Neues Nachschlagewerk von Ludwig Krämer gibteinen Überblick über die Familiengeschichte
Nachschlagewerk: Oberlahnsteiner Familien von 1818 bis 1874
Bernd Geil, Ludwig Krämer, Sebastian Seifert und Volker Thorey (von links) präsentierten gemeinsam das neue Werk vor dem bekannten Stich von Matthäus Merian aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. Foto: Dirk Förger
Dirk Foerger

Lahnstein. „Nur wer weiß, woher er kommt, weiß, wohin er geht“, heißt es. Unter diesem Motto wurde jetzt im historischen Salhof ein neues Buch zur Oberlahnsteiner Familiengeschichte von 1818 bis 1874 vorgestellt. Autor des Werkes ist Ludwig Krämer, der in monatelanger Fleißarbeit die Daten von rund 10.000 Personen und 2500 Familien zusammengetragen und verknüpft hat.

In seiner Begrüßungsrede dankte der Beigeordnete Sebastian Seifert dem Verfasser für die Durchforstung der Archive. Dabei mussten Personendaten wie Geburten, Taufen und Sterbefälle nicht nur erfasst, sondern auch einzelnen Familien zugeordnet werden. Meist sind auch die Berufe der Ahnen aufgeführt. Nach 576 eng beschriebenen Seiten endet der Band zum Zeitpunkt der reichsweiten Einführung der Standesämter im Oktober 1874.

Die Komplexität der Aufgabe machte Seifert anhand einiger Zahlen deutlich: Im Untersuchungszeitraum von 56 Jahren hatte sich die Einwohnerzahl von Oberlahnstein von rund 1400 auf fast 4600 Mitbürger mehr als verdreifacht. Grund dafür war vor allem der Bau der Eisenbahn – was auch an den neuen Berufsbezeichnungen deutlich wurde: Lokomotivführer, Bremser, Weichensteller oder Bahnwärter. Durch den Bau der Lahntalbahn ab 1858 und der Rheintalbahn ab 1862 wurde Oberlahnstein ein großer Eisenbahnknotenpunkt inklusive eines der größten Güterbahnhöfe des Landes.

Auf die Hindernisse bei der Erstellung von Familienbüchern ging Volker Thorey ein. Der Vorsitzende der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde (WGfF) verwies beispielsweise auf die schwierige Entzifferung von Kirchenbüchern und Archivmaterial. So sei nicht nur das Verständnis alter Schriften notwendig, sondern auch Kenntnisse von Latein und Französisch. Außerdem müsse der Datenschutz beachtet werden, betonte Thorey: Zwar seien die Daten bei Geburten nach 110 Jahren, bei Heiraten nach 80 Jahren und bei Sterbefällen nach 30 Jahren frei zugänglich. „Aber neuere Regelungen, insbesondere die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung, könnten die Recherche wieder erheblich erschweren.“

Auch Bernd Geil weiß als Leiter des Stadtarchivs die Arbeit von Krämer zu schätzen. Der aktuelle Band ergänzt einen Vorgänger, der die Jahre 1627 bis 1818 behandelt. Außerdem gibt es eine Publikation zur Geschichte der Familien Niederlahnsteins von 1571 bis 1900. Diese beiden Bücher waren von Friedrich Felgenheier zusammengestellt und wie das aktuelle Werk von der WGfF herausgebracht worden. „Man erhält direkt eine Übersicht aller Vorfahren mit den gesuchten Familiennamen. Folglich sparen Interessierte an Stammbäumen viel Zeit“, hob Geil im Salhof hervor. Augenzwinkernd ermunterte er Krämer, noch die Jahre bis 1908 zu erfassen, schließlich seien dies „nur 34 Jahre“. Allerdings verschwieg er nicht, dass sich die Einwohnerzahl in diesem Zeitraum noch mal verdoppelt hat.

Ob dieser Bitte lächelte Krämer sphinxartig zurück, schließlich habe er vor der Zusammenstellung nicht gewusst, „wie viel Arbeit diese Aufgabe letztendlich bedeuten und wie viel Zeit sie verschlingen würde“. Denn Verwandtschaften seien nicht immer einfach strukturiert. „Patchworkfamilien hat es auch schon vor 200 Jahren gegeben“, sagte Krämer. Und durch starke Zuwanderung seien in das vorher rein katholische Oberlahnsteiner Umfeld auf einmal viele evangelische oder jüdische Bürger gekommen. Letztere hätten zunächst keine Familiennamen in heutigem Sinne gehabt. Weitere Herausforderungen stellten die außen liegenden Wohnplätze und Gutshöfe sowie die Grubenbetriebe in Friedrichsegen dar. Manchmal habe es deshalb Heirats- oder Sterbedaten zu Personen gegeben ohne Geburtseintrag.

Ein wichtiger Aspekt für Krämer war die sinnvolle Verknüpfung mit dem Vorgängerbuch von Felgenheier, der auch das aktuelle Werk mit vielen Ratschlägen unterstützte. Daher wurden ältere und auswärtige Familien ab circa 1750 aufgenommen, um die Zusammenhänge sichtbar zu machen. Auf seiner kriminalistischen Spurensuche stieß Krämer beispielsweise auf eine Wienerin, die Amors Flügel nach Lahnstein getragen hatten. Oder auf Lahnsteiner, die es nach Paris und London verschlagen hatte – und wieder zurück.

Ein anderes Mal entdeckte er das Kind eines Schiffers, das zwar in Lahnstein getauft worden war, das Licht der Welt aber quasi in der Vorbeifahrt auf dem Rhein erblickt hatte. Sozusagen die menschliche Inkarnation des Ursprungs unserer Stadt noch vor der Eisenbahn: der Zusammenfluss der beiden Transportwege Rhein und Lahn.

Bestellt werden kann das Buch im Internet bei der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde unter www.wgff.de

Von unserem Mitarbeiter Dirk Förger

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