SPD will Zweitwohnsitzsteuer
Neue Steuer für Lahnstein? Harsche Kritik an Vorschlag
Die Stadt Lahnstein hat knapp 19.000 Einwohner. Diejenigen, die dort nicht ihren Hauptwohnsitz haben, sollen künftig zur Kasse gebeten werden, schlagen die Sozialdemokraten vor.
Matthias Kolk

Immer mehr Aufgaben trotz leerer Kassen. Um dem entgegenzuwirken, beantragen die Sozialdemokraten eine Zweitwohnsitzsteuer für die Stadt Lahnstein vor. Die Freie Bürgerliste zeigt sich entsetzt.

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Die Sozialdemokraten wünschen sich d ie Einführung einer Zweitwohnsitzsteuer für Lahnstein – ein entsprechender Antrag der Fraktion liegt auf dem Tisch, der Haupt- und Finanzausschuss befasst sich damit in seiner Sitzung am 12. Juni. Doch schon vorher wird Kritik an dem Vorhaben laut: Für die Freie Bürgerliste (FBL) wäre eine solche Steuer Ausdruck einer „Abkassier-Mentalität“. Die Stadtverwaltung wiederum hat Zweifel daran, ob Aufwand und Ertrag im gesunden Verhältnis zueinander stehen würden. Die SPD hingegen verspicht sich neben finanziellen Einnahmen auch Anreize für die Menschen, sich am Rhein-Lahn-Eck mit Erstwohnsitz anzumelden, sieht außerdem eine „gerechtere Lastenverteilung“.

Ziel: Stadtrat soll Einführung der Steuer beschließen

Sollten Ausschuss (und anschließend der Stadtrat) dem Vorschlag folgen, müssten alle Personen, die in Lahnstein einen zweiten Wohnsitz haben, dafür eine Steuer zahlen. Laut Stadt sind dies aktuell 549 Menschen. Grundsätzlich zeigt sich die Verwaltung „überzeugt davon, dass die finanziell positiven Effekte eines Erstwohnsitzes in vielen Fällen den möglichen Ertrag aus der Besteuerung der Zweitwohnung übersteigen“. Ob die Einführung einer Zweitwohnsitzsteuer aber eine Ummeldung von Nebenwohnsitz auf Hauptwohnsitz bewirke, bezweifelt man. Im Gegenteil: „Rücksprachen mit anderen Städten haben gezeigt, dass im ersten Schritt mit einer größeren Zahl an Ab- und Ummeldungen zu rechnen ist“, so die Verwaltung in ihrer Vorlage.

Darin sind auch Rechenbeispiele aufgeführt: „Bei geschätzten steuerpflichtigen 350 Zweitwohnsitzen ergäbe sich bei einer angenommen Durchschnittsmiete von 500 Euro im Monat und einem Hebesatz von 10 Prozent ein Zweitwohnsitzsteuerertrag in Höhe von 210.000 Euro.“ Demgegenüber müssten allerdings Personal- und Sachkostenaufwand gestellt werden.

„Ziel unseres Antrages ist es, diese Steuer zu beraten und deren Einführung zu beschließen.“
Jochen Sachsenhauser (SPD)

Die Verwaltung sieht eine Einführung also eher kritisch. Für die SPD hingegen könnten auf diese Weise die zusätzlichen Kosten für Infrastruktur und Dienstleistungen ausgeglichen werden, man sieht finanzielle und soziale Vorteile. „Denn hier wohnen viele Beschäftigte des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr sowie Studierende der Koblenzer Hochschulen. Diese Personengruppen leben in unserer Stadt und nutzen jedoch oft die Infrastruktur und Dienstleistungen, ohne ihren Hauptwohnsitz hier zu haben“, erklärt Jochen Sachsenhauser, Teil der Fraktionsspitze. Man habe daher beantragt, dass Daten und Berechnungen zu Verwaltungsaufwand und Ertrag von der Verwaltung vorgestellt werden. „Ziel unseres Antrages ist es, diese Steuer zu beraten und deren Einführung zu beschließen.“

SPD spricht von einer „gerechten Lösung“

Die rechtliche Grundlage sieht die SPD im Kommunalabgabengesetz, welches den Kommunen die Möglichkeit gibt, Gebühren und Beiträge zu erheben, um die Kosten für öffentliche Einrichtungen und Dienstleistungen zu decken. „Die Zweitwohnsitzsteuer könnte eine gerechte Lösung sein, um die finanziellen Lasten in unserer Stadt fair zu verteilen und gleichzeitig Anreize für eine Erstwohnsitzanmeldung zu schaffen“, glaubt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Perry Metten-Golly. Als Beispiel für eine „erfolgreiche Umsetzung“ verweist er nach Koblenz, wo die Steuer bereits erhoben wird. 

Die FBL hegt große Zweifel an der Sinnhaftigkeit

Kritik kommt von der Freien Bürgerliste Lahnstein (FBL). Paul Arzheimer, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, hegt große Zweifel an der Wirksamkeit einer solchen Steuer. „ Wir hören seit Jahren, der Wohnungsmarkt sei die soziale Frage unserer Zeit. Was fällt der SPD ein? Man will Wohnen noch teurer machen.“ Anstatt sich Gedanken über die Ausgaben zu machen, werde versucht, mittels höherer Steuern zusätzliche Einnahmen zu erzielen. Arzheimer: „Was auf den ersten Blick nach einer cleveren Idee klingt, bringt bei genauerem Hinsehen eine Reihe von Problemen mit sich.“ Eine solche Zweitwohnsitzsteuer sorge bei vielen Menschen für Kontroversen, „vor allem bei denen, die aus beruflichen, familiären oder bildungsbezogenen Gründen zwischen zwei Wohnorten pendeln müssen“.

„Statt echte Lösungen für Wohnraum, Mobilität oder soziale Gerechtigkeit zu liefern, wird eine weitere Hürde aufgebaut.“
Paul Arzheimer, FBL

Letzten Endes treffe eine solche Steuer doch die Falschen, glaubt Arzheimer. „Es sind doch die jungen Menschen, die zum Studium oder zur Ausbildung auf zwei Wohnorte angewiesen sind. Außerdem Berufspendler, die unter der Woche in Lahnstein leben müssen – oft aus reiner Notwendigkeit. Und es sind Familien, weder verheiratet oder in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft verbunden, die getrennt leben und für ihre Kinder Wohnraum bereithalten.“ Für den stellvertretenden FBL-Chef ist die Steuer unsozial und ungerecht, „denn sie fragt nicht nach Einkommen und ignoriert die Lebensrealität vieler Menschen“. Unüberlegt sei der Vorschlag auch noch, „denn der Verwaltungsaufwand wird wahrscheinlich höher sein als der Nutzen“. Sein Fazit: „Statt echte Lösungen für Wohnraum, Mobilität oder soziale Gerechtigkeit zu liefern, wird eine weitere Hürde aufgebaut.“ Er sei davon überzeugt, dass Lahnstein keine „Abkassier-Mentalität“ brauche. „Wer so Politik macht, verliert zu Recht das Vertrauen der Menschen.“

Am Donnerstag, 12. Juni, berät der Haupt- und Finanzausschuss den Antrag ab 17 Uhr in den Konferenzräumen der Stadthalle.

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