Integration von Menschen, die nach Deutschland gekommen sind, immer wichtiger. Da gibt es etliche Projekte, auch von der Dehoga und den Arbeitsagenturen, die vielversprechend sind.

Hotels und Gaststätten hatten gerade den Lockdown der Corona-Zeit hinter sich gebracht, da kletterten nach kurzer Verschnaufpause die Energiekosten ins Unermessliche. Eine gefährliche Entwicklung für Ihre Branche?

Ich will das nicht kleinreden, denn die Preise für Strom, Gas und Öl sind ja ungeheuer gestiegen. Das mussten Gastronomen und Hoteliers erst einmal verkraften, was schon ein Kraftakt war. Insofern ist es gut, dass die Kosten auf dieser Seite jetzt wieder etwas abklingen. Was meines Erachtens aber die Betriebe tatsächlich in hohem Maße gefährden kann, das ist das neue Gebäudeenergiegesetz der Bundesregierung. Ich frage mich, wer in unserer Branche, vor allem unter den mittelständischen Kollegen, so liquide ist, dass er das Geld für neue Fenster, Bodenheizungen, Wärmepumpen et cetera hat – wir sprechen ja hier nicht von Einfamilienhäusern, sondern von teils größeren Immobilien mit vielen Zimmern. Und dann dürfte die entscheidende Frage sein, ob sich das für den Einzelnen auch amortisiert und in welchem Zeitraum. Da sind in Zukunft schon bei übersichtlichen Investitionen Existenzen gefährdet.

Bei all den Herausforderungen: Was könnte der Branche helfen?

Ganz klar: Die Umsatzsteuer muss bei 7 Prozent bleiben, gerade auch für Speisen und am liebsten auch für Getränke, zumindest für nicht alkoholische. Das ist sehr wichtig als finanzielle Sicherheit und wäre ein Beweis von Wertschätzung für die Gastronomie.

Sie führen einen Betrieb im Rheintal, einem touristischen Glanzlicht. Was läuft gut im Welterbe Oberes Mittelrheintal?

Ich kann jetzt nicht für Rüdesheim sprechen, aber für uns hat der Lärmschutz entlang der Bahnstrecken meiner Meinung nach wirklich etwas gebracht, da muss man die Bahn loben. Heute hält sich hier im Welterbe keiner mehr die Ohren zu, wenn ein Zug vorbeifährt. Ich empfinde das nicht mehr als störend, und auch unsere Gäste fragen nicht mehr nach Ohrenstöpseln. Das mag vielleicht in dem ein oder anderen Haus, das direkt an den Gleisen liegt, noch anders sein, und irgendwo ist immer noch etwas optimierungsfähig, aber alles in allem hat sich die Situation verbessert. Und dann ist die touristische Vermarktung besser geworden, nachdem die Loreley Touristik dies konzentriert angeht. Es hat sich also einiges zum Positiven verändert.

Und was läuft schlecht für die Gastronomie im Rheintal?

Was uns alle sehr belastet, sind die ständigen Baustellen auf der Bundesstraße 42, etwa die Dauerbaustelle bei Rüdesheim oder das, was uns demnächst in Lahnstein bevorsteht. Das hat erhebliche Auswirkungen bezüglich der Tagesausflügler, weil zum Teil ja auch weiträumig umgeleitet wird. Und dann wird ja auch meist mitten in der Saison gebaut, wo eigentlich das Geld verdient wird. Vor allem der Gastronomie gehen dadurch massiv Gäste verloren, die Zahl der Essen ist teils drastisch zurückgegangen, was die Betriebe nicht so einfach abfangen können. Ich frage mich, wie die Betriebe sich im Hinblick auf die Buga 2029 entwickeln und modernisieren sollen, wenn sie kein Geld verdienen können, weil man ihnen ständig solche Hürden in den Weg stellt. Es wäre also gut, wenn man mit uns bessere und frühzeitige Absprachen treffen würde, ehe wieder irgendwo Straßen aufgerissen werden.

