Von unserer Redakteurin Karin Kring
Bahnlärm ist und bleibt eines der Topthemen im Mittelrheintal. Zu den verschiedenen Maßnahmen wie dem Einbau von Schienenstegdämpfern, Flüsterbremsen und Schallschutzwänden, die den krankmachenden Lärmpegel entlang des Rheins bis zum Jahr 2020 um die Hälfte reduzieren sollen, kommt nun eine weitere hinzu: Zwei neu eingerichtete Messstationen in Kestert und – auf der gegenüberliegenden Rheinseite – in Brey.
Gestern wurde die Station in Kestert im Beisein zahlreicher Vertreter aus dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), des Eisenbahnbundesamtes und der Bürgerinitiativen gegen Bahnlärm im Mittelrheintal eingeweiht und von Fachleuten erläutert. Gemessen wird an diesen beiden Stellen, welche Auswirkungen Radformfehler (wie etwa Flachstellen), bei Güterwaggons auf den Lärmpegel haben. „Wir untersuchen, mit welcher Häufigkeit und Intensität Flachstellen auftreten und wie sie sich auswirken“, erklärte Claudia Horn, Abteilungsleiterin Landverkehr beim BMVI, in ihrer Begrüßung. Ziel sei es vor allem, Daten zu gewinnen, „unser Hauptaugenmerk muss sich auf die Quelle des Bahnlärms und seine Verursacher konzentrieren“, fügte Gerald Hörster, Präsident des Eisenbahnbundesamtes, das die Untersuchung in Auftrag gegeben hat, hinzu.
Die Datenerhebung erfolgt über spezielle Sensoren, die an beiden Messstationen in die Gleisanlagen eingebaut wurden. „Erfasst werden die Geometrie der Radlaufflächen (mögliche Radformfehler) und die achszugehörigen Geräuschimmissionen“, erklärte Sebastian Ibbeken vom Ingenieurbüro Wölfel. „Auf dieser Grundlage erfolgt dann eine Analyse, die gezielt über die Häufigkeit und Intensität auftretender Radformfehler berichtet.“ Darüber hinaus sind auch verschiedene Mikrofone aufgestellt worden, die den Lärmpegel in der Umgebung der Gleise messen. Die Untersuchung läuft von Juli bis Dezember 2015, die ermittelten Daten sollen, so ergab die Nachfrage von Mitgliedern der anwesenden BI gegen Bahnlärm, intern aufgearbeitet und nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Eine Aussage, die auf Unverständnis stieß. Frank Groß (Bürgernetzwerk Pro Rheintal) sagte, bei diesen sogenannten Flachstellen handele es sich um technische Defekte. Es sei wichtiger, diese zu beheben, als zu untersuchen, ob diese Defekte mehr Lärm verursachen. Es wurde auch gefragt, ob sich mittels der Messanlagen die defekten Waggons erkennen und ermitteln lassen. Das sei noch nicht möglich, teilten die Fachleute mit, deren Vortrag übrigens immer wieder – wenn nicht durch den starken Lärm vorbeifahrender Güterzüge, dann durch laut prasselnden Regen – unterbrochen wurde. Sinn und Zweck der neuen Messstellen wurde – zumindest von einigen Vertretern der BI – stark angezweifelt. Letztlich gehe es aber hier auch um die Ermittlung von Daten, die überregional von Bedeutung sein werden.
Für Georg Speck, Bahnexperte im Mainzer Innenministerium, ist die Untersuchung ein Meilenstein auf dem Weg zur Reduzierung des Bahnlärms. Hans-Josef Kring, Beigeordneter der VG-Loreley betonte, dass man beim Thema Bahnlärm am Ball bleiben müsse, und Willi Pusch (Bürgerinitiative im Mittelrheintal gegen Umweltschäden durch die Bahn) forderte nicht nur, dass es wichtig sei, die Verursacher des Bahnlärms zur Kasse zu bitten, sondern versprühte auch Optimismus: „Wir haben bereits viel erreicht. Die Technik ist da. Wir werden die leisen Züge bekommen, in fünf Jahren ist es soweit. Und dann wird es darum gehen, alternative Verkehrsstrecken auszubauen.“
- Lärmmessungen von Radformfehlern im Mittelrheintal: Das Eisenbahnbundesamt hat die Arbeitsgemeinschaft Wölfel Beratende Ingenieure, die Firma psiacoustic (Österreich) und die DB Systemtechnik mit der Durchführung der Untersuchung beauftragt. Noch bis Dezember dieses Jahres wird in Kestert und Brey entlang der Bahnstrecke exemplarisch untersucht, welche Auswirkungen das Auftreten von Radformfehlern an Zügen auf die Lärmentwicklung hat.