Gerade im Vorfeld der Buga 2029 wird aber noch die ein oder andere Baustelle hinzukommen. Das wird nicht zu umgehen sein ...

Das wissen wir, und das ist prinzipiell auch gut so, denn es geht ja darum, die Infrastruktur im Rheintal und die Orte so zu verbessern, dass dies den Einwohnern und den Touristen zugutekommt. Man sieht ja jetzt schon, dass Orte wie Kestert langsam wieder aufblühen, dass sich wieder junge Familien ansiedeln. Andernorts wie in St. Goarshausen hat man da noch viel Arbeit vor sich. Wir sehen das als Chance, aber wir erwarten auch, dass Hotellerie und Gastronomie die Chance haben, in die Planungen etwa von Baustellen besser einbezogen zu werden, denn unsere Existenzen hängen davon ab, dass auch vor der Buga genügend Gäste zu uns kommen.

Was erwarten Sie als Dehoga-Vertreter von der Bundesgartenschau im Jahr 2029?

Der ein oder andere erwartet vielleicht ein bisschen zu viel. Da wird aber nicht das Christkind kommen und Geschenke verteilen. Jeder Einzelne in unserer Branche muss jetzt aktiv werden, seine Ziele bis 2029 erarbeiten und umsetzen. Da sind wir ein ganzes Stück selbst gefragt. Wir erwarten aber auch Unterstützung dabei, um diese Ziele umsetzen zu können. Es muss mehr mit Hotellerie und Gastronomie gesprochen werden, auch dann, wenn es darum geht, wie vorhandene Betriebe modernisiert werden können. Wo sollen denn die vielen Menschen, die zur Buga erwartet werden, unterkommen, wenn bis dahin noch mehr Betriebe im Tal schließen müssen wegen Überalterung oder weil die Inhaber die Erwartungen aus finanziellen oder anderen Gründen nicht erfüllen können. Wir wissen, dass ein Teil der Betriebe Sanierungsbedarf hat, und da müssen die Inhaber vernünftig arbeiten können, um das zu stemmen. Wobei das Eigenkapital nicht reichen wird, es braucht also so etwas wie Landesbürgschaften von 30 oder 40 Prozent für die notwendigen Investitionen sowie durchaus auch Fördermittel für Modernisierungen. Was nach der Wende etwa an der Ostsee möglich war, wo teils hundertprozentige Förderung stattfand, muss mit Abstrichen doch auch hier eine Option sein. Es bringt wenig, Millionen in eine Buga zu geben, wenn gleichzeitig eines der erklärten Ziele, die Stabilisierung, Modernisierung und der Ausbau des Tourismus und der weißen Industrie, also auch der Hotellerie und Gastronomie, als wichtiges Moment für die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit des Rheintals nicht erreicht wird. Das schafft keinen Mehrwert.

Die Probleme Ihrer Branche am Rhein sind aber zum Teil auch hausgemacht, oder?

Das stelle ich gar nicht in Abrede. Zweifellos haben es Gastgeber über Jahre verpasst, mit der Zeit zu gehen. Digitalisierung, die Automatisierung von Prozessen, all das ist auch in unserer Branche wichtig. Und dann sollten wir uns um neue Zielgruppen kümmern, wie dies ja mit den Wanderern und Radbegeisterten schon geklappt hat. Schließlich haben wir uns mehr um die Gäste zu kümmern, die wollen auch unterhalten werden, nur Bett und Frühstück allein reichen vielen nicht. All das müssen wir tun. Wir brauchen aber Ideen und Hilfe. auch in finanzieller Hinsicht, gerade wenn es darum geht, junge, agile Menschen, die an Gastronomie und Hotellerie interessiert sind, für die Branche zu gewinnen, dass sie auch die Möglichkeit haben, einen Betrieb zu übernehmen. Sonst wird die Bundesgartenschau eines ihrer Kernziele verfehlen.

Die Fragen stellte Michael Stoll

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